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Realisierungswettbewerb | 06/2021

»Neues Eickhaus« in Essen

Perspektive Willy-Brandt-Platzz

Perspektive Willy-Brandt-Platzz

2. Preis

Preisgeld: 30.000

LH Architekten Landwehr Henke + Partner mbB

Architektur

WETZEL & VON SEHT

Tragwerksplanung

Corall Ingenieure GmbH

Brandschutzplanung

BDKplan Ingenieursgesellschaft mbH

TGA-Fachplanung

Drees & Sommer AG

Fassadenplanung

dreidesign

Visualisierung

Erläuterungstext

Erläuterungsbericht


Ein neues Dach für das Eickhaus

Grundlage unserer Entwurfsentwicklung ist die Betrachtung des Baudenkmals und seiner Qualitäten und Besonderheiten. Es ist von einer sehr wertigen Natursteinfassade gekennzeichnet. Die horizontale Gliederung der Sockel und aufgehenden Zonen sowie die einzelnen Bauteile „Kopfbau“,  „Langbau“ und Derendorfhaus bilden ein vielfältiges, und durch die fast opulente, plastische Detaillierung des Natursteins signifikantes Gesamtwerk aus. Das außergewöhnlich geformte Pagodendach des Ursprungsbaus unterstrich diesen Charakter und bildete den kraftvollen und eigenständigen Abschluss des Hauses in bester Essener Innenstadtlage. Das Haus besitzt insofern bereits eine herausragende Qualität die durch unsere Weiterentwicklung nicht konterkariert sondern sinnfällig und qualitätvoll „weitergebaut“ wird. 

Dabei liegt ein gestalterischer Focus auf dem Erhalt der Typologie „Haus mit Dach“, in der das Dach als eigenständige Figur das Haus bekrönt und abschließt und der solitärhaften und exponierten Lage gerecht wird. Die neuen Geschosse sind durch horizontale Gesimse und halbrunde Stützelemente strukturiert, die die Bestandsfassaden in ihrer Plastizität und Farbigkeit fortschreiben. Die geschoßhohe Verglasung schafft im Gegensatz dazu große Transparenz und Offenheit, kontrastiert den massiven Bestandsbau und macht die Funktion als zeitgemäßes Bürohaus lesbar.


Nachhaltigkeit

Ein wesentliches Ziel in der Konzeption des Hauses muß die Nachhaltigkeit und damit die Vermeidung von CO2-Emissionen durch den Bauprozess selber sein. Vor diesem Hintergrund ist das Tragwerk des Hauses so konzeptioniert, das die gewählte Stützenstellung eine Deckendicke von nur 22 cm ermöglicht und damit das Gesamtgewicht minimiert. Alternierend hierzu kann eine Konstruktion aus „Gradientenbeton“ untersucht werden. In beiden Fällen entsteht eine erhebliche Einsparung der kritischen Emissionen bei der Herstellung des Betons. Zusätzlich sollte ein CEM III Beton mit recycelten Zuschlagstoffen zur Ausführung kommen um den Emissionswert zu minimieren. Darüber hinaus haben wir durch den gewährleisteten horizontalen Brandüberschlag im Fassadenkonzept die Herstellung, den Betrieb und den Unterhalt einer Sprinkleranlage vermieden. 

Die Fassaden sind aus trennbaren Einzelmaterialen (keine Verbundmaterialen) aus Keramik, Glas und Aluminium mit mineralischen Dämmstoffen zu Elementen gefügt und ermöglichen so einen sortengerechten, recyclierbaren Rückbau. Der Einbau von Gründächern und unterstützenden PV-Elementen sowie eine reduzierte Haustechnik und die Möglichkeit zur natürlichen Be- und Entlüftung der Arbeitsplätze unterstützen das Nachhaltigkeitskonzept des Hauses.


Handelsflächen

Die erdgeschossigen Handelsflächen sind durch die Lage des Erschließungskernes eindeutig in die frequentierten Lagen an der Kettwiger Straße und zum Willy-Brandt-Platz orientiert. Großzügige Zugänge und Schaufenster mit Markisen prägen die Einkaufswelt. Erd- und Obergeschoß können mit Lufträumen, Fahr- oder Freitreppen verbunden werden. Ein Korridor im 1. Obergeschoß, der als Anlieferungsachse dient, verbindet alle Teilflächen mit den beiden baulichen Rettungswegen und ermöglicht so alle zukünftig gewünschten Ladenaufteilungen. Sowohl eine große als auch zahlreiche kleine Laden- und Verkaufsszenarien lassen sich insofern brandschutzrechtlich und logistisch flexibel weiterzuentwickeln. Die Anlieferung erfolgt über einen Zugang in der Rathenaustraße und einen hier gelegenen Erschließungskern mit Lastenfahrstühlen, die die erd- und obergeschossigen Verkaufsflächen mit den Lagerflächen im Untergeschoß verbinden. Die Geschoßhöhen werden auf dem Bestandsniveau angelegt. Ein Fahrstuhl dient der Personenbeförderung zwischen Erd- und 1. Obergeschoß.


Büroflächen

Die Büroflächen werden über ein repräsentatives Foyer im Erdgeschoß erschlossen. Das Foyer befindet sich an zentraler Stelle in der Rathenaustraße und wird von Vordächern gekennzeichnet, die den Namen des Hauses tragen. Die Struktur des Foyers bindet das denkmalgeschützte Treppenhaus räumlich ein, ist von einem zweigeschossigen Luftraum geprägt und leitet elegant in den Aufzugsbereich, der die oberen Geschosse erschließt. Mit der „Durchladefähigkeit“ des Feuerwehrfahrstuhls kann der Brandangriff des Hauses durch einen Zugang vom Fluchttreppenhaus abgewickelt werden, das Foyer insofern voll ausgestattet und von Besuchern und Empfangspersonal belebt und genutzt werden. Alle dem Empfang dienenden zentralen Sonderfunktionen (Behinderten WC, Gepäckaufbewahrung, Backoffice etc.) können hier im Erdgeschoß lokalisiert werden. Zusätzlich sind im Untergeschoß Fahrradräume und Duschen installiert und an das Haupttreppenhaus angebunden.  

Die Büroflächen sind von großzügig verglasten, voll flexiblen Strukturen geprägt, die im Raster von ca. 1,45m konzeptioniert sind. Im umlaufenden Fassadenbereich sind reine Hauptnutzflächen für Arbeitsplätze vorgesehen. Die innenliegenden Flächen dienen den Nebennutzflächen wie Bädern, Teeküchen, Archiven, Server- und sonstigen Nebenräumen. Die Grundrisskonfiguartion legt eine Nutzung durch vorzugsweise zwei Mieteinheiten nahe, wobei eine der beiden Mieteinheiten aus zwei brandschutzrechtlichen Nutzungseinheiten besteht. Selbstverständlich kann die Nutzung durch nur einen Mieter pro Ebene umlaufend dargestellt werden ohne dabei den Aufzugsvorraum queren zu müssen. Es sind bis zu drei autark funktionierende Mietungen pro Ebene darstellbar. 


Mitarbeiter*innen:

Anja Widderich, Gabriela Acevedo, Aylin Güney, Laura Trispel




Beurteilung durch das Preisgericht

Der Beitrag überzeugt durch seine klare Konzeption mit einem starken Bezug des Neubauteils auf das historische Eickhaus. Bei der Entwurfsidee liegt der Schwerpunkt auf dem Erhalt der Typologie „Haus mit Dach“. Durch die etagenweise Abstaffelung des Neubauteils wird die eigenständige Figur des „Daches“ erreicht, welche die Verbindung zwischen alt und neu positiv unterstreicht.

Das regelmäßiges Raster der Neubaufassade im Wechsel zwischen verglasten und geschlossenen Bereichen und den verglast ausgebildeten Ecksituationen wirken harmonisch und trennen optisch den historischen Teil vom neuen Aufbau. Die Gestaltung der Ecke Kettwiger Straße / Kapuziner Gasse ist gut gelungen und bietet im Erdgeschoss eine attraktive Adresse für ein neues Ladenlokal. Die Gesamtgestaltung ist aus denkmalpflegerischer Sicht weitgehend respektvoll und eigenständig, ohne das Denkmal negativ zu beeinträchtigen.

Die Erschließungsbereiche und das Foyer im Bereich der Rathenaustraße sind ebenso funktional wie die Anordnung der Nebenflächen und die flexible Grundrissgestaltung in den unterschiedlichen Geschossen. Die Radabstellmöglichkeiten mit separaten Duschen und Sanitärbereich erfüllen die Anforderungen an moderne Mobilitätskonzepte der Nutzer.

Positiv zu werten ist, dass der Entwurf realitätsnah auch auf den Dachflächen Bereiche für technische Anlagen vorsieht und gestalterisch durch die zentrale Anordnung und durch entsprechende Vertiefungen vorausschauend integriert.

Eine Gastronomie ist in den Planungen nicht explizit vorgesehen, die Grundrissgestaltung lässt eine gastronomische Nutzung jedoch in der weiteren Ausarbeitung zu. Unter ökonomischen und aus ökologischen Aspekten erfüllt der Entwurf die gestellten Anforderungen.

Im Ergebnis zeigt der Beitrag einen Entwurf, der alt und neu in besonderer Art und Weise harmonisch verbindet. Die Staffelung des Neubaus führt jedoch auch dazu, dass die Kubatur etwas an Klarheit verliert und der Gesamtauftritt zum Willy-Brandt-Platz nicht vollständig zu überzeugen weiß. Dem Gebäude mangelt es hier etwas an Kraft und Selbstbewusstsein. Ebenso zeigt die Ansicht von der Limbecker Straße, dass das Verhältnis von Kopfbau zu Langbau vom historischen Vorbild abweicht. In Verbindung mit der Baukörperstaffelung im Norden erscheint diese Lösung somit nicht vollumfänglich zu überzeugen.

Perspektive Kettwiger Straße

Perspektive Kettwiger Straße

Vogelperspektive

Vogelperspektive

Präsentationsplan 1

Präsentationsplan 1

Präsentationsplan 2

Präsentationsplan 2