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Offener Wettbewerb | 09/2022

Erweiterung Kantonsschule Reussbühl (CH)

4. Rang / 4. Preis

Preisgeld: 25.000 CHF

Dürig AG Architekten

Architektur, Projektsteuerung

Chaves Biedermann Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Basler & Hofmann AG

Tragwerksplanung

Amstein + Walthert AG

Nachhaltigkeitskonzept

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Projektverfassenden schlagen für die Erweiterung ein flächiges, einstöckiges Volumen am nordwestlichen Rand des Perimeters vor, welches kaskadenartig dem Terrainverlauf Richtung Osten folgt. Nicht sichtbar sind die unterirdisch, direkt neben den bestehenden Sportflügel gesetzten Sporthallen. Diese abgesenkte Sporthalle ist aufgrund ihrer Setzung unterhalb des Terrains sehr nach innen gewandt und der Lichteinfall daher sehr gering. Im Gegensatz dazu ist der Entwurf des neuen Schulgebäudes von großzügiger Offenheit, Transparenz und Leichtigkeit geprägt. Dieser städtebauliche Ansatz und der Umgang mit «Abschotten und Öffnen» wird in der Jury kontrovers diskutiert.

Der eingeschossig konzipierte Grundriss des Schultrakts ist fünfmal abgestuft und folgt so dem Terrainverlauf auf natürliche Weise. Die Unterrichtsräume werden von einer Klimapufferzone ummantelt, welche an den beiden Stirnseiten als Eingangs- und Begegnungszone dient. Die Unterrichtsräume befinden sich in einem hallenartigen, über Sheddächer belichteten Bau. Ein Stützenraster mit stabilisierenden Windverbänden lässt in der «Werkstatt», wie es die Projektverfassenden nennen, eine höchstmögliche Flexibilität zu. Als kritisch für den Betrieb wird die natürliche Schulraumbelichtung über die Sheddächer empfunden und die fehlende Sicht nach außen.

Die Sporthallen werden unter dem bestehenden Allwetterplatz errichtet. Der direkte Zugang erfolgt über den Bestandesbau im Untergeschoss. Die Belichtung der unterirdischen Turnhallen erfolgt über einen abgesenkten Lichthof, wobei der Blick von innen nach außen über den Lichthof zum Himmel führt. Diese Zäsur wird stirnseitig jeweils seitwärts mit einer Außentreppenanlage abgeschlossen, welche als Zugang zum Allwetterplatz sowie als Fluchtweg dienen. Auf dem ebenerdig liegenden Dach der Sporthalle ist der Ersatz des Allwetterplatzes angeordnet.

Die Verfasser setzen das neue Schulgebäude, das typologisch als Fabrik oder Gewächshaus gelesen werden kann, in einen rasterförmigen Baumhain, dessen Wegnetz und Grünflächen formal, aber auch schematisch ausgestaltet sind. Die orthogonale Anbindung an die bestehende Anlage ist nur aus der Logik der Sportfelder verständlich. Der Bezug zum Bestand und zum Umfeld fehlt. Das atmosphärische Setting wirkt klar und ist einfach fassbar, in der genaueren Betrachtung bleibt es jedoch undifferenziert. Die geforderten Angebote im Freien wie gedeckter Bereich, Aussenklassenzimmer und vielfältiges Nutzungsangebot fehlen oder werden nicht konkretisiert. Die Freiraumgestaltung entspricht mehr den Bedürfnissen Erwachsener 37 Situationsplan als Schüler*Innen auf Gymnasialstufe. Geforderte Aussagen zum Baumkonzept, Biodiversität und landschaftlicher Einbettung fehlen ebenso. Das offensichtliche Potential der umlaufenden Gebäudeerschließung und der Transparenz der Glasfassade bleibt in der Freiraumgestaltung leider auch ungenutzt. Die Veloeinstellhalle liegt im östlichen Bereich der bestehenden Parkplätze. Das Dach wird als Allwetterplatz genutzt und kann über den Geländeabsatz belichtet und belüftet werden.

Das Projekt erzielt eine Nutzungsdichte von 61%. Die Treibhausgasemissionen für die Erstellung liegen 47% über dem Grenzwert, der Betrieb kompensiert ein Teil der Überschreitung. Das Gebäudekonzept basiert auf Holz (Sheddach, Tragkonstruktion) und Recyclingbeton für den Boden. Der Nutzen der transluziden Stegplatten im oberen Fassadenbereich verglichen mit dem Materialverbrauch soll im Sinne der Ressourceneffizienz hinterfragt werden. Die Gebäudehüllzahl von 2.3 trägt zu den hohen Treibhausgasemissionen der Erstellung bei. Der Fensteranteil ist mit 76% hoch, wobei die Sheddach-Verglasung nach Nordost ausgerichtet ist. Die Kühlung erfolgt über Fensterflügel, die eine Querlüftung ermöglichen. Der Wetterschutz überzeugt aber noch nicht. Die Zuluft wird mit einer adiabaten Kühlung konditioniert. Die Wärmeversorgung erfolgt über Fernwärme. Ob der thermische Komfort in den hohen Räumen erreicht werden kann, müsste nachgewiesen werden. Die großzügige PV-Anlage befindet sich auf der fensterabgewandten Seite der Sheddächer. Die Räume werden mechanisch an den Raumseiten be- und entlüftet. Die Luftleitungen verlaufen unter der Bodenplatte. Die großflächige Verteilung der Luft in der ganzen Raumfläche ist aus Sicht von Pandemien nicht nur vorteilhaft.

Der Projektvorschlag besticht durch seinen innovativen Lösungsansatz. Er gibt mögliche Antworten auf die geforderten Rahmenbedingungen nach neuartigen und zukunftsgerichteten Unterrichtsformen. Die Unterrichtsbedingungen im Neu- und im Altbau weisen dadurch sehr unterschiedliche Qualitäten auf. Sie würden unterschiedliche didaktische und pädagogische Konzepte bedingen und deshalb eine einheitliche Schulkultur auf diesem Schulareal erschweren. Insgesamt ein äußerst interessanter Ansatz, der aber in seiner Gesamtheit nicht vollends zu überzeugen vermochte.