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Award / Auszeichnung | 02/2008

"NRW wohnt" - Auszeichnung umgenutzter Bauwerke zu Wohnungen

„Grube Carl – Wohnen im ehemaligen Trocken- und Pressenhaus“, Frechen

Auszeichnung

ASTOC ARCHITECTS AND PLANNERS GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Wohnen im Industriedenkmal Grube Carl, D – Frechen

Die Grube Carl ist eine ehemalige Brikettfabrik, die Anfang des 20. Jahrhunderts in mehreren Abschnitten errichtet wurde. 90 Jahre lang wurden hier täglich bis zu 230 Tonnen Briketts hergestellt. Heute stehen die Gebäude der 1995 stillgelegten Anlage unter Denkmalschutz. Sie bilden das Zentrum des neuen Wohngebiets Grube Carl in Frechen, sind Kristallisationspunkt und Identifikationsstifter. Die Umnutzung des ehemaligen Industriegeländes basiert auf der Grundlage eines neu erstellten Bebauungsplanes.

Im Betrieb durchlief die Kohle das Gebäude des Nassdienstes und das Trocken-und Pressenhaus auf dem Weg zum fertigen Brikett. Andere Gebäudebestandteile, die derzeit umgebaut werden, wie Elektrozentrale, Niederdruckkesselhaus und Werkstatt, hatten dabei dienende Funktion.
Die Rohkohle wurde mit dem Zug angeliefert und über eine Bandbrücke in den Nassdienst befördert, dort genässt und gemahlen. Danach lief sie über eine zweite Bandbrücke in das Trocken- und Pressenhaus, wurde getrocknet und zu Briketts gepresst. Auf den Rinnenfeldern nördlich des Trocken- und Pressenhauses trocknete sie vollständig aus, wurde verpackt und anschließend auf Züge verladen.

Nach der Stilllegung konnten die beiden Bandbrücken und die Hauptgebäude erhalten werden. Der Nassdienst und das Werkstattgebäude wurden bereits im Jahr 2004 umgebaut. Anfang 2005 begann das Büro ASTOC mit den Planungen für das Trocken- und Pressenhaus und das Niederdruck-kesselhaus. Im Juli 2005 wurde mit der Entkernung begonnen. Die Umnutzungsplanungen fanden in enger Zusammenarbeit mit dem Rheinischen Amt für Denkmalpflege statt.

In dem jetzt freistehenden Trocken- und Pressenhaus entstanden bis Ende Dezember 2007 großzügige Wohnungen, Gewerbe- und Lofteinheiten.
Das lang gestreckte Gebäude ist in fünf Häuser segmentiert. Die 71 Wohneinheiten werden somit über fünf Treppenhäuser erschlossen. Die zum Teil dreigeschossigen Wohnungen haben eine Fläche von 56-191m² mit 2 bis 4 Zimmern. Jede erhielt einen Balkon und ist flexibel in der Aufteilung. In den oberen Geschossen liegen 3-geschossige Maisonettewohnungen mit Dachterrassen, von denen aus man die Aussicht auf die Stadt Köln und den Dom genießen kann.
Die Dachlandschaft wurde innerhalb der ehemaligen Konturen wiederhergestellt. Prägendes Element sind die Kühlhauben, die jetzt den Wohnungen als Oberlicht und Zugang zu den großzügigen Dachterrassen im 7. Obergeschoss dienen.

Acht Stadthäuser mit einer Dachterrasse entstehen derzeit im angrenzenden, ebenfalls unter Denkmalschutz stehenden Niederdruckkesselhaus. Die Wohnungen haben eine Gesamtfläche von 90 - 150m². Unter den Dachterassen der oberen Wohnungen wird eine Garage in das Bestandsgebäude integriert, die 79 PKW-Stellplätzen beherbergt. Sie wird von den Bewohnern des Trocken- und Pressenhauses und des Niederdruckkesselhauses gemeinsam benutzt.

In Erinnerung an die ehemalige Nutzung als Brikettfabrik soll zukünftig eine Denkmalachse angelegt werden, die quer durch das Trocken- und Pressenhaus hindurchführt. Sie verknüpft an städtebaulich richtiger Stelle den nördlichen und den südlichen Teil des Areals. Im Bereich der Denkmalachse bleiben alte Maschinen und Anlagen erhalten, hier soll die Industriekultur unverändert erlebbar gemacht werden. Diskutiert wird noch, ob die Achse um weitere Anlagen ergänzt werden soll, die ursprünglich an anderen Orten aufgestellt waren.

Die städtebauliche Anordnung der alten Fabrikgebäude verleiht der neuen Wohnnutzung einen ganz eigenen Charme. Durch die Dichte des Bestands ergibt sich eine reizvolle städtische Qualität der Räume, die spannungsreich mit der Weite der umliegenden Landschaft und der Lage auf dem Hügelrücken der Ville korrespondieren.
Ensemble und Materialität, die exponierte Lage am Hang – Qualitäten, die von den Architekten vor Ort vorgefunden und behutsam ergänzt wurden, um der neuen Nutzung den angemessenen Raum zu geben. Viele bauliche Details der ehemaligen Nutzung sind so sichtbar geblieben und erinnern an die industrielle Vergangenheit. Dies gibt dem Ort eine Tiefe und Identität, die Neubausiedlungen nicht erreichen können.
Die neuen Bewohner der Brikettfabrik zeigen sich sehr zufrieden mit dem Ergebnis.

Beurteilung durch das Preisgericht

„Unter weitgehender Belassung der äußeren und inneren Gebäudestruktur sowie der für die Silhouette wirksamen Aufbringung neuer Kühlhauben blieb die historische Anmutung der ehemaligen Brikettfabrik erhalten. Lediglich die vorgesetzten Balkone treten als Attribute an zeitgenössische Nutzungsansprüche besonders in Erscheinung. Die Wohnungszuschnitte orientieren sich an den Vorgaben des Bestandes, ohne an funktionaler Qualität einzubüßen. Anspruchsvoll erscheinen die Maisonettewohnungen. Während zu den energetischen Parametern keine Aussagen gemacht werden, ist dieBarrierefreiheit bis in die unteren Geschosse der Maisonettewohnungen umfassend gewährleistet. Als Teil eines größeren, weiteren neuen Nutzungen gewidmeten ehemaligen lndustriekomplexes im Weichbild der Stadt Köln ist die Maßnahme prägend für ein durch weitere Neubauten ergänztes Umfeld.\"