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Einladungswettbewerb | 10/2023

Alte Gärtnerei - Stadtmarkt und Wohnen in Neunburg vorm Wald

Außenperspektive Grüner Hof

Außenperspektive Grüner Hof

Engere Wahl

H2M Architekten

Architektur

DE BUHR LA

Landschaftsarchitektur

Hauck.Modelle Konzept + Realisation

Modellbau

Erläuterungstext

STÄDTEBAU_KONZEPT
Zielstellung der Arbeit ist, die Körnung und Heterogenität Neunburgs mit den großmaßstäblichen Einzelhandelsnutzungen und einer hohen Wohnqualität in den entstehenden Quartieren in Einklang zu bringen. Hierbei wird die kleinteilige städtebauliche Struktur des Kontextes aufgegriffen und eine qualitätvolle und kontextbezogene Zonierung des Baufeldes geschaffen. Die Identität des Quartiers entsteht zunächst durch das Teilen des Baufensters in zwei Volumen, welche sich in Maßstäblichkeit und Proportion in den näheren Kontext eingliedern. Ein leichter Versatz der beiden Körper sorgt für eine Verzahnung mit der umliegenden Bebauung und dem Außenraum. So werden verträgliche Anschlüsse an das Gelände und die angrenzende Nachbarschaft erzeugt. Der entstehende Einzelhandels-Winkel begrenzt klar die ihr zugeordneten Parkfläche auf der einen Seite. Und einem klar gefassten Zwischenraum, der sich nach Süden hin zur angrenzen Wohnbebauung hin öffnet. Auf den so entstehenden Schollen gruppiert sich windmühlenartig ein Gebäudeensemble, welches ein qualitätvolles Wohnen in alle Himmelsrichtungen ermöglicht und in seinen Zwischenräumen kleine gemeinsame Orte schafft. Die Struktur verortet sich in mit ihrer Körnung, Herterogenität und Anmutung klar im Kontext und greift lokale Muster und Themen auf. Im Großen entsteht zwischen beiden Wohnquartieren eine zentrale Mitte, die zum Verweilen und zum Austausch einlädt. Um sich stimmig in den Ortskontext einzugliedern und niederschwellige Zugänge zu ermöglichen, schlägt der Entwurf ein leicht abgesenktes Niveau von Parkplatz und Eingängen vor, kann jedoch auch leicht erhöht in vollumfänglicher Berücksichtigung aller Vorgaben des bestehenden Bebauungsplanes realisiert werden.

FUNKTION_NUTZUNG_ERSCHLIESSUNG
Schlüssig wird das Areal im Nordosten an die Neukirchner Straße angeschlossen und kann ebenerdig mit dem Anliefer- und Individualverkehr erschlossen werden. Die Anlieferungen der beiden Einzelhandelsflächen erfolgt über den Kundenparkplatz. Beide Anlierferungszonen fügen sich in die Struktur des Parkplatzes ein und berücksichtigen die Schleppkurven der Lieferfahrzeuge. Die Zonierung des Parkplatzes als lineare Struktur unter Bäumen hält die soziale Mitte zwischen den Bauvolumen frei von Autoverkehr. Der so entstehende Platz im Südwesten bildet ein Gelenk zum angrenzenden Wohnquartier und bietet mit einer kleinen Co-work-Station und einem gastronomischen Angebot einen Aufenthaltsort für die neu entstehende sowie die etablierte Nachbarschaft. Die Zufahrt zur Parkgarage der Bewohner erfolgt über die Aschenbrennerstraße. Von dort verorten sich Räume für das Verstauen von Möbeln, Fahrrädern und Kinderwägen direkt an allen Treppenhäusern.Die ebenerdigen Gebäudezugänge folgen der gleichen Logik. So werden die beiden Nahversorger direkt vom Kundenparkplatz aus im Westen und Süden erschlossen. Die Eingänge liegen strategisch nah beieinander und teilen sich eine weitläufige, angenehme Vorzone. Die Nebennutzflächen der Einzelhandelsflächen sind um die jeweiligen Anlieferungs- und Erschließungszonen organisiert, sodass großflächige Verkaufsflächen entstehen, die flexibel bespielbar sind. Die vier Eingänge zu den Wohnquartieren werden bewusst bis zum Erdgeschossniveau durchgesteckt, um eine klare Adressierbarkeit und Verknüpfung der Areale zu erreichen. Dabei sind diese eindeutig von den Nutzungs- und Erschließungsbereichen der Supermarktflächen abgegrenzt und können ungestört über eigene Vorbereiche erreicht werden.

WOHNFORMEN_ORGANISATION
Innerhalb der Wohnquartiere werden durch effiziente Verknüpfungen der Baukörper mittels Kurzlaubengängen gleichermaßen kompakte wie qualitätvolle Erschließungsbereiche geschaffen, die eine eindeutige Zuordnung der Häuser und Wohnungen ermöglichen. Die Wohnungen sind jeweils optimal zu ihren Belichtungsseiten orientiert und bieten durch die kleinteilige Setzung der Baukörper neben der Qualität von zweiseitig belichteten, durchgesteckten Grundrissen auch oft dreiseitig belichtete Endstück-Wohnungen, was den kompakten Wohnformen optimale Belichtungs- und Belüftungsverhältnisse bietet. Der vorgegebene Wohnungsschlüssel eines durchmischten städtischen Wohnquartiers wird eingehalten und entspricht vollumfänglich den Wohnraumförderbedingungen. Die Modularität der Grundrisse erlaubt eine wirtschaftliche Standardisierung in hoher Qualität, sowie einer flexiblen Anordnung der Wohnungen innerhalb des Quartiers. So wird eine angenehme Durchmischung der Wohnformen erreicht. Zusätzlich wird auch Sonderformen Platz gegeben, wie Wohnungen mit einem extra Arbeitszimmer fürs Homeoffice, großzügigen Maisonettewohnungen für Familien oder einem gemeinsamen Wohnzimmer für die Bewohner der Einzimmerwohnungen im obersten Stockwerk. Beide Wohnquartiere koexistieren einerseits als qualitätvolle Wohnschollen und sind andererseits über eine gemeinsame Brücke, welche schlüssig im Gemeinschaftsbereich mündet, verbunden. So können Nachbarschaft und kontextueller Bezug entstehen. Die Gebäude umschließen stark durchgrünte Wohnbereiche, welche mit hoher Aufenthaltsqualität und Kommunikationsflächen großzügige Grünflächen und Spielbereiche anbieten.

FREIRAUM_GRÜN_SPIEL
Ergänzend greift der Außenraum das städtebauliche Konzept des Entwurfes auf und schafft im erdgeschossigen Bereich eine Zone, die funktionale Abläufe für Anlieferung und Parken mit einer starken Durchgrünung durch Rasengittersteine und Blätterdach verbindet. Großzügige Rasenflächen erheben sich zwischen den Gebäuden und Zonieren angenehme Aufenthaltsorte. Im Wohnquartier entsteht Retentionsraum in Form eines intensiv begrünten Dachgartens. Im Sinne der Schwammstadt speichert dieser Garten Wasser, spendet Schatten, bietet Naherholung und gute Gefühle. Hier kann gemeinsam gespielt, angebaut, entspannt werden. Neben großzügigen Terrassen, die sich in den Gebäudefugen an die Laubengänge anschließen, bieten viele kleine Plätze und Zwischenräume vielfältige Qualitäten und Bespielungen an. All diese unterschiedlichen Orte verbindet eine intensive Begrünung, die Bebauung und Freiraum gleichermaßen einrahmt und die grüne Dachplattform mit seinem ländlichen Kontext in Verbindung setzt. Die lockere Setzung der Bebauung schafft zudem optimale Belichtungszonen und Durchlüftungsschneisen für Wohnraum und Garten.

KONSTRUKTION_STRUKTUR_TECHNIK
Das städtebauliche Konzept spiegelt sich auch in der Konstruktion wider. Die stark funktional geprägte Erdgeschosszone wird mithilfe einer Trägerrostdecke überspannt, die aus vorgefertigten standardisierten Recyclingbetonteilen erbaut werden kann. Die Parkgarage im Untergeschoss fügt sich schlüssig in das konstruktive Gefüge des Erdgeschosses ein, unterbaut dieses in den notwendigen Teilbereichen als Recycling-Betonkonstruktion und dient alle Treppenhäuser barrierefrei und behindertengerecht an.Gemeinsam bilden Unter- und Erdgeschoss eine statische Einheit, die als Tisch-Tragwerk für die Wohnbebauung darüber dient. Deren Lasten können durch die Setzung der Stützen optimal abgetragen werden. Die Wohnbebauung ist modular erdacht und kann mithilfe von vorgefertigten Massivholzelementen gebaut werden. Standardisierte Fügungen machen den Bau demontier- und rezyclierbar, sodass sämtliche Baustoffe bei gleichzeitiger Trennbarkeit einer Dritt- und Wiederverwendung im Materialkreislauf zugeführt werden können. Die Gesamtanlage ist barrierefrei und behindertengerecht ausgeführt.

GESTALT_MATERIAL
Als Holzhybridbau, ummantelt einen Holzhülle Wohnbau und Erdgeschosszone. Es kommt zu einer schlüssigen Symbiose der Bauteile. Die klare Struktur und Feingliedrigkeit der vorgesetzten Fassade aus heterogen getönter vorvergrauter Holzschalung sorgt für eine Verbindung von Erd- und Obergeschossen und fügt das Gebäude kleinkörnig in den Kontext ein. Die Arkadenfassade im Erdgeschoss berücksichtigt die funktionalen Notwendigkeiten der Einzelhandelsflächen, schafft qualitätvolle Beschriftungs- und Gliederungsbereiche für die notwendigen Nutzungen und bindet die Gesamtfigur zu einem Ensemble zusammen.Die Dachflächen sind teilweise extensiv begrünt und teilweise als Photovoltaik- bzw. Solarflächen zur Nutzung regenerativer Energien genutzt. Die Materialwahl des Gesamtareals verwendet größtenteils nachhaltige recyclingfähige Materialien und wird somit zu einem Vorzeige- und Impulsprojekt für den Ort.

BRANDSCHUTZ_ENERGIE
Die klare und strategische Anordnung der Treppenhäuser erlaubt einen durchgesteckten klar lesbaren ersten Rettungsweg in den Ober- sowie dem Untergeschoss. Die einfache Zugänglichkeit sämtlicher Treppenhäuser über den Dachgarten, schafft eine notwendige Redundanz. Weiterhin können sämtliche Bereiche angeleitert werden - es entsteht ein unkompliziertes, schlüssiges Brandschutz- und Rettungswegkonzept. Neben der Verwendung vorgefertigter nachhaltiger Konstruktionen und Materialien wird mit dem Schutzgut Wasser, Wind und Energie behutsam umgegangen. Die beiden Dachflächen fungieren als Retentionsräume und Verdunstungsflächen. Das gesamte Niederschlagswasser kann durch den Bau aufgefangen und verwertet werden. Die Nutzung regenerativer Energien wird über die Solarflächen sichergestellt, die Verwendung von Massivholzbau rundet das nachhaltige Konzept ab.

Insgesamt gelingt es, den voluminösen Grundkörpern eine differenzierte Architektursprache entgegenzusetzen. So entsteht ein neues Wohnquartier von hoher Qualität, welches sich schlüssig in den Stadtkörper von Neunburg ohne dabei seine eigenständige Identität zu verleugnen.




Beurteilung durch das Preisgericht

Die Jury würdigt den Ansatz, die Möglichkeit des Bebauungsplans einer Bebauung in L-Form konsequent auszunutzen (als einziger Wettbewerbsbeitrag). Durch die Aufteilung in zwei Baukörper bei gleichzeitigem Versatz ergibt sich eine sehr gute städtebauliche Qualität. Auch die zweite Ebene / Wohnebene bildet konsequent die Ecken / Kanten der beiden Baukörper aus. Im Erdgeschoss bietet die breite Fuge zwischen beiden Gebäuden die Chance, die südlichen Baugebiete an die Einkaufsmärkte und darüber hinaus an die Altstadt gut anzubinden. Die Lage der Treppenhäuser mit Aufzug ist an drei Stellen sehr gut gelöst. An einem Punkt ergibt sich eine problematische Situation, da das Treppenhaus für die Wohnnutzung direkt bei den beiden Eingängen zu den Supermärkten liegt. Die architektonische Gestaltung der einzelnen "Häuschen" in der Wohnebene wirkt aufgesetzt. Die Zuschnitte der Wohnungen sind sehr gut gelöst, da schmale Gebäuderiegel mit Loggien und Laubengängen geplant wurden. Die Zuordnung der Wohnräume ist auch gut gelöst, da z.B. keine Aufenthaltsräume an den Laubengängen platziert wurden. Nachteilig wirken sich die zu niedrigen Raumhöhen in den unteren Wohnebenen aus (2,30 m ist zu niedrig).

Mit dem gewähltem Konstruktionsprinzip Holzhybridbau kann eine gute Nachhaltigkeit erreicht wer- den. Das große Bauvolumen mit zwei Baukörpern und großer verbindender Tiefgarage wird sich wirtschaftlich negativ auswirken. Auch die kleinteilige Architektur mit den aneinandergereihten Satteldächern wird voraussichtlich zu erhöhten Kosten in Bau und Betrieb führen. Die Umsetzbarkeit im Sinne des Bebauungsplans ist gegeben. Die Planung der Stellplatzanlage erlaubt eine qualitätvolle Begrünung mit Bäumen. Die Anordnung eines Teils der Parkplätze um die Ecke (an der Neukirchner Straße) ist ungünstig. Der Anlieferungstrichter des Vollsortimenters ist senkrecht zur Zufahrt angeordnet. Hier wird eine Nachbesserung bei den Parkplätzen erforderlich sein. Die Freiraumgestaltung bietet durch die Stellung der Wohnbauten an gemeinschaftlich genutzten und bespielten Hofräumen die Chance, funktionierende Nachbarschaften zu etablieren. Dabei ist die Abschirmung der (relativ wenigen) zum Hof orientierten Wohnungen planerisch anspruchsvoll, während sich die überwiegende Zahl der privaten Wohnungsfreiflächen richtigerweise nach außen orientiert. Begrüßt wird auch die Stegverbindung der beiden Dachgärten.

Der größte Mangel der Arbeit liegt darin, dass das Raumprogramm für die Nebenflächen für Vollsorti- menter und Discounter deutlich nicht erfüllt wird. Zudem wurde die Anlieferung zur Verkaufsfläche hin- zugerechnet und liegt unter den Vorgaben.
Außenperspektive von Norden

Außenperspektive von Norden

Lageplan

Lageplan

Fassaddenausschnitt Hof + Nord

Fassaddenausschnitt Hof + Nord

Schwarzplan

Schwarzplan