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Offener Wettbewerb | 03/2022

Neugestaltung Spitzgarten auf der Klosterinsel Rheinau (CH)

Projekt «ZEITREISE»

Projekt «ZEITREISE»

3. Rang / 3. Preis

Preisgeld: 12.500 CHF

Franz Reschke Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

Anselm von Held | Tageslichtstudien | Kunstlichtplanung | Lichtsimulationen

Lichtplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Mit dem Vorschlag unter dem Titel «ZEITREISE» verweist das Team auf die jahrhundertalte Geschichte der Insel und strebt konsequent eine behutsame Weiterentwicklung aus dem Bestand an.

 

Ausgehend von der Zugangsbrücke führt die Inselpromenade mehr oder weniger entlang des heutigen Wegverlaufs in einem leichten Bogen über drei besondere Orte zum Spitzgarten. Zunächst öffnet sich der Blick auf den Klosterhof und das Portal der Klosterkirche, dann wendet sich der Blick nahe am Fluss zum Nordufer, um beim Rundturm sich einerseits dem Zugang zum Spitzgarten zuzuwenden und gleichzeitig den Blick nach Nordosten zur Flussbiegung freizugeben. Die Uferzone ausserhalb der Mauern wird weitgehend belassen, als extensive Wiese bewirtschaftet und der Baumbestand wird übernommen. Die Inselpromenade ist mit Naturstein gepflastert, eine seitliche Plattenreihe soll eine bequeme Rollstuhlgängigkeit garantieren. Der östliche Eingangsplatz wirkt nordexponiert eher unwirtlich, der breite Zugang nicht unbedingt nötig. Ein schmalerer Weg mit einem eher auf den naturnahen Flussraum bezogenen Aufenthaltsort könnte diesem Ort eine speziellere Note verleihen. Die fast städtisch anmutende Belagswahl und Gestaltung wirkt für den Ort etwas fremd und führt zu einer Auflösung der noch spürbaren Grenzen des inneren Klostergartens zu seinem naturnahen Umfeld. Mit der Empfehlung, die Parkplätze auf der Klosterinsel langfristig aufzuheben, schlägt das Team als mögliche Zwischenlösung einen Parkplatzstandort in die Böschung integriert nördlich der Kirche vor.

 

Im Spitzgarten werden analog zum Bestand drei unterschiedliche Bereiche herausgearbeitet. Nahe beim Kloster findet sich ein kleinteiliger «Küchengarten» mit vielseitiger Staudenbepflanzung, alten Obstsorten und kleinen Rückzugsnischen. Südlich davon schliesst vor dem Haus der Stille ein gut dimensionierter Platz mit flexibler Nutzung z. B. für kleinere Feste oder einen Markt an. Allerdings sollte der – trockenheitsanfällige – Mammutbaum weiterhin einen begrünten Wurzelraum haben und in der Wiese stehen bleiben können. Der mittlere Gartenbereich wird als offene Wiese mit lichtem Baumbestand räumlich grosszügig gestaltet, der Spitzgarten damit gemäss den Verfassenden als gerahmtes Ensemble vielfältiger Räume erlebbar gemacht. Die Kastanienallee im Osten wird vom bestehenden Mobiliar befreit und zurückhaltend neu möbliert. Der Garten des Hauses der Stille wird mit einer Rosenhecke gefasst und schlüssig in sein Umfeld eingebettet. Drei Brunnen unterstreichen den jeweiligen Charakter der Räume. Einheitlich gestaltete, chaussierte Wege mit rollstuhlgängigem Pflasterband führen rund um die offene Mitte. Die Belagswahl wirkt allerdings ebenso wie die Wiesenkanten aus zwei Reihen Natursteinplatten und die Beeteinfassungen im Kräutergarten überinstrumentiert. Mit Inschriften zur Geschichte versehene Plattenwege zeigen Sichtbezüge und historischen Kontext auf und schaffen ergänzt durch Rasenwege ein feines Nebenwegnetz.

 

Das Freispielen der mittigen Wiese bewirkt zwar eine neue, wohltuende Grosszügigkeit. Unterschiedliche Atmosphären laden in den üppig bepflanzten Randbereichen zum Entdecken und Verweilen ein, in der offenen Mitte mit ihrem Gebrauchsrasen kann man auch spielen, in der Sonne liegen oder picknicken. Andererseits schafft der Entwurf trotz aller Neuerungen weder räumlich noch angebotsmässig wesentliche Mehrwerte, sondern bleibt pragmatisch sehr nahe am Bestand und zementiert gleichsam die heutige Fragmentierung.

 

Mit der extensiv bewirtschafteten Wiese am Nordufer, Wildrosen (Hecke und Spalier), Obstbäumen und Stauden wird die Biodiversität vor allem in den Randbereichen gefördert. Die mittige Wiese wird – infolge der erwarteten Nutzungen – als entsprechend häufig gemähter Gebrauchsrasen gepflegt. Eine mindestens teilweise Ausbildung als extensiv genutzte Blumenwiese wäre hier sicher prüfenswert. Positiv ist zu werten, dass alle Bestandsbäume erhalten und mit unterschiedlichen Neupflanzungen ergänzt werden. Begrüssenswert sind die sorgfältigen Überlegungen zur Behindertengängigkeit und zur insektenfreundlichen Beleuchtung.

 

Der sorgfältige und detailliert ausgearbeitete Vorschlag besticht durch einen behutsamen Umgang mit dem Bestand. Andererseits wirkt er mit seiner pragmatischen Haltung leider unentschieden und bietet keine wesentliche Weiterentwicklung dieses heute stark fragmentierten Ortes.

Projekt «ZEITREISE»

Projekt «ZEITREISE»