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Offener Wettbewerb | 04/2023

Sanierung und Erweiterung Schulanlage Kandermatte - Thierachern

2. Rang / 2. Preis

Preisgeld: 35.000 CHF

Michel Zurbriggen Reichert Architekten

Architektur

A3 Architekten AG

Architektur

Weber + Brönnimann AG - Ingenieure

Tragwerksplanung

PIRMIN JUNG

Tragwerksplanung

Epro Engineering

TGA-Fachplanung

Wenger Modellbau

Modellbau

Indievisual AG

Visualisierung

Beurteilung durch das Preisgericht

StÀdtebau
Die Projektverfasser schlagen vor, die zwei markanten kubischen SolitĂ€re mit einem dritten, eingeschossigen Baukörper mit Pyramidendach zu ergĂ€nzen. Das ebenfalls quadratische Volumen wird im Bereich des heutigen Velounterstandes angeordnet und beansprucht dadurch nur wenig der FlĂ€che des bisherigen Pausenplatzes. Mit dem ErgĂ€nzungsneubau wird der Freiraum geschickt gegliedert und die Adressbildung der Gesamtanlage gestĂ€rkt. Wie die beiden SchuleingĂ€nge orientiert sich auch der Eingangsbereich des Neubaus auf den zentralen Pausenplatz, was fĂŒr eine gute Orientierung sorgt. Im SolitĂ€r sind folgerichtig gut auffindbar die öffentlicheren Nutzungen wie Singsaal und Bibliothek untergebracht.

Freiraum
Die GebĂ€ude werden im Grundriss vergrössert und es wird ein drittes – eingeschossiges- im SĂŒdosten dazu gestellt. Das Freiraumkonzept bezieht sich weiterhin auf eine gemeinsame Mitte. Auf diese Mitte sind alle GebĂ€ude ausgerichtet und adressiert. Entlang des Baches entsteht eine definierte Zugangssituation. Die umlaufenden GrĂŒnrĂ€ume werden ungeachtet der Grösse und Ausrichtung fĂŒr die Schulnutzung als PausenflĂ€chen bespielt. FĂŒr die Kinder entsteht ein Schulareal, welches eine selbstverstĂ€ndliche Orientierung bietet. Die BezĂŒge von den Erdgeschossnutzungen konnten nicht alle gleich optimal gelöst werden. Der Singsaal und die Bibliothek sind im SĂŒden in der Ankunftssituation platziert. Entsprechend der vorhandenen Freizeitnutzungen erhalten sie damit einen unabhĂ€ngigen Zugang von aussen. Der Singsaal bekommt eine gute PrĂ€senz am Hauptzugang der Anlage. Die Entflechtung der Kinder funktioniert auch im Aussenraum dank den drei ZugĂ€ngen. Das Team schlĂ€gt fĂŒr die Basisstufe einen separaten Eingang vor. Dieser wird im Osten platziert und fĂŒhrt daher nicht ĂŒber die gemeinsame Mitte, was lĂ€ngere Wege fĂŒr die kleinsten erzeugt. Auch die Tagesschule erhĂ€lt im Norden einen unabhĂ€ngigen Eingang. Die Lage erscheint aus betrieblicher Sicht sehr gut gewĂ€hlt. Zwei der drei Basisstufen sind nach SĂŒden orientiert. Sie erhalten damit einen sehr grosszĂŒgigen Garten. Die Lage der dritten Basisstufe schafft etwas weniger gute Beziehungen zum Aussenraum. Der westliche Streifen ist schmal und vom Innenraum nicht direkt zu ĂŒberblicken.
Die FreirĂ€ume der Tagesschule liegen im Norden. Sie sind in der Ausrichtung und Proportion nicht ideal. Als stillere, exklusive RĂŒckzugsorte sind sie jedoch eine gute ErgĂ€nzung zum ĂŒbrigen Angebot. Zu den Sportnutzungen hin schaffen Nebenbauten und Pergolas eine rĂ€umliche Zonierung.

Bis auf einige EinzelbĂ€ume werden vom Bestand keine Elemente erhalten oder weiterentwickelt. Der Freiraum ermöglicht ein breites Spektrum von Nutzungen. GrosszĂŒgige BewegungsflĂ€chen, SpielgerĂ€te fĂŒr unterschiedliche motorische Erfahrungen, RĂŒckzugs und Ruheorte und Raum fĂŒr soziale Kontakte, wechseln sich ab. Die grosszĂŒgige Sand- und Wasseranlage im Westen der SportflĂ€chen wirkt vom Pausenraum etwas abgehĂ€ngt. Leider befinden sich die meisten SpielgerĂ€te innerhalb der Einfriedung Basisstufe. Ein Umstand der weder fĂŒr die Pausennutzung noch fĂŒr die Freizeitnutzung zu ĂŒberzeugen vermag. Das Team schlĂ€gt zudem vor, Bereiche fĂŒr temporĂ€re Nutzungen und Naturexperimente auszuscheiden. Einen hohen Anteil an GrĂŒnflĂ€chen und entsiegelten HartflĂ€chen sind im Projekt vorgesehen. Auf dem zentralen Pausenplatz wird auf schattenspendende BĂ€ume weitgehend verzichtet. Der Hof ist als grosszĂŒgige BelagsflĂ€che ausgestaltet, welcher im Zentrum als Intarsie eine KiesflĂ€che anbietet. Die GrĂŒnflĂ€chen sind als biodiverse LebensrĂ€ume angedacht. Blumenrasen, Blumenwiese und extensive DachbegrĂŒnungen ergeben mit den KiesflĂ€chen ein spannendes Mosaik. Einzig die grosszĂŒgigen RetentionsflĂ€chen im SĂŒden erscheinen in ihrer Lage im Schulalltag fraglich. Die Velos werden unter geschwungene VelodĂ€cher zum Bach hin platziert. FĂŒr die Sportnutzung gibt es zusĂ€tzliche AbstellplĂ€tze im Norden.

Architektonischer Ausdruck
PrÀgend ist die feinstrukturierte Holzfassade als vorvergraute Holzschalung in Fichtenholz auf einem mineralischen Sockelbau aus glattem und sandgestrahltem Sichtbeton. Die Architektursprache wird mit Zitaten von historischer, lokaler Bauweise hergeleitet. Es entsteht ein wertiger Gesamteindruck, der im vorliegenden Kontext jedoch etwas ambitioniert erscheint.

Konstruktion und Nachhaltigkeit
Die gewĂ€hlte Holzbauweise wie auch das dargelegte Energiekonzept sind schlĂŒssig. Inwiefern der aufgezeigte Abbruchumfang punkto Nachhaltigkeit sinnvoll ist bleibt fraglich. Der Projektvorschlag ist hochwertig durchkonstruiert, lĂ€sst jedoch in der Tragwerksgestaltung im Bereich Grundrissskalierung einige Fragen offen. Inwiefern die in Aussicht gestellten Ziele bezĂŒglich Kreislaufwirtschaft mit dem Projektvorschlag realistisch sind, mĂŒsste weiter vertieft werden.

Fazit
Das Konzept schafft mit der Adressierung und der gemeinsamen Mitte ein attraktives Schulareal. Das Projekt schlĂ€gt eine Vielzahl von differenzierten FreirĂ€umen mit einem breiten Spektrum an Nutzungsmöglichkeiten vor. Dieses Spektrum ist jedoch durch die grosszĂŒgig umzĂ€unten Bereiche nicht fĂŒr alle zugĂ€nglich.

RĂ€umliches Konzept und strukturelle Eingriffe / Organisation
Der vorgelagerte, eingeschossige Neubau mit Aula und Bibliothek wird ĂŒber eine gemeinsame Korridorzone mittig erschlossen. Der Vorteil dieses abgelösten Baus ist sicherlich die schulbetriebsunabhĂ€ngige, flexible Nutzung.

Im Erdgeschoss des Bestandes werden die drei Basisstufen neu im SĂŒden und im Westen untergebracht, was in Bezug auf die Ausrichtung grundsĂ€tzlich begrĂŒsst wird. Allerdings weist die dritte an den Mehrzwecksaal angrenzende Einheit rĂ€umliche Defizite auf.
Durch die Tiefe des Baukörpers ist die natĂŒrliche Belichtung suboptimal. Die Anordnung der Tagesschule im Norden hat den Nachteil, dass der Bezug zum Pausenplatz fehlt. DemgegenĂŒber steht jedoch, dass ein sekundĂ€rer Zugang direkt vom Schulweg angeboten werden kann, was wiederum positiv gewertet wird.

Der Logik des Bestandes folgend, werden die zwei bestehenden Schultrakte in vertikaler und horizontaler Richtung erweitert. Durch die asymmetrische Erweiterung um ein Rasterfeld können die Erschliessungskerne und die kĂŒrzlich sanierten Nasszellen erhalten werden. Der Gewinn zeigt sich in einer befreiten neuen Grundrissgestaltung mit viel NutzungsflexibilitĂ€t. Es resultieren vier zusĂ€tzlich nutzbare wertvolle Lernlandschaften, was sich jedoch negativ bei der FlĂ€cheneffizienz niederschlĂ€gt.

Tragwerk
Beim Trakt A und B wird durch die Grundrissskalierung (2-seitige Erweiterung 2.40 m) und den vorgesehenen Anpassungen an den Grundrissstrukturen das Tragsystem im Bestand aufgelöst. Das Projekt sieht vor, das bestehenden Dachgeschoss und das 1. Obergeschoss abzubrechen und durch eine Tragstruktur in Holz zu ersetzen. Ob es gelingen wird die Tragstruktur im Erdgeschoss zu erhalten, ist fraglich. Die verĂ€nderten primĂ€ren Tragachsen erfordern zudem Massnahmen zur Lastabfangung an der Decke ĂŒber dem Untergeschoss. Oder ergĂ€nzende Vertikalstrukturen sowie Fundationsmassnahmen, wenn die neuen Tragachsen konsequent ins Untergeschoss gefĂŒhrt werden. Die neue Dachkonstruktion beim Trakt A und B und die neuen InnenwĂ€nde wird in Holz respektive in Holzrahmenbauweise erstellt. Die neuen, bis zu 9.80 m (!), weit spannenden Geschossdecken sind als Holz-Beton-Verbunddecken konstruiert. Der eingeschossige Neubau Trakt C ist ganzheitlich in Holzbauweise geplant. Die gewĂ€hlten Konstruktionsprinzipien ermöglichen durch ihre Installationsfreundlichkeit eine konsequente Systemtrennung und damit eine lange Lebensdauer des PrimĂ€rsystems. Mit der weitgehenden Vorfertigung der Holzkonstruktion ist eine rationelle Bauweise sichergestellt.

Haustechnik
Generell sind der Aufgabe angemessene, integrale PlanungsansĂ€tze vorhanden mit gutem Tiefgang der Informationen. Ein durchdachtes Raumklimakonzept zeigt VerstĂ€ndnis fĂŒr thermische Dynamik von SchulhĂ€usern. Die thermisch wirksame Speichermasse der RĂ€ume ist noch nicht ausreichend. Die teilweise raumhohen Verglasungen im Erdgeschoss sind bezĂŒglich thermischem Raumkomfort, Energieverbrauch und Reinigungsaufwand nachteilig. Der weit gehende RĂŒck- und Neuaufbau resultiert in erhöhtem Ressourcen- und Grauer-Energie-Aufwand.

Etappierung
Die Realisierung der ersten Etappe mit dem freistehenden neuen Baukörper bringt die notwendige AusweichflĂ€che, um anschliessend den Bestand in zwei weiteren Phasen in Angriff zu nehmen. Wirtschaftlichkeit Durch die Idee mit der Volumenerweiterung der bestehenden Trakte A und B wurde zwar ein Mehrwert an GeschossflĂ€che geschaffen. Auf der Kostenseite jedoch wirkt diese umfangreiche Erweiterung negativ aus. Die Gesamtkosten steigen gegenĂŒber den anderen Projekten markant. Eine Realisierung in Etappen wĂ€re bedingt durch die 3 Baukörpern sehr gut möglich.

Fazit
Der Projektvorschlag zeugt von einer sorgfĂ€ltigen Ausarbeitung aus einer klaren Entwurfsidee. Der hinzugefĂŒgte Baustein stĂ€rkt das Ensemble der Schulanlage mit einer neuen Mitte. Die vorhandenen Raumstrukturen werden konsequent aufgerĂ€umt und wo nötig ergĂ€nzt. Die strukturellen Eingriffe, speziell im Bereich des heutigen Singsaals mit dem darunterliegenden Untergeschoss sind im Sinne des AufrĂ€umens und der Verbesserung der Belichtungssituation zwar nachvollziehbar, lösen aber erhebliche bauliche Kosten aus. Im Quervergleich weist das Projekt eine ĂŒberdurchschnittliche Kubatur auf. Die hohe Eingriffstiefe und der konstruktive Aufwand stufen das Projekt in Bezug auf die zu erwartenden Baukosten deutlich ĂŒber dem formulierten Kostenziel ein.