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Einladungswettbewerb | 11/2021

Neubau Widum (Pfarrgut) im Weiler Mathon der Gemeinde Ischgl (AT)

3. Preis

Martin Mutschlechner

Architektur

Stadt:Labor – Architekten

Architektur

Steck Modellarchitektur

Modellbau

Erläuterungstext

Ortsplanerische Idee / Lösungsansatz
Die Entwurfsidee kombiniert mit der gezielten Positionierung des Baukörpers am Grundstück eine hohe ar-chitektonische Qualität mit einem geringen ökologischen Fußabdruck, bei maximaler städtebaulicher Nut-zung des Freibereiches als zusätzliche Impulsfläche für die Gemeinschaft. Es entsteht somit ein Gleichge-wicht von gebauter Struktur und Außenraum. Im Erdgeschoss öffnet sich die Fassade zum Straßenraum hin; dabei entsteht ein geschützter, überdachter Freiraum, der einlädt einzutreten und zu verweilen.

Architektur / gestalterische Aspekte
Ein Ort, ein Haus, eine Stube sind die zentralen Begriffe, die zum Grundstein werden. Die Aufbahrungs-stube tritt als Ort für die Gemeinschaft und der umlaufende Trauerraum zur individuellen Besinnung ins Zentrum. Durch die Situierung, Geometrie und Materialität dieser Räume soll mit unterschiedlichen atmo-sphärischen Situationen gespielt werden. Der Umgang der Aufbahrungsstube ist ein nicht temperierter Raum, der durch eine leichte, offene Holzkonstruktion umschlossen wird. Die Stube lässt sich nach Norden und Süden öffnen und verbindet den Trauerraum mit dem Umgang. Im Obergeschoss befindet sich das Sit-zungszimmer für Anlässe der Pfarre und Treffen der Trauergemeinde. Das Büro mit dem Archiv ist unab-hängig vom Sitzungszimmer erschlossen. Der Garten wird individuelle bespielt. Nördlich des Widums könnte ein Poller den Durchzugsverkehr eindämmen und somit eine Begegnungszone zwischen Schule und Widum entstehen lassen. Die Belebung vom Dorf und Gemeinschaft stehen im Vordergrund. Freiflächen für eine bunte Bespielung, ein Gemüsegarten, Orte der Zusammenkunft, sowie Ruhenischen entstehen auf dem Bauplatz.

Funktion
Jedes der drei Geschosse ist durch sein funktionales Programm geformt. Die Lagerräume der Pfarre befin-den sich im UG, die Aufbahrungsstube mit Trauerraum im EG, das Sitzungszimmer und Büro der Pfarre im OG. Ein Kern aus „dienenden“ Flächen wie Stiege, Lift, Lager, WC gibt das statische Gefüge vor. Die öf-fentlichen und halböffentlichen Räumlichkeiten können sich frei um den Kern organisieren. Es entsteht be-wusst eine vertikale Trennung vom sakralen Erdgeschoss und individuell nutzbaren Räumlichkeiten der Pfarre im Obergeschoss.

Konstruktion / Material
Das Untergeschoss, das Fundament des Gebäudes, ist in Stahlbetonmassivbauweise konzipiert, die Ge-schosse darüber in Holzmassivbauweise. Die Wände der Aufbahrungsstube im Erdgeschoss bestehen aus horizontal geschichteten Brettern und Balken unterschiedlicher Stärke und Dicke, in die gezielt - durch un-terschiedliche Schichtungsdichten - Lichtöffnungen aus Glas eingelegt werden. Die Lichtschlitze in den Holzwänden bilden die besondere Stimmung in der Aufbahrungsstube. Die natürliche Belichtung im Innen-raum ändert sich im Laufe eines Tages und mit den Jahreszeiten. Die aufgelöste äußere Holzfassade des Gebäudes funktioniert als Erdgeschoss als Vorhang mit unterschiedlicher Dichte, die sich zu den Öffnungen im Gebäude hin immer weiter auflöst.

Beurteilung durch das Preisgericht

Klarer, punktförmiger Entwurf, der im Nord-Osten der Parzelle das neue Gebäude in traditionelle Formensprache und ortsüblicher Volumetrie setzt. Bestechend am Konzept sind die verschiedenen Hüllen mit unterschiedlicher Transparenz. Ähnlich einer historischen „Cella“ wird die Aufbahrungsstube von einem Trauergang umfasst, der zum Außenraum mit einer einfachen Holzlamellenstruktur abgegrenzt ist. Diese Schichtung vermittelt eine unterschiedliche Intimität und transformiert das Licht in eine Stimmungsvolle Ausleuchten des Aufbahrungsbereiches. Der Entwurf geht sehr sensibel auf die Aufgabenstellung ein und führt zu einem stimmungsvollen Raumerlebnis. Vom Umgang aus werden auch der Lagerraum für die Bestattung und der Lift erschlossen. Der innere Kubus tritt im Eingangsbereich gegenüber der äußeren Hülle etwas zurück und schafft dadurch einen angemessenen Vorbereich. Eine offene Treppe führt in das Obergeschoss, wo über zwei Windfänge die anderen Bereiche erschlossen werden. Das Obergeschoss lässt allerdings in seiner funktionalen Durchbildung die sonst so prägende Klarheit des Entwurfs vermissen. Kritisch wird in der Jury auch der „lamellierte Außenhaut“ gesehen, die für einen „Ganzjahresbetrieb“ noch gegen Wind und Schnee, allerdings ohne Temperierung geschlossen werden müsste. Überzeugender Entwurf mit sehr interessanter Ausformulierung der Aufbahrungsstube.