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Offener Wettbewerb | 02/2022

Neugestaltung Rheinallee in Boppard

Die Rheintreppe am Karmeliter-Platz als der neue, prägende Aufenthalts- und Veranstaltungsort im Welterbe Oberes Mittelrheintal.

Die Rheintreppe am Karmeliter-Platz als der neue, prägende Aufenthalts- und Veranstaltungsort im Welterbe Oberes Mittelrheintal.

3. Preis

Preisgeld: 15.000 EUR

GRIEGER HARZER DVORAK

Landschaftsarchitektur, Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Einordnung

In Boppard wird die intensive Verbindung zwischen der spektakulären Landschaft des Oberen Mittelrheintals und seinem Reichtum an Kulturgütern auf besondere Weise spürbar. Die Rheinallee reichert dieses Erlebnis noch weiter an. Sie ist vermittelnde Plattform vieler unterschiedlicher Austausche, etwa zwischen Maßstäblichkeiten des Rheintals und der Stadt, zwischen Zeitschichten, oder auch reichhaltiger kultureller Ausprägungen und natürlich der Menschen, die diesen Ort lebendig machen. Zugleich ist die Rheinallee selbst integraler Bestandteil des „Erlebnis‘ Oberes Mittelrheintal“. Das hier verborgene Potential, breitere, auch neue Besucherschichten anzusprechen soll geschöpft werden um Boppard nachhaltig touristisch zu positionieren.


Entsprechend wird eine Gestaltung vorgeschlagen, die sich zurückhaltend, ordnend und beruhigend einfügt, dabei als kraftvoller, eigenständiger Ort ablesbar ist, das Ufer über seine Länge zusammenführt und mit eigenen Akzenten die Magie des Ortes an der Rheinschleife stärkt.


Die drei wesentlichen Abschnitte entlang des Ufers werden erkannt, der jeweils eigenständige Charakter geschärft. Einer Perlenkette gleich verteilen sich Orte vielfältiger Nutzungsangebote über die ganze Länge des Rheinufers und verweben dieses mit dem Siedlungskörper. Sie entzerren die Nutzerströme, erschließen weitere, grünere Abschnitte und bieten immer neue Aussichten übers Wasser.


ENTWURF

Nach intensiver Auseinandersetzung mit der historischen Entwicklung, sowie aktueller Problemstellungen des Rheinuferbereichs in Boppard formulieren wir drei Entwurfsanliegen:


1 - Freiräumen, Sortieren, Klären

Die aus der hohen Beanspruchung hervorgegangene kleinteilige, teils ungeordnete Vielfalt der Rheinallee wird in eine ruhige, zusammenhängende, klar ablesbare Gestaltung überführt. Die historische Innenstadt gibt den Takt vor. In den Fluchten ihrer Gassen und Plätze werden besondere Orte definiert und dadurch die szenische Verbindung der Stadt mit ihrer Umgebung weiter gesteigert. Diese gemeinsame Rhythmik aus linearen Abschnitten und einer Folge an Plätzen reichert das einmalige Stadtpanorama weiter an. Die hochwertige Abwicklung der Promenade (Mauer, Treppenstufen, Geländer, Sitzbänke) führt zusammen, sensibel gesetzte besondere Bäume schaffen weitere Akzente.


2 - In Wert setzen

Im Einklang mit der besonderen innerstädtischen Architektur, wie auch der umgebenden Landschaft wird ein hochwertiger, beständiger wie lokaler Materialkanon entwickelt. Dieser wird kontinuierlich auf der Allee ausgebildet und lässt sie als hochwertiges und prägnantes Element im Stadtpanorama ablesbar werden, sowie an vorhandene Qualitäten anknüpfen. Besonderes Augenmerk wird auf die zusammenhängende und detailliert ausgearbeitete Brüstungsmauer mitsamt Geländer entlang des Rheinufers gelegt.


3 - Addition besonderer Ankerpunkte

Als Besonderheit des Entwurfs werden Figuren am Rande der historischen Innenstadt entlang des Rheinufers entwickelt. Auf intensive Weise lassen Sie den Rhein und seine Landschaft als tragendes Element Boppards erlebbar werden und treten gleichzeitig in sensiblen Dialog mit dem baulichen Erbe Boppards.


Am Karmeliterplatz führen die „Rheinstufen“ als großzügige Sitzstufenanlage auf das Flussniveau und laden als „offener Ort“ zwischen Baumreihen auf besondere Weise zum Verweilen ein. Im Bürgerpark in der Oberen Rheinanlage wird mit der Rheinbühne ein Pavillon für etwa 200 Gäste eingesetzt, der mit seinem an Kreuzgewölbe erinnernden Wandelgang einen originären Bezug zum Ort entwickelt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Auffälligstes Gestaltungselement des Entwurfs ist eine großzügig angelegte Freitreppe mit Sitzstufen, die in Höhe des Karmeliterplatzes unmittelbar ans Wasser des Rheins führt. Sie ist Teil einer gut nachvollziehbaren Konzeptionsstrategie, nach der mit einzelnen inszenierten Orten entlang des Ufers das Wasser erlebbar gemacht werden soll. Über eine Kette dieser Akzente soll der Zusammenhang zwischen den drei unterschiedlich geprägten Teilbereichen des Planungsraums hergestellt werden.


Die Verfasser*innen des Entwurfs untergliedern den Gesamtraum in die Landschaftsgärten im Westen mit einem breiten Spektrum unterschiedlicher Nutzungsangebote, den Bürgerpark im Osten, der den Themen Sport, Spiel und Kultur gewidmet ist und der urbanen Mitte zwischen dem Ebertor und der Alten Burg als zentralem Bereich für das Flanieren und das Wassererlebnis. Die einzelnen Teilbereiche werden mit gestalterischen Mitteln gut profiliert. Insbesondere wird die zweireihige Allee im zentralen Bereich so ausgelichtet und von neuen Bäumen ergänzt, dass sie eine klare Gliederung mit eindeutig ablesbaren Unterbrechungen an den Altstadt-Zugängen aufweist.

Mittendrin ist dann als markanteste Unterbrechung der Allee die Freitreppe zum Wasser hin angelegt. Der neue Bezug zum Wasser wird zusätzlich über eine solitäre Weide symbolisiert. Ob die Dimension der Freitreppe angemessen gewählt ist und ob der Uferweg am Fuße der Freitreppe noch zusätzlich erforderlich ist, wird kontrovers diskutiert. Auch ist angesichts der Bedeutung der Freitreppe die fehlende Barrierefreiheit ein ausgesprochenes Manko. Die heutige Querschnittsneigung der Allee wird aufgehoben und über eine Sitzstufe zum Uferweg hin aufgefangen. Das ermöglicht eine gute Nutzbarkeit unter den Bäumen, insbesondere die Angebote für die Gastronomie sind weiter an der attraktiven Rheinfront gewährleistet. Die Fläche wird mit einer wassergebundenen Decke ausgeführt und setzt sich damit in der Oberflächengestaltung als Verweilraum deutlich von den flankierenden Bewegungsräumen ab.


Die Rheinallee wird einheitlich mit lokalem Natursteinmaterial gestaltet. Die Organisation der Flächen ist gut gelöst. Vor den Häusern ist in einem etwas kleineren Pflasterformat ein Streifen von etwa 2 Meter Breite als Schwellenbereich vorgesehen, bevor die kombinierte Rad- und Autofahrbahn beginnt. Der Karmeliterplatz wird konsequent mit weiteren Bäumen ergänzt und die heutige Mauer wird durch eine erhöhte Stufe ersetzt. Beide Eingriffe sind hinsichtlich ihrer Intensität in Einklang mit dem Bodendenkmal zu bringen. Sie sollen aber dazu beitragen, den Zusammenhang zur Freitreppe zu verdeutlichen.


Damit wird an zentraler Stelle fast alles das erfüllt, was die Intention der Umgestaltung der Uferpromenade ist, für den Bezug zum Wasser und für Aufenthaltsqualität am Wasser zu sorgen. Für den Wasserbezug werden zusätzlich die Rampen westlich der Autofähre zu grünen Rampen mit einem vorgelagerten Weinponton umgestaltet. Angesichts der gestalterischen und funktionalen Dominanz der Freitreppe bedarf es aber nicht dieser Zutaten, die überdies wasserwirtschaftlich und funktional kritisch beurteilt werden. Ähnliche Fragwürdigkeiten werfen im Bereich der Georg-Francke-Anlage die Ufergestaltungen mit Sandbänken als Rheinstrand auf. Das Baden ist hier nicht möglich und die vorgeschlagene Gestaltung dadurch nicht realisierbar. Ansonsten erfährt die Georg-Francke-Anlage, die gestalterisch bis an die Alte Burg herangeführt wird, nur dezente Eingriffe und eine wohltuende Fassung mit einer kleinen Baumreihe gegenüber dem Straßenraum. Der Brunnen bleibt erhalten. Weniger dezent ist der spektakulär anmutende Bau des neuen Pavillons, der aber für die Anlage zu raumgreifend ist.


Der Entwurf zeigt insgesamt ein plausibles Gesamtkonzept, fokussiert sich auf die Mitte des Raumes, weist aber in den anderen Räumen einige Fragezeichen auf, die jedoch angesichts der prägnant gestalteten Mitte der Promenade etwas in den Hintergrund gerückt werden können. Die Welterbeverträglichkeit wird angesichts des starken Eingriffs in die Ufermauer sowie der Anordnung des stark prägenden Bühnenbaus kritisch beurteilt.

Boppard am Rhein

Boppard am Rhein

Ausgeprägte Gliederung in urbane und park-artige Abschnitte mit jeweils besonderen Highlights

Ausgeprägte Gliederung in urbane und park-artige Abschnitte mit jeweils besonderen Highlights

Die sensibel angepasste Rheinallee ermöglicht autofreies Flanieren und Gastronomie unterm markanten Baumdach.

Die sensibel angepasste Rheinallee ermöglicht autofreies Flanieren und Gastronomie unterm markanten Baumdach.

Entwurfsanliegen

Entwurfsanliegen

Lageplan urbane Mitte Boppards

Lageplan urbane Mitte Boppards

Schnitt Karmeliterplatz und Rheintreppe

Schnitt Karmeliterplatz und Rheintreppe

Detail Rheintreppe mit seitlicher Rampe zum Uferplateau

Detail Rheintreppe mit seitlicher Rampe zum Uferplateau

Schnitt Rheinpromenade mit grünem Balkon und Wein-Deck

Schnitt Rheinpromenade mit grünem Balkon und Wein-Deck

Detail Rheinpromenade

Detail Rheinpromenade

Schnitt durch den Bürgerpark mit Musik-Pavillon aus textiler Architektur

Schnitt durch den Bürgerpark mit Musik-Pavillon aus textiler Architektur