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Studienauftrag | 01/2023

Studienauftrag Areal Bälliz 53–59 in Thun (CH)

2. Rundgang

Neon Deiss GmbH Architektinnen ETH BSA SIA

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

raderschallpartner ag landschaftsarchitekten bsla sia

Landschaftsarchitektur

Thomas Boyle + Partner AG

Bauingenieurwesen

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau/Ortsbild (/Vision)

Das Projekt Team Neon Deiss besetzt den Brückenkopf mit einem leicht überhöhten, dreigeschossigen Bau. Der bestehende Parkplatz über dem Gewässerraum wird als Terrasse erhalten, zugleich springt die Gebäudekante im Erdgeschoss mit einer Arkade zurück und öffnet damit baulich gefasst einen Zugang in den Innenhof. Der Kopfbau vermittelt mit einem Höhenversatz zum bestehenden Simmenthalerhof. Der entstehende Bereich zwischen bestehender Dachtraufe und überhohem Kopf wird für eine Dachterrasse genutzt. Das Projekt ermöglicht mit der Massnahme eines volumetrischen Absatzes einen repräsentativen, exponierten Auftritt zur Aare sowie eine eigenständige Lesart und einen glaubwürdigen Abschluss auf Seite Waisenhausplatz. Der Innenhof ist geprägt vom Erhalt und der Integration des bestehenden Ateliers. Dieses wird ergänzt durch drei Variationen dieser typischen, kleinteiligen Bauweise mit zum Hof gerichteten Satteldächern. Funktionswert und Logik einer solchen Aneinanderreihung werden jedoch hinterfragt. Die historische Riemenparzellierung wird einerseits mit dieser Reihe, andererseits mit zwei dahinter liegenden, zweigeschossigen Längsbauten lesbar gemacht.

Architektur/ Konstruktion

Neben der Adaption des geschützten Bestands werden drei unterschiedliche Bautypologien vorgeschlagen und damit auf die Heterogenität des Orts reagiert. Der Kopfbau ist massiv als Zweischalenmauerwerk geplant und unterstreicht damit die Bedeutung der Lage und die Anbindung an den Kontext. Die Hofgebäude werden als Holzelementbauten in Leichtbauweise vorgeschlagen und unterschiedlich in Holz verschalt. Die beiden gewählten Bauweisen sind in ihrem jeweiligen Kontext plausibel. Der architektonische Ausdruck der drei Bautypen ist differenziert und reagiert situativ.

Umgang mit dem Bestand/Denkmalpflege

Die städtebauliche Setzung wird verständlich aus dem baulichen Kontext des Bälliz hergeleitet. Entlang des Waisenhausplatzes entsteht eine durchgehende Fassade, welche in einem neuen 3-geschossigen Anbau endet. Der Anbau bleibt unterhalb der Traufe des Simmenthalerhofes, wölbt sich im vorderen Drittel nach oben, was der Abfolge entlang des Waisenhausplatzes eine gewisse Dynamik verleiht.

Die Neubauten im Hinterhof der Bällizreihe werden entlang der bestehenden Riemenparzellierung erstellt. Durch die Differenzierung in der Dachgestaltung und den unterschiedlichen Höhen der Bauten bleibt die charakteristische Silhouette entlang der Aare bestehen und die Riemenparzellen ablesbar. Zur Spannung in der Abfolge trägt auch der Erhalt des bestehenden Ateliers, sowie das Vor- und Abrücken der Gebäude entlang der Aare bei.

Der Umgang mit den hinteren Fassaden der Altbauten am Bälliz ist nachvollziehbar. Drei der bestehenden Treppenhäuser werden abgebrochen und neu erstellt. Die Lifteinbauten im Bälliz 57 und 59 sind zu hinterfragen, da der Einbau meist mit grossen Verlusten der Bausubstanz erfolgt. Das Weiterführen des Treppenhauses Bälliz 59 und der Abbruch des Verbindungsgiebels zum Simmenthalerhof sind nicht verständlich. Die historisch gewachsene, spannende Dachlandschaft wird dadurch erheblich verändert.

Erschliessung/ Freiraum/Adressbildung

Die Ausgestaltung der Volumetrie und Dachformen trägt zu einer gut lesbaren Adressbildung bei. Der Brückenkopf ist besetzt, die Flucht entlang dem Mühlegässli wird geschlossen und die einzelnen Nutzungen können bedarfsgerecht erschlossen werden. Der Freiraum wird primär als Bewegungsraum interpretiert, aber im Rahmen der engen Verhältnisse durchaus inszeniert und aktiviert. So wird die Arkade als Zugang zum Hof auch als bespielbare Gastrofläche vorgeschlagen, im Hof selbst dient die Gasse dem direkten Zugang zu den verschiedenen Nutzungsangeboten wie auch der Durchwegung. Die kleinteiligen Aussenräume werden mit Grünelementen sowie der Oberflächenmaterialisierung und der räumlichen Gliederung strukturiert. Der direkte Zugang zur Aare ab Innenhof ist jedoch fragwürdig.

Nutzung

Das vorgeschlagene Nutzungskonzept reagiert auf die unterschiedlichen Welten eines (halb)privaten Innenhofs und des direkten Kontakts mit dem städtischen Kontext auf Seite Bälliz und Mühlegässli. Nach aussen werden in Serie kleinere Retail bzw. Gastroangebote vorgeschlagen. Der Innenhof dient dagegen mehrheitlich der Wohnwelt. Im Bereich der Zugänge (Arkade, Seite Bälliz), werden öffentlichere Nutzung teilweise nach innen gezogen und damit eine Belebung der Gasse erreicht. Mit Ausnahme der Atelierhäuser und der Loftwohnungen im Innenhof wird das Erdgeschoss konsequent mit öffentlichen Nutzungen bespielt, die darüber liegenden Geschosse dem Wohnen in verschiedenen Formen und Ausprägungen zugeschlagen. Insbesondere im Erdgeschoss wird das Nutzungskonzept auch in verschiedenen Varianten nachgewiesen.

Fazit

Dem Projekt gelingt es, mit verschiedenen Typologien und Gestaltungsideen, nach innen wie gegen aussen eine sorgfältige Ruhe und einfache Ordnung zu etablieren, ohne dabei den Charakter des historisch gewachsenen Ensembles zu stören. Die Repetition des bestehenden Atelierhauses scheint nicht überzeugend.