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5. Rang 6 / 6

Offener Wettbewerb | 04/2021

Bauliche Erweiterung der Kantonsschule Baden (CH)

6. Rang / 6. Preis

Enzmann Fischer Partner AG

Architektur

Skala Landschaft Stadt Raum GmbH

Landschaftsarchitektur

HKP Bauingenieure AG

Bauingenieurwesen

Wirkungsgrad Ingenieure AG

TGA-Fachplanung

BIQS Brandschutzingenieure AG

Brandschutzplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Newton ist die Einheit der physikalischen Grösse «Kraft». Das Kennwort subsumiert die Bestrebungen der Verfassenden, die qualitätsvolle Gesamtanlage mit einem der Haller’schen Gesamtlogik eingeschriebenen, aber eigenständigen zeitgemässen Baukörper gegen Osten hin abzuschliessen. Der Newton’sche Kraftakt liegt nun in der Stärkung der Mitte zwischen der doppelreihigen Allee durch einen Längsbau, der so die Anlage an die Schönaustrasse vorstossen lässt. Ein ausdrucksstarker Erdgeschossplan zeigt nicht nur den Grundgedanken des Weiterbauens auf sehr schlüssige Weise auf, er veranschaulicht auch die Transformation des kleinformatigen Bestandesrasters (4x4m) in eine zeitgemässere, leicht grossmaschigere Dimension (5x5m). Anders als die bisherigen Bauten wird der Neubau zugunsten eines Platzes vom Bestand abgerückt, dessen Grösse als neuer Begegnungsort und Aussenraum für die Mensa allerdings eher knapp ausfällt. Insgesamt ergibt sich durch den Eingriff aber eine sehr plausible und austarierte volumetrische Gesamtsituation. Auch die Freiraumgestaltung baut konsequent auf der Struktur von Fritz Haller auf. Die Längsachsen bleiben erhalten oder werden mit den dazugehörigen Baumreihen wieder hergestellt. Zwischen Mensa und Neubau spannt sich der erwähnte Platz auf, der mit vier weiteren Bäumen beschattet ist, dem es aber an Stimmung fehlt. Sehr positiv wird auch die Belebung der Umgebung zwischen Wall und nördlicher Gebäudereihe bewertet: Hier entsteht ein neuer stimmiger Freiraum, der durchaus dem Geist der Halle‘rschen Anlage entspricht. In der Ausbildung des neuen Baukörpers möchten sich die Verfassenden von einer allzu wörtlichen Übernahme des vorgefundenen Kanons distanzieren. Auf erfrischende Weise erheben sie das Thema der «Dualität» zum Entwurfsprinzip: Massives soll auf Filigranes stossen, Fixes auf Bewegliches, Gefasstes und Enges auf Offenes und Weites. Und in der Tat verführt die Wettbewerbsabgabe – stets auf Suche nach einer einmaligen und attraktiven Lernatmosphäre – durch eine Reihe von überraschenden und eigenständigen Entwurfsgedanken, die einen räumlichen Reichtum verheissen. Dazu gehören die beiden Laternen, die über zwei grosszügige Atrien in den Obergeschossen Licht ins Innere des Schulbetriebes führen und weite diagonale Blickbeziehungen eröffnen. Die darunterliegende Turnhalle, eingeschossig aus dem Terrain herausragend, erhält ihrerseits ein attraktives Seitenlicht über die umlaufende Arkaden- bzw. Fensterschicht. So sehr diese Raum- und Lichtgesten geschätzt werden, so schmerzlich werden auf Erdgeschossebene angemessen dimensionierte Nutzflächen für die Perioden ausserhalb der warmen Jahreszeit vermisst. Über einer möglichst «offenen, frei bespielbaren und flexiblen Lernlandschaft» im ersten Obergeschoss wird die MINT-Sammlung ins Zentrum des Hauses gerückt. Das Brandschutzkonzept legt dar, dass diese Vorstellung durchaus Chancen für eine Umsetzung der dargestellten Bespielungsvariationen hätte. Leider kommen in diesem Konzept aber alle Arbeitsplätze für die Lehrpersonen ohne Fassadenanschluss im Inneren zu liegen. Über die Laternen werden sie zwar mit Tageslicht versorgt, sind aber nicht natürlich lüftbar. Negativ wird seitens Nutzer auch die Verteilung der Fachschaftzimmer auf zwei Geschosse bewertet. Als kritisch erweist sich auch die Funktionalität des unterirdischen Sportbetriebs: Weite Wege, aber auch die Lage des Fachschafts-Vorbereitungszimmers im 2. UG, stellen wohl irreversible Nachteile des Projektes dar. Hinsichtlich Nachhaltigkeit weist das Projekt eine insgesamt positive Bilanz aus, während das Haustechnikkonzept noch nicht optimal und ausreichend schlüssig dargelegt ist. Ausdrucksmässig liefern die massiven T-Stützen der Turnhalle ein identitätsstiftendes Erscheinungsbild im Innern des neuen Hauses. Sie fangen die doppelten Träger der Turnhallenstruktur ab, die ihrerseits mit einem feinmaschigeren Stützensystem der Obergeschosse überstellt sind. Als kraftvolle Figuren geleiten die Recycling-Betonstützen mit ihren Stahlaussteifungen den Besucher durch das Gebäude; hölzerne Innenwände ergänzen die Struktur und tragen zur erwähnten positiven Nachhaltigkeit bei. Im Turnhallenbereich stellt die vorgestellte Tragstruktur allerdings ein unüberwindbares Handycap dar, sind für den Sportbetrieb doch flächenbündige Wände Vorgabe. Während ausdruckstarke Darstellungen das Zusammenspiel von Struktur und Raum vor Augen führen, bleibt der angestrebte äussere Ausdruck auf dem aktuellen Stand noch vage und undefiniert. Aus denkmalpflegerischer Perspektive wird der Vorschlag kritisch bewertet. Zwar bezieht sich das Projekt in der städtebaulichen Grunddisposition auf die Prinzipien von Haller. Ähnlich einer Collage zeigt sich auf abgeändertem Grundraster zwar ein vielschichtiger Schulhausbau, der sämtliche Nutzungen unter einem Dach vereint. Die sowohl konstruktive als auch in der Nutzungsabfolge beträchtliche Erlebnisdichte steht aus Sicht der Denkmalpflege aber im Widerspruch zur Präzision und Einfachheit der Hallerbauten. Inwiefern diese Haltung einem erwünschten Ensemblecharakter Rechnung trägt und mit der Grundhaltung von Fritz Haller vereinbar ist, bleibt aus dieser Sicht zu hinterfragen. Insgesamt handelt es sich um einen sehr engagierten und eigenständigen Beitrag mit vielen erfrischenden, inspirierenden Motiven und Einzelbeiträgen. Leider gelingt es den Verfassenden aber nicht, diese Elemente «kraftschlüssig» mit dem Bestand zu verschränken und den denkmalpflegerischen Anforderungen ausreichend Rechnung zu tragen. Der Sportbereich leidet zudem an gravierenden funktionalen Defiziten, die aufgrund der Grunddisposition kaum eliminierbar sind.
5. Rang 6 / 6