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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2021

Neues Stefansviertel für die Reformierte Kirche in Zürich Hirzenbach (CH)

Modellfoto

Modellfoto

"Navibus"

3. Rang / 3. Preis

Preisgeld: 27.000 CHF

Atelier Scheidegger Keller

Architektur

Chaves Biedermann Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Monotti Ingegneri Consulenti SA

Bauingenieurwesen

Raumanzug GmbH

Akustikplanung, Bauphysik, TGA-Fachplanung

IBV Hüsler AG

Verkehrsplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebauliche Setzung
Die städtebauliche Beschreibung der Verfassenden ist sehr treffend formuliert: «Ein gerichteter und in neun Streifen (inkl. Kirchenturm) gegliederter Baukörper spannt sich zwischen der Altwiesenstrasse und Hof. Die Streifen haben unterschiedliche Breiten, Längen und Höhen, so dass ein in Grundriss und Schnitt gestaffelter Baukörper entsteht, der den drei unterschiedlichen Seiten und Nachbarschaften Rechnung trägt, präzise Aussen- und Innenräume aufspannt, das Raumprogramm strukturiert und das Licht in die Tiefe des Hauses bringt. Die streifenförmige, offene Struktur ermöglicht im Erdgeschoss die Verknüpfung und Überlagerung verschiedener Nutzungen, so dass eine offene Raumlandschaft mit vielfältigen räumlichen Bezügen im Innern und Aussen entsteht.»

Freiraum
Die Gebäudesetzung belegt viel Fläche und beschränkt den verfügbaren Freiraum deutlich. Dennoch entsteht dank seiner differenzierten Gestaltung ein sinnliches, vielfältiges Freiraumsystem. Spannende Raum- und Themenfolgen schaffen Aufenthalts- und Nutzräume ganz unterschiedlicher Qualitäten und subtil ausgearbeiteter Stimmungen. Aussenund Innenräume verschmelzen, was gestalterisch wie aus Sicht der Nutzung grosse Qualitäten generiert. Platz und Garten sind die beiden Leitmotive des Freiraumentwurfs: Zur Strasse entsteht ein kleiner Platz mit einem Wasserbecken und Schatten spendenden Bäumen, dem es aber an Atmosphäre fehlt. Im Süden fügen sich verschiedene Gartenräume und -themen zu einem gut erschlossenen, kleinteiligen Mosaik. Gepflasterte, chaussierte und bepflanzte Flächen, Spielflächen und Wasserbecken, ein Kräuterlabyrinth und ein Gemeinschaftsgarten, private und gemeinschaftliche Flächen ergänzen sich stimmig. Die Bepflanzung schafft einen offenen Übergang zur Nachbarschaft. Nicht überzeugen kann die Baumstellung an den Strassen. Baumreihen und Alleen sind im Kontext Schwamendingens mit seinen freien Baumstellungen ein Fremdkörper und daher zu vermeiden.

Architektur
Der Auftritt des Gebäudes ist höchst innovativ in seiner Nutzungsverteilung in Kombination mit der Ausstrahlung, welche ein modernes kirchliches (Quartier-) Zentrum erwarten lässt. Die sorgfältig geplante und kreative Fassade aus verschiedenen Gläsern in Kombination mit einer monochromen Materialisierung, in welcher sich die Natur spiegelt, sucht neue Ausdrucksweisen für einen kirchlichen Ort, welcher heute über ein reines Gotteshaus hinausgeht. Eine gewisse Jugendlichkeit ist zu erwarten und allenfalls regt ein solch spezielles Gebäude an, den Glauben zu suchen und an diesem Ort zu zelebrieren. Viele spannende Details können in diesem Entwurf entdeckt werden wie z .B. die Vordächer für Schutz vor Einstrahlung, welche kombiniert mit den Fahrrädern doppelt nutzbar sind.

Funktionalität
Attraktiv ist das Herz in Kombination mit dem öffenbaren Kirchenraum, welcher sich bis zur Strasse hin als gedeckter Stadtplatz anbietet. Die Kinderräume mit Bezug zum Aussenraum, der Co-Workingspace zum Garten oder die Jugendräume mit eigener Treppe im ersten OG sind gekonnte Raumzonen, welche sich sehr lebendig vorzustellen sind. Das gesamte Erdgeschoss als Gemeindezone ist vielseitig und multifunktional. Die Wohnungen ordnen sich verständlicherweise diesem Korsett unter und forcieren den Gedanken, dass sie mit der Schottenstruktur genutzt werden für eine adäquate Überspannung der breiten Räume. Zwei Eingänge, wenig optimal gelegen, erschliessen die zwei verschiedenen Typologien, wobei durch die harte, eng strukturierte Rechtwinkligkeit eine eher nüchterne Wohnwelt zu erwarten ist. Sicherlich ist die Wirtschaftlichkeit der Aufreihung als wichtiger Punkt herauszuschälen. Allenfalls wären zwei, drei Ausnahmen in der Strenge in Hinblick auf «Breite» hilfreich und täten den Wohngeschossen gut.

Ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit
Der Projektvorschlag strebt eine Wiederverwendung von Bauteilen aus Abbrüchen an, und sieht eine InDach-PV-Anlage vor, welche die Witterungsschutzfunktion der Dachhaut übernehmen kann. Das Materialisierungskonzept der neu eingebauten Bauteile wird jedoch von Beton und Glas dominiert und lässt eine ressourcenschonende Bauweise durch den Einsatz alternativer Materialien weitestgehend vermissen. Die Lüftungsüberlegung im Untergeschoss unter Einbezug FOL/AUL ist überraschend mit dem Kirchenturm kombiniert. In Bezug auf die Behaglichkeit ist der hohe visuelle Komfort durch die gute Tageslichtverfügbarkeit hervorzuheben. Dahingegen fehlen für einen guten thermischen Komfort entscheidende Komponenten, wie z. B. ein aussenliegender Sonnenschutz, gänzlich. Insgesamt werden gesamtheitliche, fundierte und schlüssige Ansätze in Bezug auf die geforderten Nachhaltigkeitsaspekte weitgehend vermisst.

Gesamtwürdigung
Ein Zeichen im Quartier und dies in kreativer Form wäre zu erwarten. NAVIBUS wird als innovativer Beitrag gewürdigt, welcher die kirchliche Gemeinde dazu auffordert, das Haus in Beschlag zu nehmen und die Vielseitigkeit zu zelebrieren. Die zurückhaltende industriell-kirchliche Eleganz ist spannend und die gesamte Erarbeitung des Projektes sorgfältig und intensiv. Jedoch wirkt der Industriecharakter an diesem Ort unangenehm fremd, inmitten eines als Gartenstadt geprägten Quartiers (Steinerplan). Zudem kann sich die Kirchgemeinde kaum mit diesem industriell-kirchlichen Auftritt identifizieren. Die Wohnungen erscheinen eher wenig charmant in ihrem Korsett und müssen sich dem System unterordnen.
Grundriss

Grundriss

Ansicht West

Ansicht West