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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2020

Entwicklung Wohnüberbauung Baubereich B3 auf dem Geistlich-Areal in Schlieren (CH)

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Beurteilung durch das Preisgericht

Das grösste und prominenteste Baufeld B3 am Rietpark wird durch eine markante, elegante Hoffigur, bestehend aus einem zweigeschossigen massiven Sockel und einem 6-geschossigen leichten Holzbau mit umlaufenden horizontalen Balkonschichten besetzt. Dieser einfache und leistungsfähige Gebäudetypus mit seinem grossen Massstab findet gegenüber dem Gleisfeld und dem Bahnhof Schlieren einen angemessenen Ausdruck. Die beidseitig etwas überstehende lange Fassade zur Bahn bildet eine identitätsstiftende, öffentliche Adresse. Gleichzeitig schafft sie auf den beiden kurzen Seiten gegenüber der Bahn einen wirksamen Lärmschatten. Die beiden Schmalseiten reagieren situativ auf den jeweiligen Kontext. Die Obergeschosse weisen Rücksprünge auf, greifen so ein volumetrisches Thema der Nachbarbauten auf und nehmen die Körperhaftigkeit des
Volumens zu den seitlichen Parkräumen etwas zurück. Vom neuen Aufgang der
Unterführung führt ein breiter Weg durch zentrale, sockelhohe Durchgänge in einen stimmungsvollen und lärmberuhigten Hofraum und dann weiter in den Park und das angrenzende Quartier. Der Hofraum mit umlaufenden Holzbalkonen bildet zwischen dem Gleisfeld und dem Rietpark eine neuartige Raumqualität. Die ebenerdige Halle kann über die ganze Front geöffnet und als erweiterter überdachter Hofraum genutzt werden. Eine angemessene räumliche Ausbildung eines Ankunftsortes wird jedoch vermisst. Die vorgeschlagene Typologie mit einem einzigen grossen Erschliessungshof für die neue Siedlung kollidiert zudem mit der Quartiererschliessung. Dieser Nutzungskonflikt kommt auch in der Freiraumgestaltung, welche drei differenzierte Bereiche mit einem umlaufenden breiten, ringförmigen Fussweg ausscheidet, zum Ausdruck. Ob sich der wohnliche Charakter des Hofraums und der öffentliche Durchgang gegenseitig vertragen, ist fragwürdig.

Die vielfältigen Bestandteile des Raumprogramms werden überzeugend in die neue Grossform integriert. Mit Ausnahme der Längsseite an der Wiesenstrasse erfolgt die Erschliessung für die anderen drei Gebäudeflügel konsequent über den Innenhof. Der zweigeschossige Sockel wird umlaufend durch zweigeschossige Atelierwohnungen mit bis zu 6m etwas sehr hohen Galeriebereichen belegt. Alle Gewerbenutzungen inklusive dem Gasthaus, dem Quartierladen und der Velowerkstatt können in unterschiedlich grosse Einheiten unterteilt werden und sind folgerichtig an der Wiesenstrasse aufgereiht. Hier befindet sich auch der vielleicht etwas wenig prominente Eingang in die Hotellobby im 1. OG und zur Halle am ostseitigen Ende des Innenhofs. Je nach Gebäudeseite kommen in den Obergeschossen unterschiedliche Wohnungstypen zum Einsatz. Auf der
Nord- und Westseite sind kleine und mittlere Wohnungen angeordnet. Die lärmbelastete Südseite ist durch grössere Wohnungen belegt, damit die Ausnahmeregelung des Lärmschutzes ausgenutzt werden kann. Charakteristisch für alle Wohnungen in diesen drei Flügeln, dass sie dank Wohnküchen und gleichwertigen Zimmern bei Bedarf auch eine 'Überbelegung' ermöglichen, was sie auch für Haushalte mit mittlerem Einkommen interessant macht. Die meisten Wohnungen sind direkt über die Wohnküchen erschlossen und verfügen über zweiseitige Aussenräume mit Bezügen zum Hof- und Parkraum hin.

Eine Besonderheit stellt der ostseitige Flügel mit seiner Übertiefe dar. Hier werden die Wohnungen jeweils etwas umständlich über einen zentralen, innenliegenden Korridor erschlossen. Trotz Oberlichtern ist dieser Gangraum unattraktiv. Im Erdgeschoss erschliesst er nicht nur die Atelierwohnungen, sondern muss auch die Verbindung von den Garderoben im 1.OG zur Halle herstellen. Viele kleine Wohnateliers sind nur einseitig orientiert, davon etwa die Hälfte nur auf den Innenhof. Dafür stellen die durchgesteckten, schmalen, um einen kleinen Hofraum herum organisierten Maisonettewohnungen in den obersten Geschossen eine interessante Bereicherung des Wohnungsspiegels dar. Die Korridorerschliessung ermöglicht bei Bedarf auch eine Verbindung der kleinen Wohneinheiten mit dem Hotelbetrieb. Die Anreicherung der 'Rue Interieure' durch einen Gemeinschaftsraum an der Nordwestecke als Stärkung der gegenüberliegenden Parkinsel, durch einen Gartenraum mit Pflanzgärten auf dem ostseitigen Dach im 2. Obergeschoss und durch einen über einen Innenhof belichteten Fitnessraum im Dachgeschoss werden grundsätzlich geschätzt. Geschickt ist auch die Anordnung von
zahlreichen Kellerräumen auf den Geschossen in allen vier Gebäudeecken. Damit
können nicht nur die Wege zu den praktischen Abstellräumen kurzgehalten werden, sie helfen auch mit, die grundsätzlich schwierigen Ecklösungen in den Grundrissen gut zu lösen. Zudem entlasten sie das Untergeschoss, was die Einführung von zwanzig Baumschächten erlaubt und damit zu einer nachhaltigen Bepflanzung des Innenhofs beiträgt.

Konzeptionell ist ein Massivbau mit einem Untergeschoss und einen zweigeschossigen Sockel aus Recyclingbeton und einem vorfabrizierten sechsgeschossigen Holzbau darüber vorgesehen. Zusammen mit einer intensiven Nutzung der Dächer und Fassaden mit PV-Paneelen verspricht das Projekt eine gute CO2-Bilanz. Auch hinsichtlich einer kurzen Bauzeit und bezüglich einer Flexibilität in der Planung und im Betrieb ist die Ausgangslage günstig. Der Lärmschutz ist bei einigen wenigen seitlichen Wohnungen in den Obergeschossen nicht eingehalten. Die Werte bezüglich Nutzflächen, Kompaktheit und Flächeneffizient sind durchwegs gut.

Der insgesamt etwas introvertierte Wettbewerbsbeitrag ist der Phase entsprechend in vielen Themen sehr sorgfältig ausgearbeitet. Dank seiner 'räumlichen Prägnanz und materiellen Präsenz' gelingt es ihm, den Eingang in das neue Stadtquartier von Schlieren überzeugend zu formieren. Der Massstab ist ungewöhnlich, im konkreten Kontext aber angemessen. Die betriebliche Organisation ist mehrheitlich gut gelöst und die Wohnungen sind mit wenig Abstrichen von sehr hoher Qualität
Grundriss EG

Grundriss EG

Längsschnitt

Längsschnitt

Ansicht Süd

Ansicht Süd