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Offener Wettbewerb | 11/2022

Neubau Betriebsgebäude Energie Kreuzlingen (CH)

1. Preis

Preisgeld: 50.000 CHF

ATP architekten ingenieure

Architektur

vb landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Hochstrasser Glaus & Partner Consulting AG

TGA-Fachplanung

Porta AG

Verkehrsplanung

4 Management 2 Security – 4m2s

Brandschutzplanung

flooer

Visualisierung

Erläuterungstext

Integrale Planung: ATP architekten ingenieure
Seit mehr als 115 Jahren versorgt Energie Kreuzlingen die Stadt Kreuzlingen zuverlässig mit Elektrizität, Erdgas und Trinkwasser. Um auch weiterhin Versorgungssicherheit gewährleisten zu können und den Mitarbeiter:innen einen zeitgemäßen Arbeitsplatz zu bieten, benötigt der Dienstleister ein neues Betriebsgebäude. Dieses soll neben einer Fahrzeughalle auch Logistikflächen und einen eigenen Bürotrakt umfassen. ATP Zürich konnte den ausgelobten einstufigen, offenen und anonymen Wettbewerb für sich entscheiden.

Konzept
Der Entwurf positioniert das Betriebsgebäude geschickt am Areal zwischen Industriegebiet, Wohnsiedlung und dem Naherholungsgebiet entlang des Bodenseeufers. Durch eine raumplanerisch optimierte Anordnung des Baukörpers soll maximaler Platz für den Betriebshof und die Rangierflächen entstehen, bei gleichzeitiger optischer Trennung zu den umliegenden Bebauungen. Das kompakte und klare Volumen sorgt für einen geringen ökologischen Footprint und bietet flexible Erweiterungs- und Umnutzungsmöglichkeiten.

Fit für die Zukunft
Als lokaler Energieversorger möchte Energie Kreuzlingen der Vorbildfunktion gerecht werden. Mit dem besonders umweltschonenden Gebäudekonzept von ATP ist man dem heutigen Standard sogar einen Schritt voraus. Die hohe ökologische Qualität wird etwa durch den kompakten Baukörper mit hoher Luftdichtheit und Bauteilen im Passivhausstandard (Minergie A ECO) erreicht. Zusätzlich verfügt das Gebäude über eine hocheffiziente Gebäudetechnik inkl. Wärmepumpe zur Nutzung erneuerbarer Energieressourcen. Eine strikte thermische Trennung der unterschiedlichen Arbeitsbereiche (nicht temperierte Stellplätze, temperierte Lagerhalle und beheizte Büroflächen) senkt den Energieverbrauch. Zur zusätzlichen Produktion von elektrischem Strom wird über PV-Module auf den Dächern Sonnenenergie genutzt.

Sozioökonomische Nachhaltigkeit
Das architektonische Konzept schafft durch Kompaktheit, Flexibilität und Transparenz ein Umfeld, das ein positives Betriebsklima und Teamwork begünstigt.
Büros, Aufenthalts- und Kundenbereiche befinden sich auf der Nordseite des Gebäudes. Diese Position ermöglicht einen direkten Blick auf den Bodensee sowie einen natürlichen Hitzeschutz im Sommer. Durch das dynamische Bürolayout ist eine „Rotation der Räume möglich“: So kann der Kundenbereich ins Erdgeschoss verlagert oder die Büroflächen flexibel vom Einzel- zum Großraumbüro umfunktioniert werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche Setzung wurde über eine Drehung der Gesamtanlage im Rahmen der Überarbeitung vollständig modifiziert. Um den baurechtlich notwendigen Abstand von der Auffahrtsrampe zur Parzellengrenze einhalten zu können, wurde der Baukörper von der Strasse weggedreht und in Bezug zum Veloweg und den östlichen Gewerbebauten gesetzt. Das Drehen schafft zusätzlichen Manövrierraum für die Betriebsfahrzeuge im Vorbereich zur Strasse.
Der Haupteingang auf der westlichen Seite dreht sich in Richtung der Ankommenden. Der architektonische Ausdruck und Teile des inneren Konzeptes wurden nach der ersten Stufe weitgehend überarbeitet. Statt der Durchfahrt in Querrichtung wird nun aufgrund der Kritik eine Durchfahrt in Längsrichtung angeboten. Dies erlaubt zwar eine optimale Erschliessung von Lager und Werkstätten, führt aber auch zu einer Zunahme der Gebäudetiefe und Engstellen an den Stirnseiten im Bereich der Zu- und Wegfahrten. Durch die Aufhebung der Durchfahrt in Querrichtung entfallen ebenso die Aussenlagerflächen auf der Nordseite. Dieser zunächst positive Aspekt hat jedoch deren ungünstige Verkleinerung und Verschiebung auf die Westseite, in die Nähe des Haupteingangs, zur Folge. Zusammen mit der Ausfahrt der Anlieferungsdurchfahrt sind Nutzungskonflikte mit dem Haupteingang zu erwarten.
Die Gliederung des Baukörpers in die drei Nutzungseinheiten Parkierung, Lager und Logistik sowie Dienstleistung wurde aus der ersten Stufe übernommen und weiterentwickelt. Neu wird auch der mittlere Streifen an der Ost- und Westfassade ablesbar, was generell begrüsst wird. Die Angemessenheit ihrer Ausformulierung als grosse, plakative Photovoltaik-Paneele wurde in der Jury jedoch kontrovers diskutiert. Ebenso scheint die Ausprägung der dahinter liegenden Raumschicht als dunkler, geschlossener Bereich ohne Aussenbezug nicht nachvollziehbar. Die Anzahl der Parkplätze wurde in der zweiten Stufe auf das bestellte Mass reduziert, wobei der frei gewordene Platz für Einrichtungen nun zur Fassaden- und Dachbegrünung der Parkierungsanlage genutzt wird. Die Fassaden wurden im Zuge der Überarbeitung umfänglich angepasst. Neu wirken diese collagierter und bilden die jeweilige Nutzung dahinter stärker ab. Dadurch entsteht zwar ein authentischerer Eindruck, der jedoch an einigen Stellen zu unsauberen Übergängen und generell einer unruhigen Erscheinung beiträgt.
Der Lagerbereich im Erdgeschoss ist flexibel ausgestaltet. Allerdings ist die Bedienung des Rohrlagers im Erdgeschoss nur mit dem Stapler möglich. Ein Abtausch von Paletten- und Rohrlager wäre zu prüfen. Gegebenenfalls kann auf die Galerie im Osten mit einem höheren Lager komplett verzichtet werden. Die Galerie im 1. Obergeschoss ist neu via Warenlift angebunden, welcher aber nicht für Langguttransporte genutzt werden kann (für Paletten möglich).
Die Hallenhöhe ist grosszügig, kann aber hinsichtlich der Lagersysteme noch optimiert werden. Der Entsorgungsbereich ist neu dezentral angeordnet. Das Handling an beiden Orten funktioniert nicht. Die Auffahrtsrampe zur Parkierung fügt sich nun in den vorgegebenen Perimeter, stellt aber immer noch ein dominantes Bauteil dar, dessen starker Ausdruck in der Jury kontrovers diskutiert wird. Auf eine ansprechende Gestaltung der Spindel soll in der weiteren Projektierung entsprechend grosser Wert gelegt werden. Die Parkierungsanlage ist ansonsten gut befahrbar und gestattet einen nutzerfreundlichen Betrieb. Wie in der ersten Wettbewerbsstufe erheben sich auf einer nicht unterkellerten Bodenplatte zwei stabilisierende Kerne.
Die «Hybridkonstruktion» der drei aneinandergebauten Trakte ist einleuchtend: in der Mitte die grosse Halle mit einem Dach aus Stahlfachwerkträgern, daneben auf der einen Seite die Verwaltung mit Decken als Stahlskelett, gefüllt neu mit Holz-Beton-Verbunddecken unter Einsatz von Brettstapeldecken, auf der anderen Seite das mehrgeschossiges Parkhaus mit Stahl-Beton-Verbundtragwerken.
Die Fundation besteht aus einer kombinierten Pfahl-Plattengründung, die auch Zugkräfte aus Erdbebenwirkung aufzunehmen vermag. Die Bodenplatte liegt mit ihrer Oberkante auf den geforderten 399.20 m ü. M. Die Anregungen aus der Kritik der ersten Wettbewerbsstufe sind eingeflossen. In der Überarbeitung wurde der Freiraum gut weiterentwickelt. Die geplanten Retentionsflächen und die Gehölze bilden eine Einheit und einen sehr schönen Übergang nach Norden Richtung See. Da in dem gesamten Vorbereich zur Strasse auf eine adäquate Begrünung verzichtet wurde, wird es in sommerlichen Hitzeperioden zu einer unangenehmen Aufheizung kommen. Zu erwähnen ist die begrünte Pergola mit Solarelementen über dem oberen Parkdeck, die einen innovativen Beitrag darstellt.
Die Überarbeitung bestätigt das Potenzial der klaren funktionalen Zonierung und deren Anordnung im Verhältnis zum Kontext. So profitieren die Büros auf der Nordseite nicht nur vom Ausblick auf den See, sondern bringen auch eine wertvolle Aufwertung dieser Seite zur anliegenden Wohnbebauung. Die stützenfreie Logistikhalle bietet grosses Potenzial für die weitere Entwicklung. Die Parkierung ist rational und nutzerfreundlich angelegt und bietet die Möglichkeit direkter Gebäudeanbindung auf den Etagen.
Die wohlüberlegte Grunddisposition führt zu einer gut funktionierenden und entwicklungsfähigen Gesamtanlage, die auch hinsichtlich Wirtschaftlichkeit zu überzeugen vermag. Eine einladendere Gestaltung des Vorplatzes mit dem anschliessenden inneren Eingangsbereich, die Situierung der Aussenflächen und eine harmonischere Abstimmung der Teilfassaden sind wesentliche Aufgaben der weiteren Bearbeitung.