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Offener Wettbewerb | 10/2023

Neubau Staatsarchiv Waldau in St.Gallen (CH)

2. Preis

Preisgeld: 50.000 CHF

jessenvollenweider architektur

Architektur

Stauffer Rösch Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Schnetzer Puskas Ingenieure AG

Tragwerksplanung

Waldhauser + Hermann AG

TGA-Fachplanung

Kuster + Partner AG

Nachhaltigkeitskonzept, Bauphysik

Gruner AG

Brandschutzplanung

Pfister Modellbau

Modellbau

Indievisual AG

Visualisierung

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt arbeitet mit einer sensiblen, stark aus dem Bestehenden entwickelten Strategie. Der vordergründig minimale Eingriff arbeitet nicht nur mit dem physischen Bestand, sondern verwendet auch das heutige Farbkonzept als Rohmaterial für das Neue. Feinfühlig werden hier sanfte Veränderungen vorgenommen, indem das Petrol im Zusammenspiel mit wenigen orangen Farbakzenten als alleinige Farbe zur Anwendung kommt und sich mit Materialien wie Beton und Holz zu einem zurückhaltenden Farb- und Materialklang verbindet. Städtebaulich bleibt alles beim Alten. Ein Gartenhain mit grossen Bäumen bestimmt den Zugangsbereich und verbindet sich in stimmiger Weise mit

dem angrenzenden Baumbestand auf den Nachbarparzellen. Diese entspannte, landschaftliche Geste wird mit einer gärtnerisch-formalen Bänderung überlagert und als Abfolge von Gräserfeldern und Staudenbändern bepflanzt. Diese Intervention wirkt gestalterisch forciert und vermag dem Ort leider nicht den erwünschten Aufenthaltswert zu verleihen.

Die wichtigste Neuerung ist die Einfügung von zwei Lichthöfen, welche den Grundriss neu strukturieren und die Qualität von Erschliessung und Arbeitsplätzen im Untergeschoss stark verbessern. Das grosszügig einfallende Tageslicht lässt die innere Welt deutlich freundlicher erscheinen als im heutigen Zustand. Die Einfügung der Lichthöfe ist zugleich auch der kontroverseste Teil des Projekts, stellt sich doch die Frage, ob der Einblick des Publikums von oben in die Arbeitsplätze im Bereich Erschliessung und Konservierung in dieser Form erwünscht ist. Zwar wird die Tätigkeit des Staatsarchivs dadurch sichtbar, doch könnten sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch wie im Aquarium vorkommen und sensible Bestände könnten bei der Bearbeitung von Unbefugten eingesehen werden. Die geschickte Grundrissdisposition sorgt für effiziente Abläufe mit kurzen Wegen. Die Zonierung zwischen öffentlich und privat ist klar ersichtlich und überall gut eingehalten. Für die Bewegung des Archivmaterials bis zum Lesesaal ist nur 1 Lift nötig, was ein umständliches Umladen unnötig macht. Der separate Lift fürs Personal sorgt dafür, dass sich Personen- und Warenflüsse nicht in die Quere kommen. Die sorgfältige Durcharbeitung des Projekts zieht sich bis in den Bereich des Archivs durch. Allerdings sind die Überlegungen in diesem Bereich nicht stichhaltig. Die Compactusanlage ist in langen Reihen angeordnet, was zu langen Wegen führt und es nötig macht, unnötig lange Regalreihen zu verschieben, um zu den Akten zu gelangen. Im Erläuterungstext wird behauptet, die Compactusanlage sei konkret durchgeplant worden und aufgrund dieser Planung sei eine Flächeneinsparung von 500m2 zu realisieren. Da jedoch ein zeichnerischer Nachweis hierfür fehlt, kann nicht überprüft werden, dass diese Einsparung realisiert werden kann. Im Gegenteil muss davon ausgegangen werden, dass eine betrieblich bessere Anordnung der Compactusanlage einen Flächenmehrbedarf von 500m2 Archivfläche auslösen würde. Die Lage der allfälligen Magazinerweiterung ist sinnvoll gewählt. Allerdings sind die Anlieferungswege von dieser Erweiterung zum Lift nicht gesichert, was dannzumal einen Umbau im Bestand nach sich ziehen würde. Das Projekt hat nur sehr geringe Eingriffe im Bestand. Der Umgang mit dem Bestand ist gut nachvollziehbar und materialsparend. Es werden Öffnungen in die bestehenden Decken geschnitten, was mit geringen Verstärkungen möglich ist. Der Vorschlag wie das Magazin erstellt werden soll, ist sehr materialintensiv. Das Magazin ist für die Erstellungskosten und auch für die Nachhaltigkeit massgebend. Die Anordnung der sehr grossen Räume ohne Zwischenstützen, welche 55cm starke vorgespannte Flachdecken benötigen, ist sehr weit entfernt von einem nachhaltigen Entwurf. Das Vorspannen der Flachdecken ist bei diesen Dimensionen und Spann- weiten sinnvoll. Wie im Text beschrieben wird, soll dann das CO2, welches durch die Produktion von Beton entsteht, mittels Pflanzenkohle kompensiert werden. Da ein Archiv nicht zwingend solch grosse Raumdimension benötigt, hätte man jedoch auch die Möglichkeit gehabt, die Räume kleiner zu gestalten, was die Tragwerksdimensionen und den nötigen CO2-Aufwand deutlich reduziert hätte.

Das Projekt schlägt vor, im Bestand die Primärstruktur und weite Teil der Sekundärstruktur zu erhalten. Massnahmen zur energetischen Optimierung der Fassade sind nicht eindeutig definiert. Das wirkt als Konzept etwas plakativ und für eine spätere Umsetzung nicht realistisch. Die Absicht einer geringen Eingriffstiefe zur Reduktion der grauen Treibhausgasemissionen ist aber erkennbar und zielführend. Der vorgeschlagene Technisierungsgrad für das zum Staatsarchiv umgenutzte ehemalige Zivilschutzzentrum ist nicht Low Tech, aber angemessen. Die beschriebene hohe Materialintensität des Archivs führt zu hohen grau- en Treibhausgasemissionen. Der Einsatz von Lehmputz zur Stabilisierung der Feuchtegehalts im Archiv ist vorteilhaft. Die vorgeschlagene Erneuerung des Bestandsbaus müsste im Detail präzisiert werden, um beurteilen zu können, ob SNBS eingehalten werden kann. Die hohe Materialintensität des Magazins ist nicht optimal zur Erfüllung des SIA 2040. Gesamthaft stellt das Projekt einen räumlich interessanten, jedoch betrieblich kontrovers diskutierten Beitrag dar, der leider auch im Bereich Archiv nicht überzeugen kann.