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Offener Wettbewerb | 03/2023

Sanierung und Erweiterung Campus Langenthal (CH)

Arge Büro B Architekten AG / Tekhne SA

Arge Büro B Architekten AG / Tekhne SA

1. Rang / 1. Preis

Preisgeld: 95.000 CHF

Büro B Architekten und Planer AG

Architektur

tekhne SA

Architektur

Hänggi Basler | Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

WaltGalmarini AG

Tragwerksplanung

eicher+pauli

TGA-Fachplanung

prometplan ag

Fassadenplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Projektverfassenden schlagen vor, das geforderte Neubauvolumen über zwei unterschiedliche Eingriffe zu realisieren: die Aufstockung des bestehenden Schultraktes schafft Raum für einen Teil der zusätzlich gewünschten Schulzimmer, die restlichen Schulräume werden oberhalb der erdgeschossig platzierten Mensa im dreigeschossigen Neubau entlang der Weststrasse untergebracht.
Durch die neue Volumenkomposition gelingt es städtebaulich, die Kubaturen der Berufsschule und des Gymnasiums beidseits der Strasse besser zusammenzubinden und nun als Ensemble lesbar zu machen. Neu kommunizieren die zwei höheren Volumina nördlich der Weststrasse mit dem hohen Bau auf der Südseite und schlagen so geschickt die Brücke über die trennende Strasse hinweg.
Die Hauptadressierung des Gevierts befindet sich weiterhin konsequent auf der Platzseite, wird nun aber durch einen zusätzlichen Nebeneingang von der Weststrasse ergänzt. Dieser Zugang führt jedoch ins Fluchttreppenhaus und schafft es dadurch nicht, die gewünschte Orientierung und Anbindung ans Gymnasium auf angemessene Art und Weise zu bewerkstelligen.
Die Aufstockung des Schultraktes ist in Holzbauweise vorgesehen, die Grundrissgestaltung folgt dabei pragmatisch der Organisation der darunterliegenden Geschosse und integriert die zusätzlich gewünschten Gruppenräume. Die Aufstockung wirkt aus statischer Sicht effizient und zielführend, zieht aber voraussichtlich eine Ertüchtigung des gesamten Gebäudes nach sich, das hinsichtlich Erdbebensicherheit das Niveau eines Neubaus erreichen muss. Die zusätzliche Last auf dem heutigen Dach wirkt sich dabei ungünstig aus.

An den beiden Schmalseiten des Schultraktes werden in der Architektursprache der 1970er Jahre zwei aussen angesetzte, gewendelte Fluchttreppen ergänzt, welche sich integrativ in die architektonische Gesamtwirkung einfügen. Durch diese Intervention gelingt es den Verfassenden im Bereich des Bestands auf die aufwändige und invasive Brandschutzertüchtigung der hochwertig ausgeführten Schrankschicht gegen den Korridor zu verzichten.
Der Vorschlag für die Fassadensanierung geht ressourcenschonend vom Erhalt der bestehenden Unterkonstruktion aus. Sämtliche Fassadenpanele werden demontiert, aufgearbeitet, ausgedämmt und wieder eingebaut werden. Neue Drehkipp-Fenstern in Aluminium ergänzen zusammen mit den ebenfalls erneuerten, gelben Lamellenstoren das Fassadenbild. Dieser Sanierungsvorschlag verspricht eine kurze Montagezeit und kommt durch den Einsatz von aufgesetzten Blendrahmen auf der Rauminnenseite mit beschränkten Eingriffen aus. Die Fassadengestaltung der Aufstockung folgt ebenfalls dem integrativen Gestaltungsansatz: Die Projektverfassenden orientieren sich mit ihrem Vorschlag eng am Bestand und komplettieren das bestehende Volumen mit einem leicht differenzierten Attikageschoss. Geschickt wird dabei die Fensterhöhe des neuen Geschosses auf die Höhe des bestehen- den Abschlussblechs angepasst, um auch diese Blechreihe wiederverwenden zu können.

Der Neubau entlang der Weststrasse wird ebenfalls auf der Basis des Achsrasters der Bestandsbauten in Holzbauweise entwickelt und unterstreicht dadurch stringent den formulierten Anspruch nach einer Ensemblewirkung. Das Volumen ist gegenüber dem Schultrakt leicht nach Südwesten versetzt, was der kompositorischen Logik der bestehenden und durch das Berufsfachschulgebäude von Rolf Mühlethaler bereits im gleichen Geist ergänzten Anlage entspricht.

Das Tragwerkskonzept ist insgesamt sehr kurz beschrieben, erscheint aber dank überwiegend klarer Lastpfade stimmig und umsetzbar. In Längsrichtung des Mensabaus sind jedoch keine aussteifenden Elemente erkennbar; allfällige Verbände in den inneren Gebäudeachsen würden die Nutzungsflexibilität einschränken. Trotz nur oberflächlich angedeuteter, holzbauspezifischer Details ist erkennbar, dass die im Schnitt gezeigte Deckenauskragung im Untergeschoss ohne zusätzliche statische Massnahmen in Holzbauweise nicht realisierbar ist. Zu den Massivholzdecken aus CLT bestehen unter Umständen wirtschaftlichere Alternativen, die für die einachsige Tragrichtung geeignet sind. Die Integration der bestehenden Einstellhalle in den Neubau ist aus statischer Sicht verträglich gelungen und mit geringen Eingriffen verbunden.

Das Erdgeschoss des Neubaus ist gegen die Platzseite ausgerichtet und wird vollumfänglich durch die Mensa- und Küchenräumlichkeiten bespielt. Grosszügige Fenster öffnen sich zum Hof, wo im Sommerbetrieb weitere Sitzplätze angeboten werden. Eine mittig platzierte, einläufige Treppe führt aus der Mensa in die darüberliegenden zwei Schulgeschosse sowie nach unten in den Selbstversorger:innen-Bereich. Hier wird neben den zudienenden Räumen auch die Anbindung an die Tiefgarage sowie die Anlieferung sichergestellt. Diese Ebene ist gegenüber der Weststrasse um ein halbes Geschoss versetzt, was im Schnitt zu einer ungewöhnlichen Situation führt, die jedoch durch den Blick in den vermittelnden Grünbereich entlang der Fassade aufgewertet wird.
Das Verfasser:innen-Team schlägt vor, einen Teil des Selbstversorgungsbereichs in der alten Mensa zu belassen, was aus Sicht des Lehrbetriebs infolge anderer Nutzungsstrategien für diesen Bereich nicht realisierbar ist.

Die Schulgeschosse über der Mensa sind klar organisiert und versprechen durch die frei möblier- und nutzbare Mittelzone und die gewählte statische Struktur eine grosse Nutzungsflexibilität. Die Durchblicke über die Geschosse hinweg schaffen ein Zusammengehörigkeitsgefühl im gesamten Gebäude, könnten aber im Gegenzug auch zu Geruchsimmissionen aus der Mensa führen.
Die über einem Sichtbetonsockel liegende, filigrane Fassade mit Metall-Lisenen nimmt den Habitus der Bestandsbauten auf, transformiert das Motiv jedoch in Richtung Holzbau, indem die Brüstungs- und Sturzelemente mit einer stehenden Holzschalung verkleidet werden. Währendem die Gestaltung des oberen Fassadenbereiches in Anlehnung an den Bestand sehr feinfühlig gestaltet ist, erscheint der Sichtbetonsockel fremd und lässt den Bezug zur darüberliegenden, feinen Fassadentektonik vermissen. Nicht nachvollziehbar erscheinen auch die beiden gänzlich geschlossenen und dadurch abweisend wirkenden Stirnfassaden des Betonsockels.

Wohl proportionierte Freiflächen umfliessen die Baukörper und vermitteln gekonnt zur Nachbarschaft. Ausgewogen dimensionierte Rampen- und Treppenanlagen führen vom Gymnasium in den Hofraum, lassen den Hauptzugang klar ablesbar erscheinen und verzahnen die Aussenräume der beiden Schulareale über die trennende Strasse hinweg. Der Innenhof wird mit überhöhten Pflanzinseln bespielt, natürlich beschattet und schafft dadurch attraktive Aufenthaltsflächen. Es bleibt abzuklären, ob die grossvolumigen Pflanztröge auf der bestehenden Einstellhallendecke zusätzliche statische Verstärkungsmassnahmen bedingen.
Um die Klarheit der Aussenraumgestaltung zu betonen, werden die bestehenden Rabatten entlang der Fassaden aufgehoben. Auch der Ankommensort für Nutzer:innen des motorisierten Verkehrs ist äusserst ansprechend gelöst. Eine Treppenverbindung führt von hier direkt auf den halbgeschossig erhöhten Hofbereich und stellt so auch die erwünschte Durchwegung in Ost-West-Richtung sicher. Die Parkplätze für PKW und Velos sind funktional angeordnet und durch eingestreute Baumstandorte beschattet. Einzig die Veloabstellplätze westlich von Haus 26 beeinträchtigen dessen solitäre Wirkung.

Der Vorschlag zeigt bemerkenswerte Ansätze im nachhaltigen Umgang mit dem Bestand, indem Teile der Fassadenkonstruktion und -verkleidung wieder verwendet werden und dadurch auch dem denkmalpflegerischen Leitgedanken nach dem Erhalt von möglichst viel Originalsubstanz entsprochen wird. Sämtliche Neubaubereiche werden zudem vornehmlich in ökologischer Holzbauweise realisiert, wodurch der Einsatz von Beton beschränkt werden kann. Die kompakte Volumetrie des Neubaus weist eine gute Tageslichtausnutzung und einen tiefen Energiebedarf auf. Das einfache und auf das hygienische Minimum reduzierte Lüftungskonzept folgt zusammen mit der restlichen Haustechnikinstallationen konsequenten dem Prinzip der Systemtrennung. Weiter wird das Regenwasser gesammelt und als Grauwasser für die Reinigung und Aussenbewässerung genutzt. Auf dem Dach des Neubaus und auf der Aufstockung sind zudem PV-Anlagen eingeplant.

Das Projekt weist im Quervergleich die geringste Geschossfläche aus, was jedoch durch die effiziente Grundrissorganisation wettgemacht wird und somit ökonomisch Vorteile verspricht.
Das Projekt zeichnet sich durch eine städtebaulich äusserst präzise Setzung und Ergänzung der bestehenden Volumina aus, wodurch es gelingt, die Anlage auf selbstverständliche Art und Weise aus der Logik des Bestands weiterzubauen. Der Sanierungsvorschlag antwortet geschickt auf das drängende Thema des Re-Use, die Fassadengestaltung der Neubauteile knüpft dabei gestalterisch gekonnt an die Qualitäten der Bestandsbauten an, wobei einzig die Sockelausbildung des Neubauvolumens noch zu wenig einladend und verbindend wirkt.
Das parkartig angelegte Grünkonzept mit grosskronigen Bäumen und Extensivwiesen ist spannungsvoll, vermittelt quantitativ zu den Bauvolumen und verzahnt das Areal auf der Ebene der Landschaftsgestaltung überzeugend mit seiner Umgebung. Das bereits im Bestand angelegte Thema «Schule im Park» wird dadurch konsequent und schlüssig weiterentwickelt.
Der Projektvorschlag besticht durch den wertschätzenden Umgang mit den denkmalgeschützten Bauten von Fritz Hünig und dem Ergänzungsbau von Rolf Mühlethaler, erweitert das Geviert stringent zu einer zukunftsfähigen Anlage, welche durch die neu arrangierte Volumenkomposition sowohl auf der städtebaulichen als auch auf der Nutzungsebene den stärkeren Bezug zum Gymnasium sicherstellen kann. Das Beurteilungsgremium empfiehlt das Projekt „binanger“ unter Beachtung der nachfolgend aufgeführten Empfehlungen daher einstimmig zur Weiterbearbeitung.

Empfehlungen des Preisgerichts zur Weiterbearbeitung:
  • Der Mensazugang für die Schüler:innen des Gymnasiums ist aufzuwerten, um die nutzungstechnische Verbindung der beiden Schulareale auch auf der Erschliessungsebene zu versinnbildlichen. In diesem Zusammenhang ist auch die abweisende Gestaltung der beiden Stirnfassaden im Sockel des Neubaus zu überdenken.
  • Die Organisation des Mensabereichs soll dahingehend überarbeitet werden, dass auch die aktuell in der alten Mensa platzierten Selbstversorger:innen-Flächen in den Neubau integriert werden können.
  • Die offen in der Mensa platzierte Treppenerschliessung für die Schulgeschosse überzeugt noch nicht und ist in der Weiterbe¬arbeitung auch im Hinblick auf befürchtete Geruchsemissionen zu überprüfen.
  • Auf der Ebene der Landschaftsarchitektur sind die Velo-Parkplätze südwestlich des Mühlethaler-Baus anderweitig zu platzieren. Zudem soll nachgewiesen werden, welche Massnahmen notwendig sind, um auf dem Tiefgaragendach grosskronige Bäume in den dafür vorgesehenen Trögen (oder Aussparungen) zu pflanzen und die Baumstandorte langfristig zu etablieren.