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Einladungswettbewerb | 10/2021

Wohnquartier Südstadt in Greifswald

Neue Siedlung Südstadt

Neue Siedlung Südstadt

1. Preis

Preisgeld: 20.000 EUR

IPROconsult GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Das Planungsgebiet in der Greifswalder Südstadt ist Teil einer Siedlung der 60er Jahre, die in ihrer Typologie den Ideen der Charta von Athen folgt. Die These der "funktionalen Stadt" wurde zur gebauten Umwelt, viele ihrer Prinzipien wurden inzwischen als kritisch erkannt. Mit dem Wunsch der Ausloberin nach einem lebendigen und sozial durchmischten Wohnquartier werden die Defizite der klassischen Siedlung  offensichtlich. Die Aufgabe wirft die Frage auf, wie wir künftig zusammenleben wollen und was es braucht, um aus einer Siedlung ein Zuhause werden zu lassen.
Im Gegensatz zur Stringenz der klassischen Siedlung schlagen wir eine neue, zeitgemäße Siedlung vor, deren Lebendigkeit schon in ihrer städtebaulichen Struktur sichtbar wird. Die Baukörper von „Schlange“, „Knick“ und „Punkt“ stehen für räumliche Vielfalt, Transparenz und Individualität. Gemeinsam bilden sie das in der Auslobung gewünschte Modul, mit dem die Idee der „Stadtlandschaft“ im gesamten Betrachtungsgebiet weiterentwickelt und als "Neue Siedlung Südstadt" zeitgemäß interpretiert wird.

Beurteilung durch das Preisgericht

Den Entwurfsverfasser*innen gelingt es mit seinem Entwurf die umliegenden städtebaulichen Strukturen aufzubrechen und der insgesamt derzeit vorherrschenden Monotonie zu begegnen. Die Gebäudetypen „Knick“ und „Punkt“ fügen sich mit Ihrer städtebaulichen Luftigkeit in das hier vorgesehene Baufeld sehr gelungen ein und bilden den Auftakt für eine städtebauliche Weiterentwicklung in die angrenzenden Bereiche hinein. Als positiv ist der von den Verfassenden gewählte Knick im nord-süd ausgerichteten Gebäude hervorzuheben, der zu einer positiven Unterbrechung und optischen Verkürzung des Baukörpers führt.
Mit Blick auf die vorgeschlagene städtebauliche Struktur und das Maß der baulichen Nutzung erscheint eine planungsrechtliche Bewertung des Vorhabens im Rahmen des § 34 BauGB als grundsätzlich möglich.
Der vorgeschlagene Baukörper „Schlange“ schafft trotz der vorgesehenen Durchgänge eine starke Barriere zu den nördlich angrenzenden Wohnbereichen. Durch die bloße Wiederholung des Grundmoduls (Kombination der Gebäudetypen „Knick“ und „Punkt“) entsteht kein erkennbarer städtebaulicher Mehrwert. Diese hier vorgeschlagene städtebauliche Situation bedarf daher einer zwingenden weiteren Überarbeitung. Gleichwohl besteht jedoch grundsätzlich die Möglichkeit durch eine veränderte Anordnung der vorgeschlagenen Baukörper einen interessanteren städtebaulichen Anschluss in das weitere Quartier hinein zu schaffen.
Das Konzept der Gebäude folgt der Typologie der Moderne. Durch die hier gezeigte Flexibilität der Baukörper gelingt es, äußerst interessante Freiflächen auszubilden. Durch die unterschiedlichen Geschossigkeiten der vorgeschlagenen Gebäude sind die Verfassenden in der Lage, städtebauliche Dominanten zu erzeugen und damit das Vorhabengrundstück aus der vorhandenen Gebietsstruktur herauszuheben.
Das architektonische Konzept des Gebäudetyps „Knick“ ist durchdacht und kann in der weiteren Bearbeitung der architektonischen Gestaltung als auch in seiner Nutzung weiterentwickelt werden. Der Verfasser wählt eine klassische Materialität in Form einer Massivbauweise aus Kalksandstein und Klinkerfassade. Äußerst positiv ist hervorzuheben, dass mit der Kombination von Terrassen, Loggien und Freisitzen eine sehr aufgelockerte und lebhafte Architektursprache in hoher Individualität geschaffen wird.
Mit dem Entwurf wurde das Raumprogramm erfüllt, indem Wohnfunktionen mit gewerblichen Funktionen bzw. wohnbegleitenden Funktionen miteinander verbindet. Allerdings werden die Anforderungen an Wohnungsgröße teilweise übererfüllt. Positiv zu bewerten ist die flexible Grundrissgestaltung, die zu sehr hohen Wohnqualitäten führen kann. Der Verzicht auf einen Fahrstuhl im Gebäudetyp „Knick“ und „Schlange“ ist zu überdenken und wäre bei einer Neuausrichtung zu diskutieren.
Im Entwurf werden 34 PKW-Stellplätze inkl. eines Car-Sharing-Projektes vorgesehen. Eine Übereinstimmung mit der städtischen Stellplatzsatzung bleibt offen. Der Verfasser schlägt vor ein Mobilitätskonzept für den gesamten Bereich zu erarbeiten, dass zu einer Reduzierung der PKWStellplatzzahl führen soll. Dies bleibt im Entwurf zu unbestimmt und gilt es im Weiteren zu konkretisieren. Die bisher linear im Karl-Liebknecht-Ring angeordneten Stellplätze erscheinen aufgrund der mehrfachen Zu- und Abfahrten zu den neu bebauten Grundstücken problematisch. Die ebenfalls nach städtischer Stellplatzsatzung erforderlichen Fahrradstellplätze werden mit 107 Stellplätzen erwähnt, erfüllen mit Ihrer Anordnung lediglich als Fahrradbügel im wetterungeschützten Außenbereich allerdings nicht den Anspruch einer zeitgemäßen innovativen Lösung.
Mit dem Entwurf werden die im Gebiet erfreulicherweise üppig vorhandene Grünstrukturen aufgegriffen und im Sinne einer parkartigen und äußerst durchlässigen Freiraumgestaltung weiterentwickelt. Die Anordnung eines grünen, autofreien Quartierstreffpunktes zwischen den Gebäudetypen „Punkt“ schafft einen interessanten und potenzialreichen Begegnungsplatz, der durch die zahlreichen Wegeverbindungen – auch durch das „Knick-Gebäude“ hindurch – von allen Bewohner*innen des Stadtteils gleichermaßen aufgesucht und genutzt werden kann.
Insgesamt ist festzustellen, dass der Entwurf ein großes Entwicklungspotenzial besitzt und für eine städtebauliche Neustrukturierung des Gebietes geeignet ist.  
Blick zur Schlange

Blick zur Schlange

Lageplan

Lageplan