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Award / Auszeichnung (auch für Studenten) | 06/2021

Thüringer Staatspreis für Baukultur 2020/2021

Waldkliniken Eisenberg

DE-07607 Eisenberg, Klosterlausnitzer Straße 81

Medaille für Baukultur · Kategorie Architektur

Telluride Architektur

Architektur

Matteo Thun & Partners

Architektur

Waldkliniken Eisenberg GmbH

Bauherren

Edgar Fuchs GmbH

sonstige Fachplanung

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Gesundheitswesen

  • Projektgröße:

    16.500m² (geschätzt)

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 06/2016
    Fertigstellung: 09/2020

Projektbeschreibung

Gemeinsam mit den Architekturbüros Matteo Thun & Partners und Telluride Architektur gehen die Waldkliniken Eisenberg mit dem neuen Patientenhotel neue Wege im Krankenhausbau. Medizinische Exzellenz bildet die Basis der Waldkliniken - vorwiegend im Bereich der Orthopädie.

Mit dem Neubau wird inhaltlich, gestalterisch und baulich ein Leuchtturm-Projekt im Gesundheitswesen realisiert und eine neue Klasse der Hospitality (= Gastlichkeit) im Krankenhaus-Bereich verwirklicht. Aus dem Entwurf entsteht eines der innovativsten und gleichzeitig nachhaltigsten Krankenhausgebäude in Europa, welches sich sogar in der deutschen Hotelkategorie mit 4 oder 5 Sternen klassifizieren lässt.
Ziel der Gestaltung des Campus ist es, die Beziehung zwischen physischem Raum und dem Wohlbefinden des Menschen zu beeinflussen. Dabei sind die Waldkliniken ein kommunales Haus und gehören der öffentlichen Hand - sind also keine Privatklinik. Die Kosten pro umbauten Raum sind nicht höher als bei einem „herkömmlichen Krankenhausneubau“.

Architektur hilft bei der Heilung
Ärzten und Forschern ist bewusst, dass zum Heilungserfolg oft mehr notwendig ist als die medizinische Behandlung. Die Natur sorgt für ein Gefühl der Freude und hilft den Patienten, sich zu entspannen. In der Natur zu sein, bringt ihnen eine neue Ruhe, die sie wieder mit zurück ins Krankenhaus nehmen können. Fahles Licht, kahle Wände, unangenehme Geräusche und Gerüche - typische Krankenhausassoziationen gehören im neuen Patientenhotel der Waldklinken Eisenberg im thüringischen Wald der Vergangenheit an.
In der Grundphilosophie des Bauherrn wird der Patient und seine „Reise“ durch das Patientenhotel in den Mittelpunkt gestellt. Beginnend beim Concierge, der den Patienten persönlich durch die Zeit in Eisenberg führt, bis hin zum digitalen Patienteninformationssystem auf den Flachbildschirmen in den Patientenzimmern. Die Philosophie folgt dem Ansatz des Design Thinkings im Krankenhauswesen. Design Thinking macht Betroffene zu Gestaltern ihrer Situation und löst die Informationsbarrieren zwischen Patienten, Mitarbeitern und Gästen auf. Insgesamt wird mit diesem Ansatz das deutsche Gesundheitswesen verändert, nicht nur durch Bau-Ästhetik und Healing Environment, sondern vor allem auch durch die Z-förmigen Zimmer mit Privatbereichen, gemeinsamen Wintergärten für jeweils 4 Patienten, Boarding- Bereichen, einem Unit-Pflegekonzept, der durch die Raumgestaltung gewähr-leisteten Sichtbarkeit und Ansprechbarkeit des Personals – also nicht nur durch eine Transparenz zur Natur außen, sondern auch durch Transparenz nach innen.

Grundriss basiert auf da Vinci
Der Symbolgrundriss basiert auf dem vitruvianischen Menschen, jener Zeichnung von Leonardo da Vinci, die bis in die 1930er Jahre vor allem dem engsten Kreis der Leonardo-Fachliteratur und in der Proportionslehre an den Kunstakademien bekannt war und als Symbol von Leonardos naturwissenschaftlichem Ordnungsdenken in der Mailänder Ausstellung zu Ehren des Künstlers 1939 internationale Aufmerksamkeit erlangte.
Durch seine Architektur bildet es einen starken Kontrast zum bestehen-den Gebäudekomplex des Klinikums. Die Architekten haben sich bei ihrem Entwurf von der Idee, den Patienten als Gast (lat.: hospes) zu sehen, leiten lassen. Das Patientenhotel bildet einen Rückzugsort für Patienten, Mitarbeiter und Gäste. Sie sollen sich psychisch und physisch von den Anstrengungen und der teilweisen Isolation erholen.

Nachhaltigkeit im Krankenhausbau
Das Patientenhotel wir von der umliegenden Natur geprägt: viel Grün für Interior und Exterior, natürliche Materialien, Tageslicht sowie Farbkompositionen der Flora und Fauna. Mit Blick auf den begrünten Innenhof bildet das Restaurant „La Piazza“ den Mittelpunkt des Gebäudes.
Entstanden ist ein kreisförmiger Baukörper mit großen Öffnungen, die den Blick gezielt in die Natur leiten. Die Außenfassade mit horizontaler Holzlattung und vertikalen „Lisenen“ aus Brettschichtholz wird sich mit der Zeit leicht grau verfärben und so das Holz-haus sich natürlich ins Umfeld einfügen. Durch die großen Fensteröffnungen entsteht eine starke Verbindung zum Wald mit seinen Witterungen und Jahreszeiten.

Rückzugsort Patientenzimmer
Im Inneren ergänzen sich Funktions-, Rückzugs- und Erholungsräume, ganz im Sinne des Healing Environments. So wird in den Patientenzimmern sicht-bares Konstruktionsholz an den Rahmenkonstruktionen von Außenfenstern und Verandatüren eingesetzt, das Lärchenholz der Außenfassade ist über die großen Fensteröffnungen in den Zimmern und Veranden ständig erlebbar.
In vorrangig Zwei-Bett-Zimmern ermöglicht die Gestaltung und versetzte Anordnung der Betten, des Bades und des Wintergartens, Möglichkeiten des Rückzugs oder kreiert einen bettnahen Begegnungsort. Statt der häufig ver-wendeten Parallelaufstellung werden die Betten versetzt Vis-à-Vis angeordnet. Durch die Verschränkung mit Bad und Veranda erhält jedes Bett eine eigene zugeordnete Raumzone, welche bei Bedarf über einen Vorhang abgetrennt werden kann. Die gemeinsame Nutzung einer Veranda durch jeweils vier Gäste mobilisiert und aktiviert zur Nutzung und fördert den individuellen Heilungs-prozess. Besonderes Augenmerk wurde auf die Gestaltung der künstlichen Beleuchtung gelegt, sowohl bei Lichtfarbe, den Beleuchtungsobjekten als auch der individuellen Steuerung im Bettbereich.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Anbau an das Waldkrankenhaus Eisenberg ist aus verschiedenen Gründen eine architektonische Ausnahmeleistung. Wir könnten sagen: Es ist eine runde Architektur, rund im Sinne von kreisförmig, also ohne Ecken und rund, wie eine gelungene Leistung.
Wenn man hier zu Gast ist, um sich zu kurieren, befindet man sich gefühlt, wie es der Name des Krankenhauses erwarten lässt, im Wald, obwohl sich das Gebäude eigentlich nur am Waldrand befindet. Wie kommt das zustande? Im räumlichen Feld des Waldes, aufgespannt durch das horizontale Aufeinanderfolgen eines Stammes nach dem anderen, fließt man zwischen den Stämmen, jede Richtung hat das gleiche Potential. In diesem Raumtypus wird von Matteo Thun ein architektonischer Körper platziert, ein Körper, welcher die gleiche Geometrie der Baumstämme des ihn umgebenden Waldes besitzt. Er wird nicht als ein fremdes Hindernis wahrgenommen, nicht als Gewalt einer Ecke oder einer geraden Mauer, sondern besteht aus einer Rundung, als ob man im Wald plötzlich auf einen großen Stein, Felsen oder den Stumpf eines gigantischen Baumes stößt. Man fließt um das Gebäude, und das Gebäude wird Teil des Waldes.
Anstatt eines Aufenthalts im kalten Weiß des Neonlichtes mit Blick auf die Tristesse eines weiteren anonymen Krankenhausanbaus, hat man hier Licht, Luft, ist umgeben von hochwertigen Materialien und hat eine fabulöse Aussicht auf die bewaldete Landschaft Thüringens. Dieser Blick in die Natur gibt die Möglichkeit in einem schweren Moment die Schönheit unseres Planeten und sich selbst zu erblicken. Er soll das Immunsystem stärken und den Bedarf für Schmerzmittel mindern.
Es bleibt zu hoffen, dass Thüringen zukünftig nicht einzig als Ort der Burgen und der Klassik bekannt ist, sondern auch wieder als Region der Bäder und Kurorte wahrgenommen wird.