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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2021

Schulraumentwicklung in BĂŒrglen (CH)

Herbstzeitlose

1. Rang

Preisgeld: 35.000 CHF

Thomas De Geeter Architektur GmbH

Architektur

Cukrowicz Landschaften GmbH

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Situation - StÀdtebau
Das Konzept basiert auf einer zentralen Erschliessungsachse von der Friedhofstrasse bis zur neuen Doppelturnhalle. Entlang diesem Schulweg werden die erforderlichen Neubauten sukzessive aufgebaut. In der ersten Etappe soll der westlichste Neubau fĂŒr den Zyklus 1 und am östlichen Ende die Einfachturnhalle, in der zweiten Etappe die Erweiterung des Sekundarschultraktes SĂŒd zur ZusammenfĂŒhrung des Zyklus 3 sowie den Ersatz der Doppelturnhalle erstellt werden. In der dritten Etappe wird der Neubau fĂŒr den Zyklus 2 nördlich der bestehenden Spielwiese sowie das zentral platzierte GebĂ€ude mit der Schulverwaltung und den gemeinsam nutzbaren RĂ€umen wie Singsaal, Mensa und WerkstĂ€tten erstellt. 

Die Turnhallenbauten können aber unabhĂ€ngig von den anderen Etappen realisiert werden. Insgesamt werden fĂŒnf massstĂ€blich passende Einzelbauten beidseitig dieses Verbindungsweges in vertrĂ€glichen AbstĂ€nden aufgereiht. Zwischen dem in der Isometrie (Abb. 2) bezeichneten Sekundarschulhaus und MehrzweckgebĂ€ude entsteht ein ansprechender baumbestandener Schulhof. Der architektonische Zusammenhalt der Neubauten erfolgt durch die Holzfassaden mit Schindelschirm, die regelmĂ€ssige Befensterung und die bei allen Bauten vorgeschlagenen asymmetrischen SatteldĂ€cher. Die GebĂ€ude ergĂ€nzen den Schulcampus auf eine willkommene Art und binden dank den so raffiniert wie einfach angeordneten, beidseitigen EingĂ€ngen die bestehenden Bauten auf eine selbstverstĂ€ndliche Art mit ein. Kontrovers diskutiert wird die Idee, die verbleibenden abgeschrĂ€gten Seitenfassaden des SchulgebĂ€udes aus den 1990-Jahren ebenfalls mit Holzschindeln zu verkleiden. Einerseits wird die Ablesbarkeit der Entwicklung ausgeblendet, andererseits könnte die Massnahme zu einem harmonischen Ganzen fĂŒhren.

Aussenraum
Das Projekt Herbstzeitlose bietet einen differenzierten und sorgfĂ€ltig ausgearbeiteten Aussenraum, der ĂŒberraschend viele QualitĂ€ten hervorbringt. Die Verfassenden legen zwischen die Neubauten eine starke Wegachse und ergĂ€nzen mit sekundĂ€ren Wegen den Ort zu einer feingliedrigen und kleinteiligen Schulanlage. Begleitet wird das Wegenetz von kleinen PlĂ€tzen, die als Arealauftakte, Eingangsbereiche oder Schulhöfe den GebĂ€udenutzungen dienen und zugeordnet werden. So findet sich auf der Anlage ein vielfĂ€ltiges Angebot an HartplĂ€tzen fĂŒr Empfang oder Aufenthalt, angepasst an die BedĂŒrfnisse der Schulzyklen. FĂŒr den ersten Zyklus wird ein eigenstĂ€ndiger geschĂŒtzter und ĂŒbersichtlicher GrĂŒnbereich geschaffen, welcher aber fĂŒr diese Altersgruppen als klein beurteilt wird. FĂŒr die Älteren des zweiten Zyklus sind zusĂ€tzlich die Spielwiese und die SportflĂ€chen als BewegungsflĂ€chen in nĂ€chster NĂ€he vorhanden, was sich nutzungstechnisch als ideal erweist. FĂŒr den dritten Zyklus stehen vielfĂ€ltige Angebote wie beispielsweise der Schulhof zur VerfĂŒgung. Der Schulweg wird als aufgewertete Achse mit Sitzgelegenheiten unter BĂ€umen ausgestaltet. Die Aufwertung bietet zudem ZuschauerplĂ€tze bei Sportnutzungen oder dient als weitere willkommene AufenthaltsflĂ€che im Schulalltag. Insgesamt werden 52 AutoabstellplĂ€tze, aufgeteilt ĂŒber das gesamte Areal, gut in die Freiraumgestaltung eingebunden aufgezeigt. Beim Umgang mit der Friedhofstrasse und dem Schlossareal gelingt es den Verfassenden mit einem Baumkörper ein vermittelndes Element zwischen Schloss und den beiden Schulneubauten einzufĂŒgen, welcher die verschiedenen AussenrĂ€ume rĂ€umlich fassen mag. Der Baumkörper ĂŒberzeugt: Er schafft einen Auftakt vom Dorf zum Schulareal, gut proportionierte AussenrĂ€ume zur Schule und zum Schloss sowie eine gut gewĂ€hlte Blickachse vom Schlossplatz zum Schulareal. Die Bedeutung der Strasse wird mit dem Baumkörper zwar zurĂŒckgenommen, gleichzeitig mit der Alleenausbildung wieder aufgeladen. Die Parkfelder unterbrechen die beiden ineinanderfliessenden GrĂŒnrĂ€ume zusĂ€tzlich. Ob die Allee der richtige Typus ist und ob die Parkierung hier in dieser Form am richtigen Ort ist, soll bei der weiteren Bearbeitung noch einmal geprĂŒft werden. Optional schlagen die Verfassenden vor, den Schlosshof aufzuwerten. Dabei wird der Hofbereich von einer Einfahrt in zwei VorplĂ€tze zoniert und der ganze Hof mit lockerstehenden Baumpaaren durchsetzt und wieder zusammengefasst. Die Absicht den Hof mit einer Neuorganisation, Ausstattungen und mit NatursteinbelĂ€gen aufzuwerten sowie ein Gesicht geben zu wollen gelingt und wird begrĂŒsst. Dass der rĂ€umlich aufgespannte, gemeinsame Hof in Zonen eingeteilt wird, sollte noch einmal kritisch hinterfragt werden.

Zyklen - Betrieb
Das verlangte Raumprogramm wird im Grundsatz erfĂŒllt, auch wenn einige RĂ€ume in ihrer Grösse von den Vorgaben abweichen. Alle GebĂ€ude verfĂŒgen ĂŒber gedeckte und ansprechend gestaltete Eingangszonen, die grosszĂŒgig dimensioniert sind. Besonders gelungen im Sinne einer guten Organisierbarkeit und Adaptierbarkeit der Bauten sind die zentralen TreppenhĂ€user mit ihren zwei AusgĂ€ngen, welche die betrieblichen AblĂ€ufe und die rĂ€umlichen Ausrichtungen in den einzelnen Bauten so einfach wie zweckdienlich mit den verschiedenen Niveaus und Nutzungen der Umgebung verknĂŒpfen. Eine schöne, selbstverstĂ€ndliche Adressbildung und ein offener, zugĂ€nglicher Ausdruck der Bauten werden so mit einfachen, funktionalen Elementen ohne ĂŒbertriebene Gesten sichergestellt. Das Schulhaus fĂŒr den Zyklus 1 teilt die beiden Einheiten auf zwei gut organisierte Geschosse auf. Das Obergeschoss weist zusĂ€tzliche eine grosse Loggia im Sinne eines Aussenklassenzimmers auf. Beim Sekundarschulhaus wird die östliche zweigeschossige Raumschicht belassen, jedoch die Eingangs- und glasverkleidete Korridorzone ersetzt. In einer Ă€hnlichen, zeilenartigen und dreigeschossigen Raumschicht wird das Schulhaus auf der Westseite erweitert und durch zwei zwischenliegenden Treppenanlagen mit angegliederten Nasszellen erschlossen. Im Erdgeschoss sind in dieser Mittelzone zusĂ€tzlich das Lehrpersonenzimmer und die Garderoben angeordnet. Im Obergeschoss entwickelt sich im zentralen Bereich eine zweigeschossige Lernhalle, welche durch die laubengangartige Erschliessung der Schulzimmer und dem dadurch zu erwartenden, hohen LĂ€rmpegel sowie den Bewegungen der vielen SchĂŒlerinnen und SchĂŒler betrieblich so kaum nutzbar wird. Zudem werden kleinere GruppenrĂ€ume und kleine Besprechungskojen vermisst. Der Neubau von Zyklus 2 nutzt den vorhandenen GelĂ€ndesprung. Im nach Norden freiliegenden Untergeschoss werden textiles Werken und Gestalten angeordnet die beiden Obergeschosse dienen je einer Einheit. Die Unterteilung der RĂ€ume erscheint fĂŒr die Einrichtung der Lernlandschaften noch etwas zu schematisch und die gefangenen GarderobenrĂ€ume sind nochmals zu ĂŒberprĂŒfen. Das MehrzweckgebĂ€ude nutzt ebenso den GelĂ€ndeversatz und die bisherige Zufahrt von Norden, so dass die Holz- und MetallwerkstĂ€tten an fast gleichem Ort neu erstellt werden können. DarĂŒber wird der Singsaal kombiniert mit Mensa/Mittagstisch mit ebenerdigem Zugang platziert. Zusammen mit einer Veranda auf die Nordseite kann dieses Geschoss recht frei unterteilt werden. Das Dachgeschoss dient der Verwaltung, welche sich dadurch im Zentrum des Campus befindet. Die Vorstellung der Etappierungsschritte ist nachvollziehbar und richtig - sie hat lediglich den Nachteil, dass die zukĂŒnftigen RĂ€ume des MehrweckgebĂ€udes ĂŒber die Bauzeit in bestehende Bauten (Schloss oder Steinhaus) untergebracht werden mĂŒssen oder fĂŒr den Singunterricht die Mehrzweckhalle genutzt werden muss.

Sporthallen
Zur bestehenden Doppelturnhalle wird auf der Ostseite eine lĂ€ngsorientierte, ins Erdreich abgetiefte Einfachturnhalle mit hoher QualitĂ€t und guter Belichtung gesetzt. Diese öffnet sich als eingeschossige Baute auf die Nordseite. Der Hartplatz wird auf der DachflĂ€che ersetzt und liegt auf einer Ebene mit dem angrenzenden Schulweg und dem bestehenden Sportplatz. Der geschĂŒtzte Eingang erfolgt zwischen beiden Hallen auf der Nordseite. Über eine integrierte Treppe kann der Hartplatz bzw. der Schulweg erreicht werden. Die bestehende Doppelhalle kann durch eine normgerechte Halle auf dem bisherigen Untergeschoss ersetzt werden. Mit der vorgesehenen Holzkonstruktion lassen sich die statischen Anpassungen minimal halten. Hingegen ist festzustellen, dass der GerĂ€teraum nur von einer Halle zugĂ€nglich ist und somit ohne eine entsprechende Projektanpassung keinen optimalen Turnbetrieb zulĂ€sst. Die Garderoben, Technik und SchutzrĂ€ume bleiben weiterhin im Untergeschoss. Auch die Hallen verfĂŒgen ĂŒber zwei EingĂ€nge und sind sowohl von Norden wie von SĂŒden erreichbar.

Ausdruck - Gestaltung - Konstruktion
Die Entwicklung der einzelnen Etappen kann architektonisch und bautechnisch weitegehend unabhĂ€ngig voneinander vorgenommen werden. Mit Ausnahme der gemauerten Sockelpartien werden alle Bauten in Holz ausgefĂŒhrt. Mit dieser Methode kann die Bauzeit kurzgehalten, den BaulĂ€rm im Umfeld des laufenden Schulbetriebs reduziert und einen hohen Beitrag an die Nachhaltigkeit geleistet werden. Die aufgezeigte Konstruktion von Fassaden und Dach zeigt ein fachlich qualitativer Umgang mit Holzbauten. Aus brandschutztechnischer Sicht erfĂŒllen alle Bauten mit Ausnahme des Untergeschosses der Doppelturnhalle die geltenden Anforderungen. Bei diesem belassenen Untergeschoss sind die Fluchtwege zu verbessern. Die einfachen GebĂ€udestrukturen lassen eine flexible Nutzung der RĂ€ume zu, die vorgeschlagenen Raumeinteilungen entsprechen aber noch nicht in allen Teilen den pĂ€dagogischen Erwartungen und benötigen entsprechende Weiterentwicklungen. Dank der Aufteilung des gesamten Schulprogramms auf mehrere kleine GebĂ€ude bleibt ĂŒber den gesamten Schulcampus eine Ă€usserst grosse FlexibilitĂ€t fĂŒr schulische, pĂ€dagogische und bauliche Entwicklungen und VerĂ€nderungen bestehen. Auch wenn die Aufteilung auf verschiedene Einzelbauten in der Gesamtentwicklung ĂŒber alle Etappen zu höheren Baukosten fĂŒhren kann, ĂŒberwiegen die Vorteile an FlexibilitĂ€t und Adaptierbarkeit dieser kleineren Baukörper.

Allgemeiner Eindruck
Insgesamt zeigt das Konzept Herbstzeitlose einen massstĂ€blichen Umgang mit dem baulichen Schulprogramm und belĂ€sst dem Schloss BĂŒrglen und der geschĂŒtzten Mehrzweckhalle ihre markanten Erscheinungen im Schulcampus. Die einzelnen Bauten fĂŒgen sich sorgfĂ€ltig in die vorgeschlagene Erschliessungsachse ein und unterstĂŒtzen dank der architektonisch und materialmĂ€ssig abgestimmten Sprache sowie der MassstĂ€blichkeit der Baukörper die QualitĂ€t dieses einmaligen Schulstandorts. So ĂŒberraschend wie ĂŒberzeugend ist die Aufteilung des Programms in 5 kleinere Baukörper. Dies fĂŒhrt nicht nur zu stĂ€dtebaulich vertrĂ€glichen Volumen, sondern vor allem auch zu einer grossen FlexibilitĂ€t und Adaptierbarkeit des vorgeschlagenen Konzepts ĂŒber die nĂ€chsten Jahrzehnte. Somit stellt das Konzept eine ideale Reaktion auf das sehr langfristig gedachte Wettbewerbsverfahren dar. Ebenso wie die stĂ€dtebauliche Ordnung lĂ€sst auch die vorgeschlagenen Typologien, vor allem der Erschliessung der Bauten, einen grossen Spielraum bei der Weiterentwicklung und Adaptierung der Grundrisse und somit eine gute Ausgangslage fĂŒr kurz-, mittel- und langfristige Anpassungen der Bauten an sich Ă€ndernde NutzungsbedĂŒrfnisse und pĂ€dagogische Absichten. Die Freiraumgestaltung zeugt von einer hohen QualitĂ€t und EinfĂŒhlungsvermögen in die unterschiedlichen BedĂŒrfnisse der drei Schulzyklen und des sensiblen Ortes. Nicht vollstĂ€ndig befriedigen vermögen der beschrĂ€nkte Aussenraum zwischen dem Zyklus 1 und dem Zyklus 3 sowie die nur bedingt nutzbare Lernhalle. Die Fassaden sind noch etwas schematisch und könnten in der Überarbeitung noch etwas mehr eigenstĂ€ndige Raffinesse bekommen.