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Award / Auszeichnung | 04/2022

Otto-Borst-Preis 2022

Das Volkstheater bildet einen Schwerpunkt im sich entwickelnden Quartier

Das Volkstheater bildet einen Schwerpunkt im sich entwickelnden Quartier

Münchner Volkstheater

DE-80337 München

Anerkennung / Kategorie "Stadtbaustein"

LRO GmbH & Co. KG

Architektur

Georg Reisch GmbH & Co. KG

Bauunternehmen

Landeshauptstadt München

Bauherren

itv Ingenieurgesellschaft für Theater- und Veranstaltungstechnik mbH

sonstige Fachplanung, Bauingenieurwesen

SSF Ingenieure AG

Bauingenieurwesen, Tragwerksplanung, Projektsteuerung

K+P Kaufer+Passer GMBH & CO.KG

TGA-Fachplanung

Ingenieurbüro Werner Schwarz GmbH

Sonstige, Lichtplanung, TGA-Fachplanung

IFB Sorge

Immissionsschutzplanung, Bauingenieurwesen, Bauphysik

Pfaller Ingenieure GmbH & Co.KG

Bauingenieurwesen, Tragwerksplanung, Projektsteuerung

IB Oelmaier

Brandschutzplanung

Göppel Strittmatter Halling Gesellschaft von Architekten mbH

Architektur

Roland Halbe

Fotografie

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Kultur-, Veranstaltungsgebäude

  • Projektgröße:

    30.134m² (geschätzt)

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2018
    Fertigstellung: 10/2021

Projektbeschreibung

Der Neubau des Münchner Volkstheaters ging aus einem europaweiten Verfahren hervor, das die Stadt München ausgeschrieben hatte. Dank der bereits in der Vergangenheit bei mehreren Projekten bewährten Zusammenarbeit konnte die Georg Reisch GmbH & Co. KG im Team mit ihren Fachplanern und den Architekten von LRO Lederer Ragnarsdóttir Oei das Verfahren für sich entscheiden.
Die Planung für einen Theaterbau hat es in sich. Auf der einen Seite verlangt die Aufgabe nach ausgezeichneter Architektur, handelt es sich doch um ein Gebäude, mit dem die öffentliche Hand zeigt, was sie unter Baukultur versteht. Auf der anderen Seite bezieht sich der vorwiegend repräsentative Anspruch auf die Wirkung im Stadtraum, auf das Foyer und, mit leichten Einschränkungen, auch auf die Zuschauerräume. Bei Letzteren haben die technischen Bedingungen von Akustik und Lichttechnik einen großen Einfluss auf die Raumgestaltung. Der Bühnenvorhang bildet dabei die Grenze zwischen jenen Räumen, die eine besondere ästhetische Herausforderung darstellen, und jenen, die wegen ihrer Funktionszusammenhänge – verbunden mit ihren extremen technischen Bedingungen – eine ganz andere Herangehensweise erfordern. Während der kleinere Teil dem Publikum gefallen muss, dient der rückwärtige, viel größere Bereich eines Theaters der Produktion und dem Aufführungsbetrieb.
Das Gebäude befindet sich auf dem Gelände des ehemaligen Schlacht- und Viehhofs der Stadt München. Zudem war ein Gebäudeflügel des denkmalgeschützten Bestands in das Projekt zu integrieren. Der Neubau sollte genügend repräsentativ sein, andererseits aber auch von der Geschichte des Ortes berichten. Insgesamt entsteht nun auf dem etwa 50 Hektar messenden Areal des alten Viehhofs ein neues Stadtquartier mit Wohnbauten, Infrastruktureinrichtungen und Projekten für Bildung und Kultur. Das Volkstheater bildet dabei, allein durch seine Größe, einen Schwerpunkt und schließt das Gelände nach Westen zur dicht bebauten Nachbarschaft hin ab.
Münchner Volkstheater und Schlachthof: Was bedeutet das für die Erscheinung der Kultureinrichtung? Noch sind Teile des Schlachthofes nördlich des Grundstückes in Betrieb. Ziegel prägen das Bild der Bestandsbauten – eine Industriearchitektur, die sich aus historisierenden Resten aus den 1920er Jahren und demgegenüber glatten, großflächigen Nachkriegsbauten zusammensetzt. Es war naheliegend, das Material Ziegel für die Gebäudehülle des Neubaus zu verwenden.
Zwischen dem Altbau, einem schmalen Gebäuderiegel an der Nordseite des Grundstücks, und dem neuen Foyer ist ein Hof positioniert, der sich mit einem großen Bogen zur Straße hin öffnet. Der Torbogen verbindet Alt- und Neubau. Gegenüber öffnet sich die Fassade des Neubaus mit seinem Haupteingang. Im anschließenden Hofbereich befinden sich Bänke und Tische für die Gäste des Theaterrestaurants, das ebenfalls von dort aus zugänglich ist.
Da in den Sommermonaten die Bäume auf dem kleinen Platz die Einsehbarkeit der Theaterzugänge beeinträchtigen, gibt es an der Schnittstelle zwischen Torbogen und Neubau eine Stele, die auch als Zeichen im Stadtraum auf die hinter den bescheidenen Altbauten liegende Theaternutzung hinweist. Die Werkstätten liegen an der Tumblingerstraße und bieten Passanten Einblicke hinter die Kulissen des Theaterbetriebs.
Die Plastizität des Baukörpers und seine Höhenstaffelung ergibt sich aus den funktionellen Bedingungen. Die gebäudetechnischen Anlagen, die rückspringend die nächst höhere Schicht bilden, sind entlang der thermischen Hülle mit einer gefalteten Gitterkonstruktion aus feinen Metallstäben umhüllt. Der Bühnenturm erhielt eine semi-transparente Membranfassade.
Das Foyer wie auch der Windfang und die gastronomische Einrichtung erhalten großzügige Glasfassaden, die im Sommer zum Hof hin ganz geöffnet werden können. Aus der Form des Grundstücks ergibt sich der längliche Zuschnitt des Foyers, das mit seiner markanten Farbgebung ins Auge sticht. Der Bereich für Anlieferung, Werkstätten und Lagerräume sowie die Bühnenbereiche beanspruchen den südlichen Teil des Baufensters, dazwischen liegen der Zuschauerraum für 600 und die zweite Spielstätte für 200 Personen. Die Verwaltungsspange bildet die Ostseite des Gebäudes und ist mit den Altbauten verbunden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Ein weiteres bedeutendes und mit Spannung erwartetes Kulturprojekt der Stadt München konnte nach längerem Interimszustand im Zusammenhang mit der Konversion des Schlacht- und Viehhof-Areals – und somit an einem weiteren innerstädtischen Standort – verwirklicht werden. Das 50 ha große freigewordene Gelände bot darüber hinaus die wertvolle Chance zusätzlicher Besiedelung und damit auch eine Aufwertung des Quartiers. Der Bau des Volkstheaters sollte dabei den Schwerpunkt bilden. 


Die Realisierung des Neubaus des Volkstheaters wurde über den Weg eines GeneralübernehmerBieterverfahrens mit Architektenbeteiligung gesucht, um neben einer optimalen architektonischen Lösung auch die wirtschaftliche Seite, Kosten- und Terminsicherheit mit zuverlässigen Partnern, zu gewährleisten. Der Ausschreibung (Beschreibung der Bauaufgabe) der Stadt München ging eine umfangreiche Bedarfsanalyse und Projektdefinition voraus. Ein Verfahren, das nach Angaben der Architekten keine Einschränkung, sondern ein dem klassischen Architekturwettbewerb vergleichbares Vorgehen darstellt. Auf dem im ersten Ansatz freiwerdenden Teil des gewerblichen Areals wurde der Standort für das Theaterprojekt definiert, denkmalgeschützte Gebäude aus den 1920er Jahren waren ebenfalls zu berücksichtigen und auch zu integrieren.  


Die Architekten entwarfen mit diesen Vorgaben und Bindungen einen Theaterbau, dem Genre entsprechend mit verschieden großen Bespielmöglichkeiten und einem inspirierenden Foyer; der Theaterzugang erfolgt seitlich über einen geschützten Innenhof. Mit wenigen symbolhaften Elementen sowie einem eher zurückhaltenden Eingang wird auch die Integration mit den zu erhaltenden Gebäuden gelöst. Dennoch galt es auch, den repräsentativen Anspruch im Inneren, also vornehmlich im Foyer und in den Zuschauerräumen, nachzukommen. Die hinter dem Bühnenvorhang liegenden Räume benötigen wegen ihrer funktionalen Ansprüche eine besondere technisch geprägte Ausformung, die das Gelingen der Aufführungen erst ermöglichen. Die durch Bühne und Bühnentechnik notwendigen höheren Baukörper werden teils mit einer hellen thermischen Hülle und einer semitransparenten Membranfassade ausgestattet, die der Baumasse eine Zurückhaltung in der Wahrnehmung und Außenwirkung verleihen. Durch die Materialkontraste der hellen Oberflächen der Gebäudeaufbauten zum Ziegel der unteren Gebäudezonen und die beiden die Sockelgeschosse betonenden umlaufenden Gesimse tritt der Komplex teilweise als nur eingeschossiger Sockelbau mit untergeordneten Aufbauten in Erscheinung.  


Eingangsbereich, Foyer und gastronomischer Bereich erhalten zum Hof über eine großzügig dimensionierte Glasfront eine wichtige Außenbeziehung, die den denkmalgeschützten Bestand gegenüber inszeniert. Die Wahrnehmung des Theaterbaus von den Straßenseiten orientiert sich an den vorangegangenen Gewerbebauten und deren Architekturen, vornehmlich in Ziegelbauweise, die in klarer Form und Gliederung ruhige Straßenfronten bilden, hinter denen sich in schlichter Form und Anpassung der Materialien ein eindrucksvoller Kulturbau zeigt. Die dezente Formensprache der in die Gesimsrahmen eingebundenen plastischen Elemente der Treppentürme oder der gereihten Erker am Bühnenturm sowie der theatralischen Geste des Torbogens zum Hof spielt selbst ein robustes „Volkstheater“ im sich wandelnden Stadtraum. Dieses Haus erzählt von der Vergangenheit des Orts und vom Entwurf eines lebendigen Zukunftsquartiers, das kreatives Miteinander fördert. 


Bei der außergewöhnlichen Gesamterscheinung des Volkstheaters, das als eine dezente Architecture parlante Rückbesinnung auf das Einfache erkennen lässt, wird auch das Fehlen einer traditionell geprägten Außenwirkung verständlich; in zeitgemäßer Form wird der Standort markiert: Das Einfache ist das Selbstverständliche. Somit ist den Architekten mit den Besonderheiten dieses Standortes und der langen, eher vom Bewahren geprägten Bautradition in München ein weiterer außergewöhnlicher und individueller Kulturbaustein gelungen, der darüber hinaus beispielhaft sein kann für die weitere Quartiersentwicklung und auch für die Baukultur selbst. 

Aus der Ferne zeigen sich zunächst die leichten Bekleidungen des Bühnenturms mit Streckmetall und mit semi-transparenter Membran

Aus der Ferne zeigen sich zunächst die leichten Bekleidungen des Bühnenturms mit Streckmetall und mit semi-transparenter Membran

In Richtung der Bahngleise zeigt der Trakt mit Werkstätten und Anlieferung ein industrielle Anmutung

In Richtung der Bahngleise zeigt der Trakt mit Werkstätten und Anlieferung ein industrielle Anmutung

Der handwerklich gemauerte Bogen verbindet Alt und Neu. Er führt in den Hof zum Eingang und weiter zum behaglichen Gastronomiebereich

Der handwerklich gemauerte Bogen verbindet Alt und Neu. Er führt in den Hof zum Eingang und weiter zum behaglichen Gastronomiebereich

"Goethe-Farben" im langgestreckten Foyer, das von einer Holzbank hinter der Stützenreihe begleitet wird

"Goethe-Farben" im langgestreckten Foyer, das von einer Holzbank hinter der Stützenreihe begleitet wird

Formen, Farben und räumliche Strukturen wecken die Sinne und bereiten auf die Theaterperfomances vor

Formen, Farben und räumliche Strukturen wecken die Sinne und bereiten auf die Theaterperfomances vor

klarer Fokus auf der Bühne: neutrale Gestaltung im Zuschauersaal

klarer Fokus auf der Bühne: neutrale Gestaltung im Zuschauersaal

Wandleuchten aus simplen Blumentöpfen spenden warmes Licht

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