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Studienauftrag im selektiven Verfahren | 10/2020

Neugestaltung Eingangshalle Kunst Museum Winterthur │Reinhart am Stadtgarten (CH)

Teilnahme

Barkow Leibinger

Architektur

Gerwald Rockenschaub - Künstler

Kunst

Licht Kunst Licht AG

Lichtplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Künstlerische Würdigung
Funky Minimal steht als Begriff für das künstlerische Schaffen von Gerwald Rockenschaub. Er verweist zum einen auf die coole Ästhetik der Minimal Art, die indes einen deutlichen Dreh in
Richtung Popkultur erhält. Diese Haltung prägt den Projektvorschlag des Teams Gerwald Rockenschaub und Barkow Leibinger. Dabei steht beim Projekt nicht ein Umbau im Zentrum, sondern die vorgesehenen Massnahmen legen sich als «Inlay» über den Bestand und ziehen sich vom Aussenraum vor und durch das Haus. Kunst, Design und Architektur gehen eine Symbiose ein.

Die Eingriffe orientieren sich an der Symmetrie des Gebäudes. Sichtbares Zeichen zur Stadthausstrasse ist der farbig umgestaltete Arkadenbogen mit Windfang. Seine zeitgenössische Popigkeit signalisiert zugleich, dass sich der historische Musentempel der Gegenwart öffnet. Gleiches gilt für die beiden rückwärtig symmetrisch angelegten Rampen im selben Magenta-Farbton. Das starke Signal des Aufbruchs nimmt der im Zentrum der Halle erhöhte Boden mit seinem kräftigen Blau konsequent auf. Er verbindet die Eingriffe vor und hinter dem Gebäude. Die dem Bestand vorgestellten Wände hingegen bleiben weiss und werden mit wenigen kräftigen Buchstaben – L, M, E, S – bespielt, die dem Museum ein eigene Signaletik verleihen sollen: Lobby, Museum, Elevator, Shop. Den drei Raumkompartimenten in der Querrichtung der Halle werden drei Elemente zugeordnet: Kreis, Quadrat, Rechteck, verbunden mit den Funktionen von Kasse, Shop und TeeEcke. Den Korridor zum Lift bespielt eine leuchtende Wandmalerei.

Die Qualitäten des Entwurfs liegt aus Sicht des Beurteilungsgremiums in der unverwechselbaren Sprache, die vor allem im Aussenraum ihre grosse Stärke entfaltet und mit wenigen, gezielt eingesetzten Massnahmen ein deutliches Signal der Öffnung sendet. Der Innenraum hingegen wird kritischer gewürdigt, insbesondere die Signaletik mittels Buchstaben, die deutlich weniger
selbstverständlich und zwingend erscheint. Diskutiert wird auch die tendenziell eher kurze Halbwertszeit der visuellen Eingriffe im Innern, die an den Auftritt eines Kunstvereins, weniger indes an den eines Museums denken lassen. Problematisch erscheint insbesondere die Möblierung, die mit ihren zu grossen Volumen den Raum zu stark besetzt und als zu starr empfunden wird, als dass sie den unterschiedlichen Nutzungen im täglichen Betrieb gerecht werden könnte.

Architektonische Würdigung

Konzeptidee, Aussenwirkung
Der Eingriff schlägt mit einem «Inlay» die Überlagerung der historischen Bausubstanz mit einer neuen zeitgenössischen Schicht vor. Diese Schicht wird als Leichtbaukonstruktion in den Bestand eingelegt mit dem Ziel, eine Synthese von Alt und Neu zu schaffen. Die baulichen Eingriffe sind somit reversibel und vermitteln einen temporären Charakter. Mit einem pinkfarbenen Windfang, der den Portikus erleuchtet, und einer ebenfalls in Pink gehaltenen Rampenanlage zur Stadtgartenseite wird ein kräftiges und überzeugendes Signal nach aussen gesetzt.

Architektonische Qualität
Die grosse Qualität des Vorschlags liegt in seiner gelungenen Aussenwirkung und in der selbstverständlich wirkenden Vermittlung zwischen Strassenseite und Stadtgarten. Mit kräftigen Farbflächen wird das Gebäude im Erdgeschoss zusammengehalten und der Eingangsbereich mit einer neuen Atmosphäre aufgeladen. Ein räumlicher Bezug zu den Obergeschossen wird weder architektonisch noch gestalterisch gesucht.

Denkmalpflege
Der Eingriff vermittelt mit dem Prinzip der Addition einen zurückhaltenden Umgang mit dem Bestand. Durch das Anheben des Bodens im Eingangsbereich kann im Inneren auf Rampen verzichtet werden. Damit werden aber teils erhebliche bauliche Anpassungen an bestehenden Bauteilen wie Türen und Treppenanlagen notwendig, die im Widerspruch zur Leichtigkeit des Eingriffs stehen.

Verbindung Architektur und Kunst
Die architektonischen und gestalterischen Eingriffe gehen eine starke Verbindung ein und ermöglichen so die Einheit des «Inlays». Formensprache, Grafik und Farbigkeit sind aufeinander
abgestimmt und vermitteln das Bild des «Funky Minimal».

Innenräumliche Qualität, Funktionalität, Betriebsabläufe, Hindernisfreiheit
Die Hindernisfreiheit ist gegeben, durch das Anheben des Bodens im Eingangsbereich wird sie im Vergleich zur heutigen Situation verbessert. Die Möblierung mit den grossformatigen Einbauten in gebürstetem Chromstahl, die die Symmetrie des Bestands aufnehmen, wirkt sperrig. Die Setzung der Möbel schränkt zudem die freie Bespielbarkeit des Eingangsbereichs für unterschiedliche Anlässe erheblich ein. Es ist davon auszugehen, dass sich durch die Materialisierung des Bodens mit Epoxidharz und die Verwendung von knalligen Farben die Oberflächen schnell abnützen und damit die Kraft des Eingriffs abgeschwächt wird.