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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2023

Entwicklung Quartiere Alfons-Kern-Areal und Emma-Jäger-Areal in Pforzheim

Blick Süd

Blick Süd

2. Preis

Preisgeld: 42.000 EUR

as Planungsgesellschaft

Architektur

Bauer.Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Situation
Das zu überplanende Areal bildet historisch gesehen einen Teil der Insel, welche im Norden noch bis Ende des 19. Jahrhunderts am Mühlbach endete. Der Mühlbach begleitete den seinerzeitigen Kirchenweg, heute Altstädter Kirchenweg, und schloss die Insel nach Osten mit Einmündung in die Enz bei der Altstädter Kirche ab. Von dort bis zum Alfons Kern Werkstattgebäude sind als Ergebnis eines Wettbewerbes drei großformatige Kuben als neuer Insel-Campus geplant.
In Nord-Süd-Richtung verläuft über den Inselsteg die von der Stadt als Kreativachse bezeichnete Wegeverbindung. Auf dem Areal existieren als Bestandsgebäude im Realisierungsbereich der Alfons Kern Turm sowie das östlich unmittelbar angrenzende Werkstattgebäude. Im Ideenbereich direkt an der Enz befindet sich als historisches Gebäude das EMMA, sowie Nachkriegsbauten in Form eines Gebäudeblockes mit Hochhausdominante am Altstädter Kirchenweg und ein c-förmiger Rahmen entlang der Deimlingstraße über die gesamte Arealtiefe. Es gilt nun eine Strategie zu finden, welche diese Bruchstücke unterschiedlicher Bauzeit mit der Nachkriegsbebauung der angrenzenden Quartiere in ein städtebauliches Selbstverständnis integriert und trotzdem Zeichen einer eigenen Identität setzt.

Idee
Über die gesamte Areallänge ist die grüne Flusslandschaft der Enz das städtebaulich prägende Element. Dieses Element soll möglichst tief in das Areal bis zum Altstädter Kirchenweg eindringen. Der Übergang vom Campuscharakter im Osten hin zum geschlossenen Baublock im Westen erfolgt kontinuierlich mittels modifizierter Straßen- und Platzräume, welche sich vom großformatigen Außenraum hin zu intimen Plätzen und Gassen wandeln. Hierdurch entsteht im Ideenteil ein Quartier mit Hinweis auf die historischen Gerberhäuser, die kleine Gerberstrasse und den Gerberbach, welche vor der Zerstörung dieses Viertel prägten. Im Realisierungsbereich antwortet ein Mixed-Use-Gebäude mit auf sein Gegenüber mit ähnlicher Hoftypologie und vermittelt zum
östlich angrenzenden Campus. Zwei mäanderförmige Zeilen schlängeln sich in West-Ost Richtung durch Ideen- und Realisierungsbereich und verbinden diese mittels zeitgenössischer Architektursprache zu einem Gesamtareal. Zwischen den beiden Gebäuden wird der historische Platz auf der ehemaligen Insel neu definiert und macht das Emma-Jäger- Gebäude zur eigentlichen Quartiersmitte. Über zahlreiche Blick- und Wegebeziehungen, sowohl in Nord-Süd Richtung zur Enz, als auch in arealverbindender West-Ost Richtung entsteht eine spannungsreiche Vernetzung, welche die angrenzenden Quartiere miteinschließt und somit traditionelle urbane Außenräume bis hin zur Campusatmosphäre erlebbar macht.

Realisierungsteil Alfons Kern, Bereich 1
Der Wunsch nach einer großen Anzahl hochwertiger Wohnungen direkt am Wasser verbunden mit der Inszenierung des bestehenden Alfons Kern Turmes als nördlichen Abschluss des Platzraumes an der Enz führt zur Ausbildung von der Uferpromenade begleitenden Riverside-Apartments mit hoher Aufenthaltsqualität in den nach Süden zur Flusslandschaft orientierten überdachten Freiterrassen. Die nach Norden umlenkende Zeile, welche den neu geschaffenen Platz räumlich fasst und den bestehenden Alfons-Kern-Turm in die Mäandertypologie mit einbindet, schafft eine Blickbeziehung von der Enz durch das nördliche Hofgebäude hindurch bis zum Altstädter Kirchenweg. Unter den Wohnungen befindet sich der Kindergarten, welcher mit seinen Freibereich gleichfalls zur grünen Flusslandschaft orientiert ist. Im rückwärtigen Bereich entsteht ein kleiner Platz, auf welchem sich Stellplätze für den Kindergarten sowie Spielmöglichkeiten für Kinder der Bewohner befinden. Der nördlich anschließende Hofbau kehrt das Verhältnis zwischen Wohnnutzung und gewerblichen kreativen Nutzflächen um. Die nach Süden und Westen orientierten Gebäudeseiten enthalten in den Obergeschossen Wohnungen. Unter dem südlichen Abschluss gibt es eine Work&Meet Zone, welche den Mitarbeitern der ansässigen Firmen ein zusätzliches gastronomisches Angebot bietet. Beide Gebäude, welche einschl. der zugehörigen Tiefgaragen in separaten Bauabschnitten errichtet werden können, lehnen sich in Dimensionierung und Fassadenbild an die Großformen des Insel Campus an, schaffen jedoch bereits im Erdgeschoßbereich Wege- und Gassenführungen, welche den städtebaulichen Maßstab des Bereiches 2, Emma Jäger, vermitteln.

Ideenteil Emma Jäger, Bereich 2
Südlich des in Bereich 1 verbindenen Mäanders wird die im 19.Jahrhundert entstandene kleine Gerberstrasse in Form der Gerbergasse neu interpretiert. Die Südseite mit ihren halbeingezogenen Balkonen über der nur von Fußgängern und Radfahrern bespielten Zone kommuniziert mit den Giebelhäusern an der Enz, welche das ehemalige Gerberviertel unter Einbeziehung der Giebelproportionen des Emma-Kreativzentrums in seinem ursprünglichen Charakter in Erinnerung bringen soll. Das prägnante Erscheinungsbild der fünf Giebel an der Enz gibt dem Bereich Emma Jäger eine Sonderstellung innerhalb des Inselquartiers. Auch bei diesem Mäander schafft die Umlenkung nach Norden neue Freiräume. Vor dem bestehenden Hochhaus entsteht ein neuer Platzraum, welcher über einen Durchgang zur Gerbergasse direkten Blickkontakt zur Flusslandschaft hat. Westlich setzt ein weiteres Gebäude den Abschluss der Gerbergasse und öffnet den von der Enz zum Altstädter Kirchenweg durchfließenden Grünraum zur Flußuferpromenade. Erschließung Realisierungsteil Alfons Kern, Bereich 1 Der Kindergarten wird vom Platz am IT-Gebäude erschlossen. Hier befinden sich einige Stellplätze, welche direkt vom Altstädter Kirchenweg angefahren werden können. Im Neubau neben dem Alfons-Kern-Turm befindet sich das zweite notwendige Treppenhaus für die Ausstellungsräume. Die Zugänge für die Wohnungen des Hofgebäudes sind bei den beiden Durchgängen zum Innenhof angeordnet. Die Erschließungskerne der gewerblichen Räume befinden sich zentral in den Mittelzonen des nördlichen und östlichen Flügels. Die Tiefgarage wird gleichfalls über die Wegeverbindung zum Kindergarten angefahren und verbindet unterirdisch beide Bauabschnitte. In einem ersten Bauabschnitt wird eine provisorische Zufahrtsrampe nördlich des kleinen Platzes errichtet. Ideenteil Emma Jäger, Bereich 2 Die Wohnungen des Mäanders werden über vier Erschließungskerne erschlossen. Die drei Giebelhäuser besitzen jeweils einen zentralen Erschließungskern. Die Tiefgaragenabfahrt unter dem westlichen Neubaugebäude erschließt die gemeinsame unterirdische Stellplatzfläche und ermöglicht weiterhin eine Anlieferung der bestehenden Geschäfte zur Deimlingstraße im Untergeschoß. Zum Enzufer hin wird ein Abstand von 40 Metern eingehalten um eine wirtschaftliche Bauausführung bzgl. der Grundwassersituation zu erreichen. Einzelne Öffnungen in der Decke ermöglichen natürliches Licht, vermitteln Sicherheit und Orientierung und vermeiden eine maschinelle Belüftung. Ein Mobilitätshub im Erdgeschoß der Giebelhäuser, unmittelbar am Radweg an der Enz gelegen, soll den quartiersmäßigen Bedarf an Servicestationen und Sharing Angeboten bzgl. der Fahrradnutzung abdecken.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen mit Ihrem Entwurf als Leitidee eine klar strukturierte Bebauung vor, dabei nimmt die Arbeit die Qualität des jetzt Existierenden auf und setzt sie zum Ausgangspunkt der Entwicklung eines Kreativquartiers. Sie gibt Antwort auf Bestehendes und entwickelt dieses schlüssig weiter.

Im Bereich des Ideenteils des Emma Jäger Areals wird mit der Reihung von drei solitären Gebäuden entlang der Enz die motivische Situation des historischen Emma Jäger Bades aufgegriffen. Giebelständige Satteldachgebäude markieren die Uferzone. Mit dem Erhalt der beiden historischen Gebäude, des Emma Kreativzentrums und des Alfons Kern Turms, werden Kristallisationspunkte für die Identität des neuen Quartiers gesichert. Der Entwurf versucht einen Brückenschlag zwischen kreativer Moderne und der Historie des Ortes zu schaffen.

Die städtebauliche Qualität des Entwurfes kommt ebenso in der Anordnung der Baukörper mit der Schaffung eines direkten Bezuges zur Enz, auch in der zweiten Reihe, zum Ausdruck. Die Freiräume zwischen den Solitären schaffen Sichtbeziehungen und versprechen eine hohe räumliche Qualität. Die vorgeschlagene Bebauung vermittelt gelungen zwischen der Dichte des Blockrandes im Norden des Quartiers und dem sich zur Enz orientierenden ruhigeren Bereich.

Adäquat zum städtebaulichen Duktus im Bereich des Emma Jäger Areals werden im östlichen Teil, dem Alfons Kern Areal, die Riegelstrukturen der Wohnbebauung wieder aufgenommen. Es entsteht eine belebte Uferpromenade mit Aufenthaltsqualität, in welcher auch die Kindertagesstätte mit ihrem Freibereich verortet ist. Dieser serielle Charakter in der Gestaltung ist grundsätzlich zu würdigen, läßt aber noch etwas mehr Vielfalt in Form und Dichte vermissen.

Die grosszügigen Freiräume im Bereich zwischen den Wohngebäuden entlang der Enz auf Seiten des Emma Jäger Areals, und die des sogenannten Kreativplatzes vor dem Alfons Kern Turm, sind auch in ihrer formalen Ausformung von hoher freiräumlicher Qualität. Der in der Kreativachse neugeschaffene räumliche und visuelle Bezug und die somit entstehende Verbindung hin zur Enz sind als besonders positiv hervorzuheben.

Die Verfasser schaffen durch die Wiederaufnahme derselben Gebäudevolumina- und Dimensionen in beiden Arealen ein ruhiges und verbindendes Element. Der geforderte Wohnungsmix sowie die Flächen für die gewerblichen Nutzer werden weitestgehend erfüllt. Die erreichte Dichte und kompakte Erschließung gewährleisten auch eine grundsätzlich gute Wirtschaftlichkeit.

Die vorgeschlagene bauliche Struktur des Entwurfes bildet eine überzeugend robuste Grundlage für die Entwicklung des Quartiers, auch eine Realisierung in Bauabschnitten scheint gut möglich. Insgesamt stellt die Arbeit einen sehr guten und eigenständigen Beitrag dar.
Blick Nord

Blick Nord

Blick Gerbergasse

Blick Gerbergasse

Lageplan

Lageplan

Grundriss EG Emma Jäger Areal

Grundriss EG Emma Jäger Areal

Grundriss EG Alfons Kern Areal

Grundriss EG Alfons Kern Areal

Schnitt Emma Jäger Areal

Schnitt Emma Jäger Areal

Modellfoto 1

Modellfoto 1

Modellfoto 2

Modellfoto 2