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Offener Wettbewerb | 02/2023

Neues Gemeindehaus in Münsingen (CH)

4. Rang / 4. Preis

Preisgeld: 27.000 CHF

Naos Architekten AG

Architektur

Suzanna Albrecht Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

PIRMIN JUNG

Tragwerksplanung

Gruner Roschi AG

TGA-Fachplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebauliches / Ortsbauliches Konzept

Mit dem Anheben des Erdgeschosses um ein halbes Geschoss versuchen die Projektverfasser:innen, die Problematik der Topographie in den Griff zu bekommen, und trotzdem Präsenz und einen angemessenen Auftritt an der Bahnhofstrasse zu entwickeln. Als einer der wenigen Projektbeiträge gelingt es den Verfassenden, dem Chutzenplatz seine namensgebende Bedeutung zu ermöglichen und den Raum mittels geschickter Unterteilung und Materialisierung zu gliedern. Die Sitzstufen verbinden den Chutzenplatz mit der Bahnhofstrasse und werten den gesamten Bereich mit wenigen gestalterischen Eingriffen auf. Einzig die vorgeschlagene Lage der Container direkt an der Bahnhofstrasse stört empfindlich die Absicht. Auch eine Reduktion der unterschiedlichen Veloabstellplätze wäre zu begrüssen. Mit der Höhenlage des Erdgeschosses von 1.30m über dem Bahnhofplatz gelingt es auch, eine kompakte Einstellgarage ohne grosses Rampenbauwerk zu realisieren. Konsequenterweise werden die Zugänge und Adressierung auf den Chutzenplatz hin orientiert und mit einer zenital belichteten Halle die Besucher empfangen. Es ist aber fraglich, ob die in der Visualisierung versprochene Raumwirkung aufgrund der realen Dimensionen in der Realität eingelöst werden kann.

Architektonisches Konzept

Zwei kompakte Treppenhauskerne in Sichtbeton und zwei innenliegende Durchlaufträger und Stützen in Holz gliedern den Raum und ermöglichen relativ ökonomische Deckenspannweiten der Doppelrippendecke. Die zusammenhängenden Büroarbeitsflächen sind ökonomisch angelegt und versprechen eine hohe Flexibilität und eine angenehme Raumstimmung. Mit einem zusätzlichen Flächenangebot von rund 1'500 m2 für Drittmieter bietet das Projekt viel Zusatzfläche an. Das gesamte Obergeschoss ist mit Ausnahme der Cafeteria den Drittmietern vorbehalten, was in der Nutzung der Dachterrasse nicht ohne Probleme sein könnte. Das Hauptvolumen wird auf das leicht erhöhte Erdgeschoss auskragend aufgesetzt, augenscheinlich um eine möglichst leichte Erscheinung zu erreichen. Die leicht abgewinkelten Photovoltaikelemente als Fassadenverkleidung und die zusätzlichen Einschnitte in Sockel und Dach wirken aber etwas formal und stören die Einfachheit und Klarheit der Volumetrie. Das Untergeschoss und die Erschliessungskerne sind in Ortbeton konstruiert. Das Gebäude weist ein wirtschaftliches Stützenraster auf. Die Auskragung der Obergeschosse auf der Westseite kann relativ einfach geschossweise mit den auskragenden Unterzügen gelöst werden. Beim eingezogenen Eingangsbereich der Nordfassade werden die Lasten der Obergeschosse aufsummiert und konzentriert, mittels mächtiger Unterzüge über dem Erdgeschoss, auf die eingeschobenen Stützen abgetragen. Die Geschossdecken der Obergeschosse bestehen aus vorgefertigten Rippendecken in Holz-Beton-Verbundbauweise, die auf Unterzügen und Stützen aus Brettschichtholz aufgelegt werden. Dadurch ergibt sich ein Hohlraum zwischen Unterzug und Betonelement, der für die horizontale Installationsführung genutzt wird. Die Gebäudeaussteifung wird durch die beiden Erschliessungskerne sichergestellt.

Landschaftsarchitektonisches Konzept

Gebäude und angrenzender Aussenraum legen sich gemeinsam auf mittlerer Höhe ins Gelände. Diese umlaufende Ebene öffnet sich zum grosszügig gefassten Podest, nur wenige Sitzstufen über dem Bahnhofsplatz, und verläuft hangseitig in einer Geländekerbe. Die Adressierung des neuen Gemeindehauses erfolgt zum Chutzenplatz, dessen befestigte und gebrochene Fläche auf halber Tiefe ihren Charakter grundlegend ändert und in eine Magerwiese übergeht. Im Schnittbereich zur Fussgängerrampe positioniert sich auch der Hauptzugang zur Gemeindeverwaltung, während zurückversetzt am weiterführenden Fussweg der Eingang für die Drittmieter liegt. Südlich und östlich umfassen mit einheimischen Einzelbäumen bestandene Magerwiesenflächen und -böschungen das Gebäude, die in dieser Anordnung teilweise zu Randflächen schrumpfen oder sich in Verbindung mit den angrenzenden Gartenflächen zu grösseren Gartenräumen vernetzen können.

Funktions- und Nutzungsqualität

Die Empfangssituation ist attraktiv, das Desk aber ungünstig zum Backoffice platziert. Der Sozialdienst ist betrieblich sehr gut gelöst. Einfahrt und Fahrgasse der Tiefgarage sind zu schmal und so nicht möglich, die Abstände zu den Stützen entsprechen nicht den normativen Vorgaben, zudem sind zu wenig Parkplätze nachgewiesen. Die Nutzungsqualität der Drittmieterflächen im Eingangsgeschoss wird durch die Lage unterhalb des gewachsenen Terrains beeinträchtigt.

Energie und Nachhaltigkeit in Bau- und Betrieb

Das Projekt punktet mit der höchsten Nutzungsdichte aller Projekte der engeren Wahl und guter Tageslichtversorgung. Ungünstig sind die wenigen Anschlussmöglichkeiten für Zwischenwände an die Fassade, der Energieverbrauch und die CO2-Bilanz im Betrieb.

Wirtschaftlichkeit, insbesondere Bau- und Betriebskosten
Die oberirdische Geschossfläche liegt leicht über dem Durchschnitt aller eingereichten Projekte, die unterirdische liegt unter dem Durchschnitt. Das Parking ist allerdings zu knapp dimensioniert, und die Atriumverglasung ist kostspielig mit Feuerwiderstand EI60 auszubilden. Positiv ist die gute Einhaltung des Raumprogramms der Gemeinde und das hohe Angebot an Drittmieterfläche. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen werden somit insgesamt als gut eingestuft.

Insgesamt ein wertvoller und sorgfältig durchgearbeiteter Projektvorschlag. Letztlich überwiegen aber die Nachteile, welche sich aus der halbgeschossigen Lage des Erdgeschosses ergeben.