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Projektwettbewerb im selektiven Verfahren | 10/2021

"Brücke über den Graben" Passerelle St. Gallen (CH)

4. Preis

wh-p Ingenieure

Bauingenieurwesen, Tragwerksplanung

Andreas Geser Landschaftsarchitekten AG

Landschaftsarchitektur

Caesar Zumthor Architekten

Architektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Verkehrsführung, Städtebau und Denkmalpflege
Der Weg von Albert führt von der Seitenfront der Kirche quer über das Pärkli. Nach einer Biegung überquert der Steg rechtwinklig den Unteren Graben und führt in einer Linie am Erschliessungsturm vorbei. Nach einer weiteren Biegung erfolgt der Anschluss an die Müller-Friedberg-Strasse. Das gleichmässige Gefälle und die übersichtliche Wegführung ausserhalb des Treppenturms ist besonders für Rollstuhlfahrende und für Leute mit Kinderwagen komfortabel. Die relativ grosse Höhe der Brücke über dem Unteren Graben ist städtebaulich angemessen und wirkt grosszügig. Die geometrisch stringente Wegführung steht aber in starkem und störendem Kontrast zur historischen Situation. Der Steg über dem Pärkli beeinträchtigt zugleich die Einheit der Anlage und den Blick auf die Kirche. Der Zugang zum Steg vor der Kirche nimmt kaum Rücksicht auf die räumlichen, gestalterischen und historischen Qualitäten der Umgebung.
Tragwerk
Beim statischen System handelt es sich um einen 4-feldrigen zum Teil gekrümmten Balken, der als Durchlaufträger über die gesamte Länge des Projektperimeters führt. D. h. die Brücke passiert den Erschliessungsturm peripher und ist an diesem seitlich fixiert, sodass eine direkte Erschliessung von der Brücke weg möglich ist. Der stählerne Brückenträger ist als dreieckförmiger, torsionssteifer Kasten mit einer orthotropen Fahrbahnplatte ausgebildet.
In Längsrichtung ist die Brücke bei den Widerlagern verschieblich gelagert und in Längsrichtung mit viskosen Dämpfern versehen. Der Fixpunkt wurde beim Anschluss zum neuen Liftkern gewählt. Die runden Stützen sind am Fuss gelenkig gelagert und am Kopf eingespannt. Die Annahmen und Nachweise der vorliegenden statischen Berechnungen sind nachvollziehbar und soweit richtig geführt. Jedoch weisen die Nachweise teilweise grosse Tragreserven auf, was sich in einem überdurchschnittlichen Stahlverbrauch niederschlägt. Der Abfangriegel im neuen Gebäudeteil, welcher für die Stütze neben
der Strasse gebraucht wird, ist nur schematisch dargestellt. Es fehlt diesbezüglich ein Nachweis der Machbarkeit. Aufgrund des hohen Stahlverbrauchs
befinden sich die Kosten deutlich im oberen Bereich des Kostenspektrums.
Zudem wird auch der Aufwand für die Massnahmen am Treppenkern als kostenintensiv eingeschätzt
Konstruktion und Gestalt
Der Brückenträger ist ein Stahlhohlkasten mit trapezförmigem Querschnitt. Drei pfahlförmige Stützen, eine im Bereich der Parkbäume am Unteren Graben und die zwei anderen seitlich des Parkhauses, sind unauffällig platziert. Die auf der ganzen Länge einheitliche Konstruktion, das kontinuierliche Gefälle gegen die Altstadt und das einfache Staketengeländer geben dem Steg eine unaufgeregte Ruhe, die aber wenig sensibel auf die Umgebung eingeht.
Freiraum
Der diagonale «Überflug» der Brücke über den Park verändert das Raumerlebnis im Park selbst komplett: er wird räumlich halbiert und ist vom Brückenschlag allzu stark dominiert. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der
Brückentrog farblich auf den Grünraum reagieren könnte. Beim Ankunftspunkt auf dem heutigen Sitzplatz vor der Kirche hätte man eine weniger zaghafte topographische Einbindung und gestalterische Lösung erwartet. Die Eingriffstiefe in die Bestandsbäume ist vertretbar.
Gesamteindruck
Die übersichtliche, stringente Wegführung ist für den Fussgängerverkehr sinnvoll und praktisch. Aus denkmalpflegerischer Sicht ist aber die Lage und Detailgestaltung der Brücke dem historischen Ort nicht angemessen.