modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Offener Wettbewerb | 10/2023

Ersatzneubau Schulanlage Utogrund in Zürich (CH)

7. Rang / 6. Preis

Preisgeld: 15.000 CHF

Enzmann Fischer Partner AG

Architektur

Skala Landschaft Stadt Raum GmbH

Landschaftsarchitektur

ZPF Ingenieure AG · ZPF Structure AG

Tragwerksplanung

studio durable - Planung und Beratung GmbH

Nachhaltigkeitskonzept

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebaulich, aber auch konzeptionell entkoppelt der Projektansatz das neue Schulhaus und den Sporthallen-Komplex. Die Aufstockung des Herter-Baus mit einer neuen Sporthalle und der Ersatzneubau des Schulhauses bilden zwei unabhängige Pole, die das Areal aufspannen – ein grundsätzlich interessanter Ansatz, jedoch könnten die Bauten untereinander etwas mehr kommunizieren. Zwischen den Bauten entsteht ein begrünter und entsiegelter Freiraum. Das feingliedrige Wegnetz führt aus allen Richtungen selbstverständlich in die Anlage. Und doch vermisst die Jury Momente der Weiträumigkeit: Es stellt sich die Frage, ob der gestaltete Freiraum der künftigen Anzahl Schülerinnen und Schüler gerecht wird; seine Struktur hat eher die Anmutung einer Gartenanlage im Wohnkontext.

Der Ersatzneubau an der Dennlerstrasse steht auf der Verkehrsbaulinie und zeichnet den Strassenverlauf nach. Zwei grosszügig durchgesteckte Eingangshallen bilden eine lesbare Adresse, für das Ankommen am Morgen vor der Schule bleibt jedoch nur wenig sozialer Raum. Zur Sportanlage entwickelt der Gebäudekörper eine grosse Plastizität und verzahnt sich reizvoll mit dem Freiraum. Doch auch hier vermag die Kleinräumigkeit im Erdgeschoss nicht vollends zu überzeugen.

Das Innere des Schulhauses ist sehr gut proportioniert. Das Clustergeschoss weist eine grosse typologische Klarheit und funktionale wie räumliche Qualität auf. Zugleich integriert die Struktur mit Leichtigkeit Spezialräume des Programms. Das Hauptaugenmerk und die tragende Idee des Projekts liegen jedoch im Weiterbauen an Hermann Herters Sporthalle. Das Konzept wird auf allen Ebenen – textlich, zeichnerisch, konstruktiv und atmosphärisch – detailliert behandelt und sogar mit Berechnungen zur CO2-Bilanz quantifiziert. Zugleich bestehen Widersprüche zwischen Argumentarium und entwerferischer Umsetzung: Die charakteristische plastische Form des Bestandes wird wertgeschätzt und zugleich massiv überformt; mit der Aufstockung der Sporthalle soll der Bau mehr Gewicht im Quartier erhalten, zugleich wird nur zurückhaltend an der Öffnung des Areals gearbeitet und dem geschützten Freibad Letzigraben der Rücken gekehrt. Eine einmalige Chance zur Freiraumvernetzung wird so vergeben. Die Verfassenden streben nach «pragmatischen Eingriffen und progressiver Bautechnik», vom tatsächlichen Bestandsbau scheint bei sehr grosser Eingriffstiefe aber nur wenig erhalten zu bleiben.

Das Argumentarium schliesst mit einem Appell, nachdem der Abbruch von Bestandsliegenschaften eigentlich kategorisch auszuschliessen sei. Doch rechtfertigt dies jede Eingriffstiefe? Die vorprüfenden Expertinnen und Experten teilen die Einschätzung der Verfassenden zur Tragfähigkeit und Angemessenheit ihres Vorschlags nicht. Vor dem Hintergrund des Baujahrs wird bezweifelt, dass ausreichend Tragreserven bestehen. Nach Aufstockung und Erweiterung muss das Gesamtsystem aktuell gültige Normen einhalten. Dies erzwingt wohl eine Ertüchtigung der bestehenden Fundationen sowie einen Ersatz der Längswand zur Garderobe. Das Verlängern der Betonstützen ist hinsichtlich der grösseren Knicklänge kritisch, ebenso wie die Eignung der bestehenden Stahlträger für massiv höhere Lasten. Eine abschliessende Machbarkeitsabklärung des statischen Konzepts sprengt den Rahmen einer Wettbewerbsjury. Letztlich resultiert aus der Gegenüberstellung zwischen Mehrwert der neuen Anlage und den dafür eingesetzten Mitteln aber Skepsis hinsichtlich einer positiven Gesamtbilanz – auch unter Berücksichtigung der CO2-Emissionen.

Nach unzähligen realisierten Minergie-P-Hüllen um kompakte Ersatzneubauten verlagert sich der Fachdiskurs und Erkenntnisgewinn in Richtung des Bestandserhalts. In diesem Paradigmenwandel liegen grosse Chancen, aber auch viele offene Fragen, die verantwortungsbewusst und kontextabhängig zu ver- und behandeln sind. Sorgfältige Projektbeiträge wie HOMO FABER, die sich voller Überzeugung dieser Debatte verschreiben, leiten und fordern uns auf dem Weg zu einem differenzierten und zukunftsweisenden Umgang mit gebundenen Ressourcen – auch wenn die Strategie für diesen Ort auf die vorgeschlagene Weise nicht abschliessend überzeugt.