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Offener Wettbewerb | 11/2023

Junges und Studentisches Wohnen Sandwirt in Innsbruck (AT)

Zentraler Platz

Zentraler Platz

2. Preis

Preisgeld: 31.200 EUR

Nussmüller Architekten ZT GmbH

Architektur

Norbert Rabl Ziviltechniker GmbH

Brandschutzplanung

studio boden

Landschaftsarchitektur

AEE Intec

Energieplanung

House of Engineering

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Städtebauliche Lösung – Verweben und Verbinden

Das Thema des Verwebens und Verbindens wird in eine polygonale Struktur übersetzt, die die umliegende Stadt und deren Freiräume mit dem neuen studentischen Quartier vernetzt. Die kristallinen Baukörper sind in der Höhe gestaffelt und schaffen differenzierte Binnen- und Freiraumqualitäten. Die Bauwerke erzeugen damit eine Durchlässigkeit ins Quartier und ermöglichen vielschichtige Blickbeziehungen Richtung Inn und Berglandschaft. Durch die Ausbildung der Gebäudeformen in Türme und Sockel differenziert sich ein klares Nutzungsangebot des Sockels und der Dachterrassen von dem der Türme. Während die Sockelausbildung für eine klare Adressbildung sorgt und den Raum hauptsächlich für gemeinschaftlichen Flächen und Dachterrassen anbietet, findet in den Türmen das Wohnen statt.

Die aus der Gebäudeform resultierenden Freiräume bieten Bereiche mit differenzierten hochwertigen Aufenhaltsqualitäten. Die Innpromenade und das zukünftige Champagne Areal werden großzügig in das städtebauliche Konzept eingebunden. Im Zusammenspiel mit der Sockelzone, erweitert sich der öffentliche Freiraum nach oben, in halböffentliche Bereiche. Von hier aus verweben sich interessante Sichtbeziehungen innerhalb des Areals mit funktionellen Beziehungen zwischen Strassenniveau, Sockel und Gebäude. Der polygonale Zuschnitt gewährt den Bewohnern und Bewohnerinnen interessante Aus- und Fernblicke.

Architektur und Freiraum - Flusslandschaft

Eine Differenzierung in der Ausformulierung der einzelnen Türme ermöglicht eine Anpassung an die einzelnen Funktionsnutzungen und liefert gleichzeitig eine Antwort auf die Lärmbelastung in Form von Lärmschutzloggien. Die funktionalen Schwerpunkte des leistbaren und geförderten Wohnens werden baulich voneinander getrennt ermöglichen dadurch Durchlässigkeit im Quartier. Getrennte wirtschaftliche Betrachtungen sorgen für unterschiedliche Möglichkeiten in der Vermarktung. In den Sockelbereichen werden die öffentlichen Bereiche so angeordnet, dass sie einerseits den Lärm abschotten und die introvertierten Freibereiche beleben und andererseits den öffentlichen angrenzenden frequenzreichen Raum nutzen und mit Funktionen, wie die Bäckerei, beleben.
Durch die Höherentwicklung wird der Grad der bebauten Fläche am Grundstück minimiert. Daraus ergeben sich hochwertige, differenzierte Freibereiche mit einer reichen Fauna an die bestehende Flusslandschaft anknüpfen. Die befestigten Flächen sollen möglichst aufgelöst werden und auf das notwendigste Maß minimiert werden. Die gradierte Auflösung von Befestigt – Semi und Grün wirkt der sommerlichen Überwärmung entgegen und ermöglicht außerdem den Versiegelungsgrad zu optimieren.

Die organische Freiraumgestaltung resultiert aus der Flussbewegung - der Grünraum zieht sich wie ein Fluss um die Gebäude und entlang des Inns. Die Grüninseln entlang der Innpromenade dienen als erweiterte Parkräume und zur Programmierung unterschiedlicher Nutzungen: ein Jugend- und Kinderspielplatz, ein Calisthenics - Park und diverse Sitzmöglichkeiten bieten nicht nur den Bewohnern im Quartier Aufenthaltsmöglichkeiten, sondern auch den Spaziergängern. Zudem werden die Flächen für Starkregenereignisse zur Versickerung genutzt. Regenwasser wird aufgenommen, gespeichert und verzögert in den Untergrund und in den Inn abgegeben.

Die großzügigen, halböffentlichen Terrassen am Sockel werden durch intensive Begrünung und Baumbepflanzungen zoniert. Sie dienen den Bewohner als hochwertige Verweilfläche und fördern die soziale Vernetzung im Quartier maßgeblich. Im Hinblick auf die Bepflanzung werden unterschiedliche Themenschwerpunkte aufgenommen wie das Naschdach, das Biodiversitätsdach sowie das Urban-Gardening – Dach.

Funktion und Erschließung

Die Zufahrt im südwestlichen Eck wurde so organisiert, um befestigte Flächen möglichst zu minimieren. Neben Besucherparkplätzen für die Bäckerei sind auch die Tiefgargen-Zufahrt und die Anlieferung gebündelt im Nahbereich der Zufahrt angeordnet. Dies ermöglicht ein großzügiges autofreies Quartier, welches durch die jungen Bewohner und Besucher belebt wird.
Der bestehende Rad- und Fußweg entlang des Inns wird weitergeführt und sorgt mit seiner formalen Ausbildung für eine Durchwegung und Belebung des Quartiers. Ein neuer Fuß- und Radweg neben dem Langen Weg sorgt für die Anbindung an die Innpromenade. Im Bereich der Reichenauer Straße dient die breite Fußgängerzone für die Nutzung der Microgewerbeeinheiten im Erdgeschoss.
Die Bäckerei ist an der prominenten südwestlichen Ecke des Quartiers angeordnet und bespielt die öffentliche Fläche des Quartiers mit einer Freiterrasse. Das Restaurant ist zur Innpromenade orientiert und bietet einen angenehmen und ruhigen Blick ins Grüne. Zudem bietet sie den Besuchern überdachte und freie Bereiche zum Verweilen an. Die Anlieferung erfolgt für beide Gastronomiebetriebe von der Westseite des Gebäudes.

Das neue Jugendzentrum befindet sich an der Nordost Ecke des neuen Stadtquartiers. Dem großen Aufenthaltsbereich steht ein Freibereich Richtung Inn zur Verfügung. Die Kinder/ Jugendlichen haben somit einen etwas abgegrenzten Bereich zur Verfügung, welcher trotzdem von allen Seiten gut einsehbar ist.
Das geförderte Wohnen wird mit einem gemeinsamen Sockel und den angedachten gemeinschaftlich genutzten Flächen verbunden. Die Gemeinschaftsflächen dienen als Verbindungswege und erstrecken sich über beide Geschoße. Der zentrale Platz vor dem Eingangsbereich mit dem Lerncafé ist ein gemeinschaftlich sozial geprägter Raum mit vielfältigen Bespielungsmöglichkeiten für maximale Nutzungsmöglichkeiten. Im Eingangsbereich befindet sich das großzügige Lerncafé, welches das 1. Obergeschoss durch eine repräsentative Treppe verbindet. Im Obergeschoß bündeln sich die Freizeiträume um ein Atrium, welches auch für die umliegenden Wohnungen als gemeinschaftlicher Freibereich dient.
Das Studentenheim befindet sich im niedrigsten Baukörper und hat je Geschoß eine Clusterlösung als auch Microwohnen im Angebot. Gemeinschaftsloggien dienen als Kommunikationsmotor und ermöglichen lärmbefreite Freibereiche. Die Wohngemeinschaften sind im höchsten Baukörper untergebracht. Die Wohngemeinschaften verfügen ebenfalls über lärmbefreite Loggien.
Das leistbare Wohnen ist im dritten lärmabgewandten Baukörper untergebracht. Durch das Abrücken von den Straßen können hier Balkone als Freibereich angeboten werden. Auch dieser Baukörper verfügt über eine großzügige gemeinschaftliche Terrasse am Sockel.

Energieeffizienz und Nachhaltigkeit, Gebäudetechnik

Durch eine Passivhaus-Bauweise mit hocheffizienter thermischer Hülle und kontrollierter Wohnraumlüftung kann eine Reduktion des Gebäudeenergiebedarfs gegenüber der OIBRL 06/ SIA 2024 Benchmark erzielt werden. Die Versorgung des gesamten Bauabschnitts wird zu 100% über ein Anergienetz bestehend aus Wärmepumpen und einem Erdsondenfeld erfolgen. Auf Hochtemperaturfernwärme wird nur als Backup bzw. Ausfallsicherung zurückgegriffen. Für das Erdsondenfeld mit Regenerierung unter der Tiefgarage sowie zwischen den Gebäuden wird ein engmaschiger mittlerer gegenseitiger Sondenabstand von 8 Meter und einer erreichbaren Bohrtiefe von 120 Metern vorgesehen. Dabei ist mit einer spezifischen Sondenleistung von 30W/lfm und 62,5kWh/lfm/a zu rechnen. Die Regenerierung des Erdsondenfeldes erfolgt über Temperierung im Sommer und PVT- Kollektoren bzw. dem Rückkühler am Dach. Die Gebäude-Heizungsversorgung erfolgt über zwei getrennte Wärmeschienen: eine Niedertemperaturschiene (30-35°C) für die Raumheizung mttels Fußbodenheizung (Grundlastabde-ckung) und eine Hochtemperaturschiene (45-50°C) für die Warmwasserbereitung sowie ggf. für Heizkörper für die Raumheizung in Kombination mit der Fußbodenheizung. (Spitzenlastabdeckung) Zudem wird eine Wärmerückgewinnung der Heizenergie mittels Wärmetauscher aus dem Duschwasser eingesetzt. So kann ca. 30% des Heizbedarfes wieder zurückgewonnen werden. Die Warmwasseraufbereitung erfolgt zweistufig und dezentral. Die Grundheizung erfolgt über ein eigenes Heizungsnetz bis 45°C - über einen integrierten Glattrohrwärmetauscher - über 45°C mit einem Elektroheizstab.

Auf den Dachflächen sind auf ca. 1200m2 PV-Anlagen mit einer Leistung von 130KWp vorgesehen.
Der Ertrag der PV-Anlage fließt in zwei Teilbereiche:
• Nutzung für das Anergienetz (Wärmepumpen)
• Allgemeinstrom Mieterstrommodell für zukünftige Bewohner

Darüber hinaus verfolgt das Projekt folgende Strategien zur Optimierung der Energieperformance:
• Optimierung der Fassadenkonfigurationen bezüglich Tageslichtnutzung
• Kompaktheit
• Optimierte Wärmedämmung
• Optimierter Fensterflächenanteil
• Dynamischer Sonnenschutz
• Freigelegte thermische Speichermasse
• Bedarfsgerechte Lüftung (Präsenzmelder/ CO2-Steuerung)
• Flächenheizung und –kühlung (niedrige Temperaturdifferenz System/ Raum)
• Einsatz erneuerbarer Energien
• Solarstromanlagen
• Schadstoffarme Baumaterialien /Ökobilanzierung
• Nutzungsoffene Typologie (Grundrisse)

Für die Energieperformance sind Faktoren wie Raumklima, Gebäudeform, Gebäudehül-le, Gebäudetechnik, Energieversorgung und Schallschutzmaßnahmen bestimmend.

Schallschutzmaßnahmen

Die Sockelzone dient als Lärmabschirmung für das Quartier und in den lärmzugewandten Wohntürmen wird durch Schallschutzloggien dem Lärm entgegengewirkt. Weiters wird bei diversen Kleinwohnungen auf Freibereiche bewusst verzichtet, um gemeinschaftliche Freibereiche und Funktionen in den lärmabgewandten Bereichen zu fördern. Außerdem kann mittels der Vorgabe des Passivhaus-Standards das Lüften über eine Belüftungsanlage übernommen werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt beantwortet in faszinierend überzeugender Art die komplexen städtebaulichen Themen der Aufgabenstellungen. Mit polygonalen Strukturen werden die unterschiedlichen Freiräume verwoben und verbunden. Den städtischen Straßenzügen begegnet die Baukörpersetzung je nach Situation mit bewusst gesetzten Weiterführungen oder gekonnten Abschlüssen.

Der vom Süden her hereinführende Freiraum der Kampagne wird mit einem abgestuften Baukörper aufgenommen und die am Landschaftsraum des Inns situierte Bebauungskante erhält vom Westen herkommend eine sanfte Überleitung über die Brücke zum Innsbruck Hochhaus an der Schützenstraße.

Die Ausformulierung der einzelnen Türme bildet die erfolgreiche Weiterführung der Grundidee des Freiraumverwebens in die dritte Dimension. Höhenstaffelung von Sockelzonen, Dachterrassen und Hochhäusern sind in einer gestalterischen Leichtigkeit gesetzt. Überraschende Durchblicke, Ein – und Ausblicke lassen auf eine genaue Kenntnis bzw. eine sensible Lesart der großräumlichen Zusammenhänge seitens der Verfasser schließen.

Auch im Detail gelingt es, den Flussraum in das Gebiet hereinzuführen. Der Freiraum lässt viel Spielraum für unterschiedliche Nutzungen. An wichtigen Stellen wird die Stringenz der bis zum Boden geführten Fassaden im Sockelbereich mittels Arkaden aufgelockert und so der Grünraum von Terrassen aus besser erlebbar und nutzbar gemacht.

Die klare Gliederung der Funktionsbereiche Wohnheim, geförderter Wohnbau und leistbarer Wohnbau wird positiv gesehen, Gewerbezuordnung und Jugendzentrum sind nachvollziehbar positioniert.

Doch so klar das städtebauliche Konzept die Jury überzeugt, so unklar erscheint die grundrissliche Weiterführung. Der Fassadenbereich zur Südostecke lässt erste Zweifel an der richtigen Positionierung des Fahrradraumes aufkommen. Die Haupteingänge von der Inn Seite und die Verlegung des Multifunktionsraumes in das abgeschiedene 1.Obergeschoss, sowie die ringförmig angeordneten außenliegenden Wohnungen werden sehr kritisch gesehen. Dadurch entstehen unbelichtete Restflächen, auch die innenliegenden Verkehrsflächen der einzelnen Türme lassen sozialräumliche und Aufenthaltsqualitäten vermissen.

Als Wohnungseigene Freiräume werden wiederum geschickt Loggien bzw. lärmabgewandte Balkone angeboten, die ein Höchstmaß an Privatheit und Aussicht bieten. Im Wohnheim werden diese Zonen zu großzügigen Wohnloggien erweitert.

Die Wirtschaftlichkeit in Errichtung und Betrieb ist nachvollziehbar erklärt, dass statisch konstruktive System durchgängig ausformuliert, ebenso ist die positive Stellungnahme zum Kostenrahmen plausibel. Die Energieeffizienz ist gegeben.

Insgesamt würdigt die Jury dieses Projektes als äußerst wertvollen Beitrag auf Grund seiner herausragenden städtebaulichen Ausformulierung.
Weitblick

Weitblick

Lageplan

Lageplan

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Statisches Konzept

Statisches Konzept