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Nichtoffener Realisierungswettbewerb in zwei Phasen | 09/2022

Neubau Technisches Verwaltungsgebäude Düsseldorf

3. Preis

Preisgeld: 70.000 EUR

ingenhoven associates gmbh

Architektur

Werner Sobek AG

Tragwerksplanung

Drees & Sommer Advanced Building Technologies

Energieplanung

ASSMANN BERATEN + PLANEN GmbH

TGA-Fachplanung

Görtzen Stolbrink & Partner mbB, Beratende Ingenieure für Brandschutz

Brandschutzplanung

Tropp Lighting Design

Lichtplanung

Durth Roos Consulting

Verkehrsplanung

Erläuterungstext

Der Entwurf des Technischen Verwaltungsgebäudes in Düsseldorf läutet eine neue Ära des kommunikativen Bürogebäudes ein. Transparent, grün und ehrlich in der Konstruktion. Der Cradle to Cradle Ansatz des Entwurfs erlaubt ressourcenschonendes Bauen der Zukunft. Ein Verwaltungsgebäude mit Beispielcharakter.

Der Entwurf beschreibt in seiner Großform ein modulares und flexibles Raster, welches mit Nutzungen und Gärten gefüllt ist. Er fügt sich optimal in den Stadtraum ein und vermittelt mit seinen Außenanlagen wie selbstverständlich zwischen den beiden Eingangsniveaus Moskauer Straße und IHZ Park. Im Zuge der Überarbeitung wurde die Form grundlegend überarbeitet und in nord-süd Richtung deutlich geschmälert. Davon profitiert maßgeblich die Nachbarbebauung im Norden mit einem nun deutlich vergrößerten Abstand. Zusätzlich entstand mehr Raum für Freianlagen und eine gesonderte Tiefgerageneinfahrt und Anlieferung. Über ein begrüntes Raumgitter, dem Raster und der Konstruktion des Entwurfs folgend, wird an die Nachbarbebauung mit einer „grünen Fuge“ angebaut. Hier sind neben Außenbereichen des Podiums auch die Einfahrt zur Fahrrad- als auch Tiefgarage verortet. Ein als Ideenteil verstandener Freianlagenbereich im Süden schafft eine großzügige, barrierefreie Verbindung zum überdachten Zugang der U-Bahn-Station.
Das Gebäude hat zwei Adressen und öffnet sich sowohl zum IHZ Park als auch zur Moskauer Straße. Es setzt im Sockel- und Erdgeschoss auf eine entwürfliche Verbindung zwischen den Adressen, von der mit den öffentlichen Bereichen, wie beispielsweise dem Café in zentraler Lage auch die Besucher des Quartiers profitieren. Die Moskauer Straße wird jedoch als Hauptzugang für Besucher und Mitarbeitende verstanden. Hier ist eine Vielzahl der überdachten Fahrradstellplätze gelegen und der Eingang zur Fahrradgarage über eine Rampe verortet. 

Zentraler Entwurfsgedanke des Gebäudes ist das großzügige, lichtdurchflutete Atrium, um welches sich die Funktionen sammeln. Nachbarschaften und Nutzungen verzahnen sich über Terrassen und Wintergärten miteinander und schaffen eine Vielzahl von Begegnungsräumen. Besucher und Mitarbeitende erfahren diesen gebäudehohen Raum gleichermaßen. Durch das Stadtmodell, welches sich in direkter Nachbarschaft zum Veranstaltungssaal auf gleicher Ebene befindet, sowie Ausstellungsflächen und ein Café ist dieser Raum in hohem Maße aktiviert und ein Ort der Begegnung für Bürger und Mitarbeitende. 
Über dieses Atrium gelangen Besucher der öffentlichen Flächen zu einer Freitreppe, sowie einer gesonderten, verglasten Aufzugsgruppe. Diese bedient, wie auch die Treppe, alle Geschosse vom 2. Untergeschoss bis zum 3. Obergeschoss. Die öffentlichen Nutzungen sind in den ersten vier Geschossen untergebracht. Ziel des Entwurfs ist es, eine optimale Orientierbarkeit für die Besucher zu ermöglichen und somit die öffentlichen Bereiche kompakt zu halten. Der allgemeine Beratungsbereich ist zentral am Eingang des Sockelgeschosses verortet und dient als erste Anlaufstelle für Besucher.

Die Mitarbeitenden gelangen vom EG sowie Sockelgeschoss über eine Zugangskontrolle in den großzügig gestalteten Aufzugsvorraum des Kerns. Von hier lassen sich bereits erste Bereiche wie beispielsweise die Poststelle direkt erreichen. Die Fahrradgarage sowie eine Werkstatt sind zentral und gut erreichbar von allen Seiten angeordnet und offen gestaltet. Dies motiviert die Mitarbeitenden, das Fahrrad zu benutzen. Den Mitarbeitenden stehen sechs verglaste Aufzüge im Atrium, sowie zwei zur Benutzung freigegebene Feuerwehraufzüge zur Verfügung. Diese bedienen alle Geschosse vom 2. Untergeschoss bis zum Dachgarten. Eine Separierung der Öffentlichkeiten gewährleistet maximale Orientierbarkeit im Gebäude und Sicherheit.

Das Gebäude verfügt über zwei Erschließungskerne. Diese enthalten neben den dezentralen Sonderflächen im Regelgeschoss eine kommunikative Aufzugslobby, welche als Ort des Austauschs teile der Nutzfläche ist. Die verglasten Aufzugsgruppen machen das Atrium erfahrbar und verknüpfen es gut sichtbar vertikal.
Direkt gegenüber der Lobby, an Gärten auf jedem Geschoss angrenzend lassen sich zwei Nutzungseinheiten erschließen, welche eine Nachbarschaft bilden. Die Gemeinschaftsflächen und Meetingräume sind gut erreichbar zwischen den Nachbarschaften verortet. Über Brücken, welche innerhalb der thermischen Hülle liegen, werden diese erschlossen. Gemeinschaftsflächen und Brücken über Gärten hinweg orientieren sich in das Atrium und tragen so zu dessen Aktivierung und visueller Kommunikation mit gegenüberliegenden Einheiten und benachbarten Geschossen bei. Arbeitsplätze jedoch orientieren sich ausschließlich nach außen und sind daher optimal Tagesbelichtet. Die Menge der Gärten und dessen Positionen vornehmlich an den Gemeinschaftsflächen wurden optimiert, was eine Steigerung der Effizienz des Grundrisses erlaubte.
Aus der Anforderung des Raumprogrammes heraus wurden vier Grundrisse Typen für die Büro-Regelgeschosses entworfen, welche allesamt gleiche Anforderungen bedienen, dennoch unterschiedlich in ihrer Erfahrbarkeit sind. Durch Stapelung dieser Typen ergeben sich die Gärten und es entstehen vertikale Blickbeziehungen und das Atrium wird natürlich belichtet. Insgesamt gelingt es dem Entwurf, 150% der Grundstücksgröße in Form von begrünten Terrassen und Dachgärten abzubilden. Dies leistet einen erheblichen Beitrag für nachhaltige Architektur und schafft eine Arbeitswelt mit Außenraumbezügen auf jeder Etage.

Der flexible Bürogrundriss im effizienten Achsraster erlaubt sowohl eine klassische Business Club Möblierung als auch Open Space. Die optimierte Fassade, welche als vorgefertigtes Element bereits die PV Paneele enthält, wird in das Stützenraster eingefügt. Die Ost- West- und Süd Fassade verfügt über ein opakes Brüstungselement auf Schreibtischhöhe und integriert sich somit optimal in die Bürolandschaft. In der Nordfassade ist diese Brüstung verglast ausgeführt und erlaubt maximalen Tageslichteintrag. Insgesamt hat die Fassade einen Glasanteil von 47% bei optimaler Belichtung und höchster Effizienz. Öffnungsflügel hinter einer Prallscheibe sichern den Komfort. Ein potenzieller Anschluss im 1,35m Raster an die Fassade ist gewährleistet.

Der modulare Aufbau der Fassade erlaubt durch seine Elemente ein flexibles Reagieren auf die unterschiedlichen Anforderungen innerhalb eines integralen Systems und stellt damit eine selbstverständliche Lösung dar. Die Fassadenmodule lassen sich je nach Bedingung flexibel in das konstruktive Raster des Gebäudes einsetzen. Zusammen bilden diese Fassadenlösungen gestalterisch eine Familie und reagieren auf alle an sie gestellten Anforderungen.

Der Entwurf verfolgt das Prinzip des Cradle to Cradle. Stützen sowie Balken aus Fertigbetonteilen errichten ein modulares Haupttragwerk mit hohem Vorfertigkeitsgrad. Holzverbunddecken werden in das Tragwerk eingelegt und sorgen zusammen mit den Kernen für die nötige Aussteifung.
Der Entwurf erreicht durch großflächige Photovoltaik an Fassade und Dachflächen gepaart mit Geothermiesonden und einer Kompakten Hülle einen CO² neutralen Gebäudebetrieb. Die großzügigen Terrassen erlauben durch eine leichte, öffenbare Hülle eine ganzjährige Nutzung. Das Atrium selbst dient hierbei klimatisch als Zwischenzone zwischen dem Außenraum und den Büroinnenräumen. Das Atrium wird passiv von den Nutzungen geheizt. Als klimatische Zwischenzone ermöglicht es eine energiesparende, natürliche Bedarfslüftung für die Gemeinschaftsflächen.

Die Anlieferung befindet sich im 2. Untergeschoss. Wo der PKW-Verkehr auf die erste Parkebene im 1. Untergeschoss geleitet wird und sich von dort über eine Rampe weiter bis auf das 2. Untergeschoss verteilt, gelangt der Verkehr zur Anlieferung über eine zweite Rampe direkt in die Anlieferungszone. Dies hat den Vorteil, dass Rangieren und Rückwärtsfahrten verhindert werden können. Die Anlieferungszone ist mit Wenderadien für Fahrzeuge bis 11m Länge konzeptioniert. Von hier aus ist der Kern des Gebäudes mit dem Lastenaufzug über einen gesonderten Korridor direkt erreichbar.
Die Abstandsflächen werden zur Moskauer Straße, in den IHZ Park, sowie zur südlichen Nachbarbebauung über die Grünanlage hinweg abgebildet und eingehalten. Zum nördlichen Nachbargrundstück hin kann die Abstandfläche vor der Fassade der Bebauung abgebildet werden.
Eine Verschattungsstudie, welche vergleichend für den festgesetzten Bebauungsplan und den Entwurf nachgewiesen wurde, zeigt, dass die Fassade der nördlichen Nachbarbebauung ausreichend belichtet ist. Im Verglich zur ersten Phase konnte infolge der Optimierung des Volumens eine deutliche Verbesserung erzielt werden. 
Eine Dachterrasse bietet den Mitarbeitern Ort des Austausches uns des informellen Meetings. Ein Café mit angrenzender Terrasse hat Süd-West Ausrichtung und gewährt einen spektakulären Blick über Düsseldorf. Die Fassade ist ausreichend hoch über die letzte begehbare Ebene geplant, was die Bepflanzung vor Wind schützt und den Aufenthaltskomfort sichert.

Der Entwurf zum Technischen Verwaltungsgebäude Düsseldorf bietet der Stadt die Chance eine neue Welt des Bürogebäudes einzuläuten

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit besticht durch einen konzeptionell ambitionierten und ästhetischen Ansatz, der ein für die gestellte Aufgabe kohärentes Bild erzeugt. Die Atrium-Solitärtypologie fügt sich städtebaulich jedoch auch aufgrund der Größe nicht wirklich in die Blockrandstruktur ein. Dies wird insbesondere am Anschluss Moskauer Straße deutlich, wo die Dimension kritisch ist und der Anbau an den Nachbarn auch typologisch nicht nachvollzogen werden kann.

Nicht akzeptabel sind die durch die zu weit greifende Tiefgarage bedingten zu großen Eingriffe in den Park.

In seiner äußeren Gesamterscheinung erzeugt die dreidimensionale Betonrasterstruktur mit den verteilten und nach oben zunehmenden Perforierungen in Form von Geschossgärten ein hoch ästhetisches und ikonografisches Bild, das der gestellten Aufgabenstellung überzeugend entspricht. Somit überzeugt der Entwurf das Preisgericht letztendlich auch in seiner städtebaulichen Wirkung.

Die gut formulierte Erschließung von der Moskauer Straße und vom Park aus ist im Sockelgeschoss über ein 110m hohes Atrium verbunden, dessen Dimension und räumliche Qualität räumlich kontrovers diskutiert wird.

Es ist an den Längsseiten durch die Erschließung geschlossen und über die kurzen Seiten durch die Geschossgärten belichtet und belüftet, wodurch ein Ort mit besonderer Qualität entsteht. Richtigerweise gibt es keine Arbeitsbereiche, die direkt zum Atrium orientiert sind. Stattdessen sind diese vielfältig um die Geschossgärten und an den Außenfassaden arrondiert und bieten die von der Ausloberin gewünschten zukunftsorientierten, hellen und vielfältigen Arbeitsplatzkonfigurationen – allerdings mit nur eingeschränkter Flexibilität für spätere Änderungen in der Nutzung. Im Bereich der sehr großzügig vorgesehen Geschossgärten sieht das Preisgericht noch Potential für eine Verdichtung der Nutzflächen. Somit erscheint Potenzial für einen Effizienzsteigerung vorhanden, wenngleich auch mit dieser Verdichtung das Nutzflächensoll schwerlich erreicht werden wird. Trotz der grünen Erscheinung ist das Konzept der Begrünung und Integration von Pflanzen nicht plausibel – auch wegen der fehlenden Erläuterung zur baulichen Umsetzung und der Installation / Pflanzung und Pflege der Großbäume in den Obergeschossen.
So sind die konstruktiven und technischen Aspekte in vielen Bereichen weitgehend idealisiert dargestellt und werden bei Realisierung optische und inhaltliche Anpassungen erforderlich machen. Die brandschutztechnische Konzeption und die raumklimatische Strategie sind noch nicht gelöst.

Bei der Bewertung der Wirtschaftlichkeit des Entwurfs sieht das Preisgericht sowohl in der Herstellung als auch den Lebenszykluskosten nicht unerhebliche Risiken. Insgesamt wertet das Preisgericht den Entwurf als mutigen, konsequenten Beitrag mit hohen gestalterischen, konzeptionellen und räumlichen Qualitäten, dem jedoch ein außerordentlich hoher finanzieller Aufwand gegenübersteht. Damit stellt sich bei aller gezeigten räumlichen Qualität die grundsätzliche Frage der Angemessenheit des vorgeschlagenen Konzeptes.


Hinweise der Sachverständigen

Nachhaltigkeit
Infolge des durchschnittlich kompakten Baukörpers und des hohen Fensterflächenanteils verfügt die Arbeit über einen erhöhten spezifischen Endenergiebedarf. Die umlaufenden und funktional in die Fassade integrierten PV-Elemente sind waagerecht in einem Winkel von 30° angeordnet und somit optimiert ausgerichtet. Dadurch gelingt es der Arbeit die größtmögliche Energiebedarfsdeckung von knapp 70% zu erreichen. Die Orientierung der Arbeitsplätze an die Außenfassade sowie der hohe Fensterflächenanteil führen zu günstigen Tageslichtverhältnissen in den Arbeitsplätzen. Während die natürliche Belüftung über öffenbare Lüftungsklappen hinter der Prallscheibe gewährleistet ist, sollte die Nachtluftkühlung über die Fassade in Kombination mit genügend Speichermasse optimiert werden. Wie funktionsfähig jedoch die Lüftung und Entrauchung über das Atrium ist, müsste im Laufe der weiteren Planung noch überprüft werden. Auch sind die dezentralen Lüftungsanlagen, aufgrund des hohen Wartungsaufwandes, vom Nutzer nicht erwünscht. Die Medienverteilung im „Doppelboden“ muss mit der Geschosshöhe überprüft und das Verspringen von Sanitärkernen (3./5.OG) vermieden werden. Die Bohrpfähle sollten in der weiteren Planung zur Energiegewinnung und Speicherung genutzt und weitere Speicher für regenerative Energien untersucht werden. Durch die Holz-Beton-Hybrid-Decken wird der Anteil an nachwachsenden Rohstoffen optimiert. Die zusätzliche Ausbildung der Atriumfassaden führt jedoch zu einer Erhöhung des Konstruktionsaufwandes sowie der Reinigungskosten. Der Entwurf sieht keine Fassadenbegrünung vor und erfüllt damit dieses angestrebte Ziel der Auslobung nicht. Durch eine große Anzahl von Wintergärten, die sich über mehrere Geschosse erstrecken, wird der Eindruck eine „grünen Gebäudes“ erreicht. Die Wintergärten haben aber keine stadtklimatische Wirkung und der Aufwand für die Herstellung und Pflege ist sehr hoch. Die Dachgärten im 22. und 27. OG sind gut integriert, allerdings ist der Anteil der Begrünung hier nicht sehr hoch. Aufgrund der breiten und hohen Kubatur entstehen insbesondere auf der Parkseite starke Fallwinde und Bodenwirbel, die durch weitere Vordächer oder Arkaden zu entschärfen bleiben. Im Zweifel wird eine Windkanaluntersuchung erforderlich.

Verkehr
Äußere Erschließung: Die Einrichtung einer Gebäudevorfahrt ist aus Verkehrssicherheitsgründen aufgrund der hierfür notwendigen Überfahrung der Radverkehrsanlage und des Gehweges im Seitenraum zu vermeiden. Ein zusätzlicher Eingang in der Nähe zum Zugang U-Bahnhof wird angeregt. Stellplätze Tiefgarage: Die Anzahl der nachzuweisenden PKW-Stellplätze ist noch einmal zu überprüfen. Die Anzahl der nachzuweisenden Fahrradabstellplätze ist noch einmal zu überprüfen. Auf eine räumliche Nähe zwischen Fahrradstellplätzen und Duschen/Umkleiden sollte geachtet werden.