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Award / Auszeichnung | 02/2021

Deutscher Städtebaupreis 2020

Ort des Lernens. Revitalisierung des Gesamtareals der ehemaligen historischen Fronfeste zum Lernstandort Tirschenreuth

DE-95643 Tirschenreuth, Hochwartstraße 3

AUSZEICHNUNG IM STÄDTEBAUPREIS

Brückner & Brückner Architekten GmbH Tirschenreuth I Würzburg

Architektur

STADT LAND FANCK Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Lehner + Baumgärtner

Tragwerksplanung

Grünwald & Ach GmbH

TGA-Fachplanung

EAS Systems GmbH

TGA-Fachplanung

DAI Dorn Architekten Ingenieure GmbH

Brandschutzplanung

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Hochschulen, Wissenschaft und Forschung

  • Projektgröße:

    1.900m² (geschätzt)

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 03/2018
    Fertigstellung: 02/2020

Projektbeschreibung

Die Stadt Tirschenreuth hat mit der Revitalisierung der ehemaligen historischen Fronfeste zu einem digitalen Bildungsstandort in die Zukunft der Stadt investiert und einen weiteren wichtigen Schritt in der Stadtentwicklung erreicht. Entstanden ist ein Ort für Studierende und Lehrende, der seine Geschichte erzählt. Aber es wurde auch ein historisches Gebäude wiederbelebt, das zukunftssicher mit neuer Nutzung nach vorne blicken kann. Das Konzept, neues Leben in alte Häuser mitten in der Stadt einziehen zu lassen, ist nicht nur nachhaltig und reduziert Leerstand, sondern schafft auch Identität und erhält eine viele Jahrhunderte alte Bausubstanz. Der neue Lernstandort hat eine wechselvolle Geschichte, war Fronfeste, Zehntkasten, Gefängnis und Polizeidienststelle.
Grundidee unseres architektonischen und städtebaulichen Konzeptes war es, Architektur als begehbare und erlebbare Geschichte zu denken. Aus den Mauern wurden die Außenanlagen für den neuen Hochschulstandort entwickelt. Die verschiedenen Zeitschichten bleiben im Mauerwerk deutlich erlebbar und ablesbar. Bewusst kein Gebäude, sondern eine Gartenanlage, wie früher schon einmal, ein Stadtbalkon, ein Hochschulgarten mit Blick auf das neue Gartenschaugelände. Zugleich wird aus einem jahrelang abgeschotteten und aus Sicherheitsgründen nicht zugänglichen Bereich ein öffentlicher, der auch eine barrierearme Verbindung zwischen dem Naherholungsgebiet und dem Stadtzentrum schafft. Auch die verschütteten Gewölbekeller wurden freigelegt und sind als Zeitdokument wieder erlebbar. Eiserne Gitter und die alten Fackelspuren erinnern an die frühe Geschichte des Gebäudes.
Ziel war es, das Gebäude mit einem einheitlichen und zeitgemäßen Gesamtkonzept als Bildungsstätte innerstädtisch neu zu aktivieren und energetisch zu sanieren. Durch sensible Eingriffe konnte den Anforderungen an eine moderne Hochschulzweigstelle mit digital ausgerüsteten Unterrichtsräumen Rechnung getragen werden. Die Grundstruktur des historischen Gebäudes wird dabei erhalten, sein Charakter freigelegt. Das Erd- und das Obergeschoss beherbergt Vortrags-, Seminar-, Dozenten-, und Aufenthaltsräume mit modernster technischer Ausstattung für zeitgemäßes Lernen. Im erweiterten Nordflügel ist die komplette zentrale Erschließung über eine Treppenanlage aus Stahl und Naturstein sowie eine Aufzuganlage untergebracht.
Atmosphäre, Material, Licht und Raum spielen eine herausragende Rolle. Mit Kalk geputzte, geschlämmte Wände, steinerne und hölzerne Böden. Eichenholz und Granit. Außenanlagen aus einem speziell für dieses Haus gebranntem Ziegel der die Farbigkeit der Feldsteine des Granits trägt.

Architektouren 2021 Filmbeitrag
https://byak.cloud.panopto.eu/Panopto/Pages/Viewer.aspx?id=af0a2c12-630c-4da9-955b-ad4000de1f0a

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Stadt Tirschenreuth hat mit der Revitalisierung der ehemaligen historischen Fronfeste zu einem digitalen Bildungsstandort in die Zukunft der Stadt investiert, und mit dem Projekt einen weiteren Meilenstein des integrierten Stadtentwicklungskonzeptes umgesetzt. Entstanden ist ein Ort für Studierende und Lehrende sowie für die Tirschenreuther Bürgerinnen und Bürger, ein Ort, der Geschichte erlebbar macht, indem historischer Bestand sinnvoll ergänzt und mit neuen Nutzungen revitalisiert wurde. Das Hauptgebäude diente ab Mitte des 18. Jahrhunderts als Zehntkasten für das Kloster Waldsassen und war danach über einen langen Zeitraum öffentlichen, aber nicht zugänglichen Nutzungen vorbehalten. Die Idee, an dieser Stelle einen innovativen Lernort zu etablieren und gleichzeitig Impulse für die städtebauliche Entwicklung im Zentrum der Stadt zu setzen, ist hervorragend gelungen. Im Rahmen des Bauprozesses wurden Reste der Stadtbefestigung und historische Gewölbe entdeckt, die in die Gestaltung der Bildungsstätte einbezogen wurden und auch einen Teil der Freianlagen darstellen. Dem Büro Brückner&Brückner ist ein Gesamtkonzept gelungen, das Architektur und Zeitschichten in Form von historischen Mauern und Gewölben zu einem überzeugenden Stadtensemble verbindet. So entstand eine Gesamtanlage, die es versteht, über den öffentlichen Raum Bezüge zwischen der oberen Stadt, dem Marktplatz und der unteren Stadt mit dem Übergang zum Naherholungsgebiet barrierefrei herzustellen.

Die Grundstruktur des historischen Gebäudes wurde erhalten und sensibel ergänzt. Innen wie außen wurde mit dem historischen Material gearbeitet, lokale Baustoffe prägen den ästhetischen, gestalterischen Gesamteindruck überzeugend. Ebenso wurden im Inneren die archäologischen Reste des Vorgängerbauwerks behutsam erfahrbar gemacht und dienen heute als Räume für Veranstaltungen. Durch den Erwerb dieses Quartiers ist es der Stadt gelungen, auf kongeniale Weise neue Impulse in den Bestand einzubringen: inhaltlich mit der Nutzung als Bildungsstandort sowie stadträumlich als verknüpfendes Ensemble am Übergang zum Gartenschaugelände, das mittels eines Stadtbalkons über Sichtachsen eingebunden wird. Das Projekt stellt durch seine hohe gestalterische Qualität einen überzeugenden Beitrag zur weiteren Stadtentwicklung dar.