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Projektwettbewerb im offenen Verfahren | 06/2023

Neubau Berufsbildungscampus Ostschweiz in Sulgen (CH)

Aussenbild

Aussenbild

3. Rang / 3. Preis

Preisgeld: 30.000 CHF

raumfindung architekten gmbh

Architektur

PIRMIN JUNG

Tragwerksplanung

manoa Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

Wirkungsgrad Ingenieure AG

TGA-Fachplanung

wlw Bauingenieure AG

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Eine Werkgasse als wandelbares Rückgrat
Eine gute Schul- und Berufsbildung ist ein Privileg. Ein nutzungsflexibles Werkstattgebäude garantiert eine ideale Lernumgebung. Der neue Bildungscampus Ostschweiz mit Werkstätten und Unterrichtsräumen wird als wandelbare und robuste Grundstruktur angeboten. Die mittige Werkgasse verbindet den dreigeschossigen Trakt mit den Werkstätten und den viergeschossigen Trakt mit den Unterrichtsräumen und verleiht dem Campus zugleich einen hohen Identifikationswert. Dank dem linearen Schichtenprinzip ist die Gebäudestruktur robust und verfügt über eine mehrfache Nutzungsflexibilität. Einerseits werden innere Trennwände zwischen den Werkstätten und Nutzträumen als nichttragend ausgeführt, andererseits sind in der Werkgasse drei Plattformen in der Höhe und Lage verstellbar. Damit kann die Tragstruktur jederzeit an neue Nutzerbedürfnisse angepasst werden. Die Werkgasse kann je nach Nutzeranlass als Lernumgebung, bei einem Grossanlass mit Bühne oder für eine Ausstellungsmesse umgebaut werden. Der Hauptzugang orientiert sich Richtung Osten, verfügt über einen gedeckten Vorbereich und einen attraktiven Vorplatz zur Adressbildung. Die potentielle Erweiterung von Nutzflächen kann je nach Umfang und Raumansprüchen als zweiter Solitär oder als Anbau bis zu einer Gesamtlänge von 120m erfolgen. Das Untergeschoss mit der Tiefgarage kann gegen Westen erweitert werden. Der Projektvorschlag bietet eine einfache Grundstruktur als soliden Rohling für die tägliche und zukünftige Schulnutzung mit einzigartiger Nutzungsflexibilität.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das vorgeschlagene architektonische Konzept verspricht einen hohen Identifikationswert für den neuen Bildungscampus Ostschweiz. Das Raumprogramm wird in einem kompakten dreischiffigen Baukörper organisiert, welcher parallel zur Auwiesenstrasse ausgerichtet ist. Der viergeschossige nördliche Trakt beherbergt im Erdgeschoss Mensa, Mehrzwecksaal, Verwaltung und in den Obergeschossen die Schulungsräume. Im südlichen dreigeschossigen Trakt befinden sich sämtliche Werkstätten. Zentrales Element der Anlage bildet die zentrale dreigeschossige „Werkgasse“, welche die beiden Längstrakte miteinander verbindet. Das Kennwort „Wandelwerk“ erhält hier eine doppelte Bedeutung: einerseits dient die Halle der Erschliessung sämtlicher Geschosse, andererseits lässt sich der Raum mittels grosser, horizontal und vertikal verschiebbarer Plattformen flexibel „einrichten“. Der grosse, lichtdurchflutete Bauch des Hauses wird damit zum attraktiven Begegnungsraum, ist Wandelhalle und wandelbarer Eventraum zugleich. Die erforderliche Erweiterung kann je nach Umfang und Raumansprüchen entweder als zweiter Solitär oder als Anbau bis zu einer Gesamtlänge von 120m erfolgen.

Der Hauptzugang des Neubaus erfolgt von der Auwiesenstrasse her über einen teilweise gedeckten Vorplatz, welcher auch dem Pausenaufenthalt und als Aussenbereich der Mensa dient. Der kleine öffentliche Platz steht in einem schönen räumlichen Bezug zur Malerfachschule und zum Sekundarschulhaus Befang und verleiht dem neuen Campus eine klare Adressierung. Entlang der Auwiesenstrasse sind Aufenthaltsbereiche und zusätzliche Aussensitzplätze für die Mensa und den Mehrzwecksaal vorgesehen. Direkt vor den Werkstätten auf der Südseite sind die Aussenwerkplätze angelegt. Die Fusswege sind konsequent von den Verkehrsflächen und der Parkierung getrennt. Die Veloabstellplätze befinden sich in unmittelbarer Nähe des Haupteingangs. Die Erschliessung für den Fahrverkehr erfolgt via Auwiesenstrasse im einspurigen Ringverkehr um das Gebäude herum. Die Ein- und Ausfahrt zur Tiefgarage liegen gut platziert, in der Nordwest- bzw. in der Südostecke des bebauten Perimeters. Die Besucherparkplätze entlang der südlichen Grundstücksgrenze sind etwas schwer auffindbar.

Der architektonische Ausdruck des Gebäudes wird vom regelmässigen Rhythmus der Tragwerks geprägt. Der konsequente Binderraster bewirkt eine direkte Lastabtragung der vertikalen Einwirkungen. Für die Decken ist ein bewährtes Holz-Beton-Verbundsystem mit Rippen vorgesehen, das für diese Spannweiten sehr nützlich ist. Die Stabilität des Gebäudes gegen horizontale Einwirkungen von Wind und Erbeben ist gewährleistet. Gesamthaft betrachtet ist das Tragwerk gut durchdacht. Die Stirnfassaden der Lehrtrakte werden mit einer hinterlüfteten Holzschalung verkleidet, die Längsfassaden sind grossflächig verglast. Eine den Holzfassaden vorgelagerte Struktur mit umlaufenden Laubengängen dient der Entfluchtung sowie als konstruktiver Witterungs- und Sonnenschutz. Die Gliederung dieser teilweise bewachsenen Stahlstruktur verleiht dem grossen Baukörper eine schöne Massstäblichkeit. Die Übergänge zwischen den geschlossenen Stirnfassaden und der verglasten Wandelhalle vermögen nicht zu überzeugen. Die horizontale Verbindung der gegenüberliegenden Trakte mit unterschiedlichen Geschosshöhen und -niveaus zeigt sich an dieser Stelle als konstruktiv und gestalterisch schwer lösbare Aufgabe.

Die betrieblichen Anforderungen werden im Projekt Wandelwerk über weite Strecken sehr gut erfüllt. Der schmale Schulungstrakt ist stützenfrei, der breitere Werkstättentrakt weist zwei unterschiedlich tiefe, ebenfalls stützenfreie Raumschichten auf. Dieses statische Prinzip erlaubt grosse zusammenhängende, bzw. flexibel unterteilbare Raumeinheiten in beiden Trakten. Zwei Personenlifte an der zentralen Halle und zwei Autolifte an der Südfassade dienen der Vertikalerschliessung. Die Organisation der Lagerräume im Untergeschoss lässt keine direkte Verbindung zum Nordtrakt zu und ist deshalb aus betrieblicher Sicht nicht umsetzbar.

Vielversprechend sind die flexiblen Nutzungsmöglichkeiten der zentralen Werkgasse, welche mittels Diagrammen und Visualisierungen plausibel dargestellt sind. Während die Modulierbarkeit der Halle für Ausstellungen oder Abschlussfeiern von den Berufsverbänden begrüsst wird, liegen Theater- oder Konzertveranstaltungen ausserhalb der Aufgabenbereiche von ÜKKursen. Das Potential der vorstellbaren Nutzungen für das „Wandelwerk“ liesse sich somit nur unter Beteiligung und Mitwirkung von dritten (z.B. Schulgemeinde, Politische Gemeinde, Kanton, Fremdvermietung etc.) ausschöpfen. Tätigkeiten, welche übermässig Staub freisetzen, wie Holzbearbeitung sind in der Werkgasse undenkbar, da für die direkt angrenzenden Unterrichtsräume der Gesundheits- und Pflegeberufe hohe Anforderungen an die Raumhygiene gelten.

Auch das spannende Konzept, das Zwischenklima der Shedhalle als Frischluft-Lunge für die Klimatisierung der Unterrichtsräume nutzbar zu machen, würde durch übermässige Staubentwicklung in Frage gestellt.

Insgesamt beinhaltet das Projekt „Wandelwerk“ viele wertvolle Ansätze zur Lösung der anspruchsvollen Bauaufgabe. Die Projektverfasser schaffen in Form der grosszügigen zentralen Shedhalle einen attraktiven Mehrwert zum geforderten Raumprogramm. Dennoch liegen die Geschossflächen und das Gebäudevolumen leicht unter dem Durchschnitt aller eingereichten Projekte. Auch hinsichtlich Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit vermag das Konzept in seiner Gesamtheit zu überzeugen.
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