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Award / Auszeichnung | 10/2021

BDA Preis Bayern 2022

Haselnuss Hof Stiegler

DE-90556 Gonnersdorf

Auszeichnung | Besondere Bauten

Dürschinger Architekten & Partner mbB

Architektur

Frankengenuss GmbH & Co. KG

Bauherren

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Gewerbe-, Industriebauten

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Fertigstellung: 01/2019

Projektbeschreibung

Geschichte:

Eine fast nahezu abgebrannte Hofstelle im Jahr 2014 bot die Möglichkeit den ehemaligen Bauernhof mit Ackerbau und Vieh-zucht, zurückgehend auf den dreißigjährigen Krieg des 17. Jahrhunderts, mit neuer wirtschaftlicher Ausrichtung auf eine künftige Haselnuss- Bewirtschaftung und neuen funktionalen Bezügen perspektivisch zu optimieren. Darüberhinaus für die drei Generationen der Familie das künftige Bewohnen mit einem neuen Wohnhaus zu ordnen.

Städtebau:

Das neue Ensemble aus Museums- Schmiede, Hofladen mit Kastanienhof, Haselnuss- Rösterei, Werk-und Stallgebäude, sowie Wohnhaus mit Bauerngarten prägen und erhalten die traditionelle mittelfränkische Dorfstruktur. Der respekt-volle Umgang mit Bauform und Material verbindet modernes Bauempfinden mit einem lebendigem Ortsbild auf den zweiten
Blick und soll zeigen daß es möglich ist, der sich im Umbruch befindlichen bäuerlichen Landwirtschaft hin zur Erzeugung und Vermarktung regionaler Produkte, eine künftige Perspektive zu geben.

Die durchgängige Verwendung und Integration bereits vorhandener Baustoffe und- Materialien, sowie heimischer , nachweisender Rohstoffe für den Bau und die Energieerzeugung mit Nutzung passiver Energiequellen, die Minimierung grauer Energien und der notwendigen Einsparung von CO2 soll den natürlichen Kreislaufgedanken dieser ländlichen Hofstelle aufzeigen.

Architektur:

Die Bauernhöfe Mittelfrankens sind jeher durch ihre traditionelle, karge Bauweise und die Verwendung regionaler Baumaterialien geprägt. Skulpturale, eng stehende Giebelbauten mit knappen Dachüberständen bestimmen Ortsbilder und Dorflandschaften.

Re-Use:

So war es von Anfang an klar, die ehemaligen Sandsteinbauten und Bauteile der Sockelgeschosse, welche den Brand überdauert hatten umfassend in das neue Hofkonzept zu integrieren. Die kleine Schmiede an der Dorfstrasse, die Sockelgeschosse der Rückwertigen Stallgebäude und des ehemaligen Wohnhauses konnten weitestgehend erhalten bleiben. Ergänzt wurde diese, ebenso wie die Neubauten des Wohnhauses, des Hofladens mit Vorbereitungsräumen, sowie der Bergeräumen mit Heimischen Fichten- und Kiefernhölzern aus den nahen Wäldern der Hofstelle.

Wiederverwendbare Tonziegel der ehemaligen Dächer wurden in die klassischen Bieberschwanz Doppeldeckung der steilen Dachlandschaft integriert. Die flachgeneigten Dächer der Nebengebäude erhielten jedoch eine Blechdeckung geeignet für die Nutzung mit PV- Anlage.

Beurteilung durch das Preisgericht

Rollt man die sanfte Anhöhe von Rossendorf hinab nach Gonnersdorf, ist man freudig überrascht, wenn man den Haselnusshof der Familie Stiegler erblickt. Nicht, weil dessen Architektur ungewöhnlich ist. Das Markante ist eher die Unaufdringlichkeit des neuen Ensembles, das sich ganz selbstverständlich in die dörfliche Struktur einfügt. Seine karge Bauweise, seine einfache Materialität und die knappen Dachüberstände sprechen die Sprache traditioneller mittelfränkischer Gehöfte. Eine Bauweise, die in aktuell errichteter landwirtschaftlicher Gebrauchsarchitektur der Region nicht mehr häufig anzutreffen ist: Ställe sind zu DIN-genormten Mastanlagen verkommen, Scheunen Gewerbehallen gewichen und die zu den Betrieben gehörigen Wohnhäuser leben mitunter den Toskana-Traum in WDVS.


Nicht so der Betrieb der Familie Stiegler. Ihr Neu- und Wiederaufbau des alten Dreiseithofs, der nach einem Großbrand im Jahre 2014 zerstört wurde, ist ein gelungenes Beispiel für eine nachhaltige wie einfühlsame Architektur, bei der graue Energien minimiert und CO2 eingespart werden. Statt schnell die verlorenen Bauten wieder hochzuziehen, entwickelten Dürschinger Architekten mit den Bauherren ein durchdachtes Konzept für den Neuanfang. Dabei setzten sie auf alte Materialien und auf die Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen. So stammt beispielsweise das Fichten- und Kiefernholz aus den Wäldern der Umgebung und fügt als Fassadenmaterial die unterschiedlichen Bauten zu einer Einheit.


Räumlich fasst das neue Wohnhaus, die kleine alte Schmiede – die nun als 24/7-Verkaufsraum dient – und der neue Hofladen mit gläserner Manufaktur den öffentlichen Bereich des Betriebes. Im hinteren Teil des Gehöfts befinden sich die neuen Scheunen, die Haselnussrösterei und funktionale Werksgebäude, die sich um einen maßstabsgerechten Platz gruppieren. Die einstigen Sandsteine der ehemaligen Bauten wurden nach dem Feuer geborgen und in die neuen Häuser integriert. Wiederverwendbare Tonziegel der ehemaligen Dächer nutzte man für die Deckung der Dachlandschaft. Die weißen und gelben Farbfetzen auf den Pflastersteinen des Hofs sind stille Zeugen ihrer Vergangenheit: Sie dienten einst als Parkplatzbelag eines Supermarkts.


Es scheint fast so, als füllten all die verborgenen Geschichten der «Second-Hand»-Materialien das Hofensemble mit einer vertrauten Atmosphäre, die sonst erst nach Jahrzehnten in architektonische Räume Einzug hält. Zugleich setzen Dürschinger Architekten mit diesem einfachen wie überzeugenden Gestaltungskonzept für den landwirtschaftlichen Betrieb ein Zeichen gegen die Rationalisierung und Vereinheitlichung des ländlichen Raums.