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Einladungswettbewerb | 11/2023

Entwicklung Bubenberg- und von May-Strasse in Thun (CH)

2. Rang

Preisgeld: 42.000 CHF

Ernst Gerber Architekten + Planer AG

Architektur

Rykart Architekten AG

Architektur

Klötzli Friedli Landschaftsarchitekten AG

Landschaftsarchitektur

PIRMIN JUNG

Tragwerksplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt beabsichtigt durch die Setzung dreier Gebäude den wenig identitätsstiftenden Strukturen im Quartier Einhalt zu gebieten. Dabei werden zwei lineare und ein eher punktförmiger Baukörper entlang des Perimeters aufgereiht mit der Absicht, sich einerseits mit den bestehenden angrenzenden Siedlungsstrukturen zu verweben und andererseits mit einem grosszügigen aufgespannten Freiraum in der Mitte einen Orientierungs- und Treffpunkt zu schaffen. Die unterschiedlichen Höhen der Gebäude erzeugen eine klare Hierarchisierung. Der siebengeschossige und somit überhohe Punktbau ist städtebaulich nachvollziehbar. Der städtebauliche pragmatische Ansatz überzeugt auf den ersten Blick. Tatsächlich wird durch die Besetzung des Strassenraums, die Höhenstaffelung und das Weiterführen des bestehenden Wegnetzes eine Anbindung und Klärung erreicht. Gleichzeitig jedoch stellt sich bei näherer Betrachtung die Frage, inwiefern das nordwestliche Gebäude zur besseren Lesbarkeit der Situation beiträgt, indem es sich quer zur ortstypischen Ausrichtung stellt. Auch ist die Öffnung des Innenhofs nach Norden nicht selbsterklärend. Die genannte Raumklärung ist in diesem Falle nicht ersichtlich. Ganz allgemein wird die Präzision und die räumliche Nachvollziehbarkeit der Setzungen noch etwas vermisst. So wirkt denn auch der östliche Gewerbe-Vorbereich vom Punkthaus und der angrenzende Zugang zum Innenhof noch unklar. Die beiden Stirnseiten sind wenig raumbildend. Auch die Zufahrts- und Zugangssituation mit Einstelhalle und Besucherparkplätze irritiert. Die Erschliessung der Gebäude über die sogenannte Mitte fördert die soziale Interaktion und gefällt. Auch der Schnellzugang der Laubengänge der linearen Gebäude über eine Wendeltreppe unterstützt den Bezug zum Freiraum. Die Zugangssituation des Punkthauses scheint etwas unausgewogen. Zum einen gibt es einen informellen Hauseingang entlang der Strasse, während auf der Südseite ein leicht überdimensionierter Eingang mit Vorbereich und Halle angeboten wird, der nebst den Wohnungen auch den angrenzenden Gemeinschaftsraum erschliesst. Die Gestaltung der Gebäude bildet die Konstruktion und somit gleichmässige Rasterung ab. Die gestalterische Unterscheidung der beiden Typologien ist stimmig, lediglich beim Punktgebäude wäre eine gewisse Variabilität in den Obergeschossen wünschenswert.

Eine grosse Durchlässigkeit und Offenheit charakterisieren die Freiräume. Ein Wechselspiel aus polygonalen Erschliessungsflächen, Platzsituationen und Spiel- und Aufenthaltsräumen überspannt den gesamten Freiraum bis zur Bubenbergstrasse und von May-Strasse. In den Erdgeschossen sind Ateliers, mietbare Arbeitsräume und Gemeinschaftsräume oder auch eine Kita verortet, welche die angrenzenden Flächen bespielen und dadurch einen wertvollen Beitrag zur Belebung leisten. Das angedachte Vegetationskonzept unterstreicht die räumliche und atmosphärische Qualität. Dunkellaubige Charakterbäume wie Eiche und Esskastanie rahmen in lockerer Anordnung den Freiraum zur Bubenbergstrasse und von May-Strasse. Im Zentrum um das Rasenspielfeld prägen kleinblättrige Laubgehölze den Ort und schaffen je nach Jahreszeit eine differenzierte Stimmung und Aufenthaltsqualität. Abgewandt zu den gemeinschaftlichen Freiflächen, gegen Süden und Westen ergänzen präzis gefasste private Gärten das Freiraumangebot. Die Bubenbergstrasse wird mit wechselständigen angeordneten Baumpflanzungen entlang des beidseitigen Trottoirs verkehrsberuhigt. In der Konsequenz wird die Einstellhallenzufahrt an der von May-Strasse platziert. Die Zufahrt über eine aussenliegende Rampe in das Untergeschoss schwächt jedoch die Adressierung des Längsbaus zur von May-Strasse.

Die Projektverfasser:innen schlagen bei den Längsgebäuden eine Laubengang-Typologie mit Duplexwohnungen im Erd- und 1. Obergeschoss und durchgesteckten Wohnungen in den restlichen Geschossen vor. Dabei wird ein Grundmodul von zwei 4.5-Zimmerwohnungen angeboten, das sich durch ein Joker Zimmer geschickt in eine 5.5, bzw. eine 3.5 Zimmerwohnung umformen lässt.
Die Grundrisse sind aufgrund des Rasters sehr effizient aber gleichzeitig weniger variabel. Die Duplexwohnungen sind eher zu zahlreich. Die zuschaltbaren Atelierräume im Erdgeschoss ergänzen das Angebot, beeinträchtigen aber gleichzeitig Belichtung der angrenzenden Wohnung und verhindern ein Durchwohnen. Ausser in den an den Laubengang grenzenden Flächen resp. Zonen ist jedem Wohnobjekt ein hohes Mass an Privatheit gegeben. Das Punkthaus ist ein 9-Spänner mit kleineren Wohnungen. Zwischen den Eckwohnungen liegen einseitig orientierte 2.5-Zimmerwohnungen.

Dem innenliegenden Erschliessungsbereich wird alle zwei Geschosse ein Gemeinschaftsraum angegliedert, der die natürliche Belichtung und soziale Interaktion fördert. Insgesamt verliert der sehr effizient anmutende Bau aufgrund der zahlreichen Erschliessungs-, Gemeinschafts- und Gewerbeflächen etwas an Robustheit. Die strassenseitigen Kleingewerbe- und Atelierflächen mit Galeriegeschoss sind aus betrieblicher Sicht noch nicht optimal.

Aus verkehrlicher Sicht wird ein solides Erschliessungskonzept präsentiert. Die arealinternen Verbindungen für den Fuss- und Veloverkehr inkl. den Anschlüssen an das übergeordnete Netz sind in sich schlüssig und weisen dank der guten Entflechtung vom restlichen Verkehr eine hohe Sicherheit aus. Die qualitativen und quantitativen Vorgaben bezüglich der Veloabstellplätze sind gut umgesetzt, gehen auf die verschiedenen Bedürfnisse ein und weisen eine hohe Qualität auf. Die zwei separaten Velorampen tragen wesentlich zu dem hohen Standard bei. Die Haupterschliessung für den motorisierten Verkehr entspricht den Vorgaben. Die Anzahl der geforderten Parkplätze wird leicht übertroffen. Der kompakte Lösungsansatz mit den Rampen und den oberirischen Parkplätzen wird kontrovers diskutiert. Einerseits ermöglicht die kompakte Lösung grosszügigere Freiräume, andererseits ist die Freiraumqualität direkt bei der Anlage eingeschränkt. Die Anlieferung und die Feuerwehrzufahrten sind gut gelöst.

Die hohe Flächeneffizienz in den Ober- und Untergeschossen wirkt sich positiv auf die Erstellungskosten aus, welche demzufolge im Quervergleich leicht unter dem Durchschnitt ausfallen. Dies wird durch eine teilweise aussenliegende Erschliessung und ein kompaktes Volumen erreicht. Auffällig ist die im Quervergleich grosse Aussennutzfläche und das grosse unterirdische Volumen. Nicht erreicht wurde die geforderte Gebäudetechnikfläche.

Die drei Holzbauten stehen auf einer zweigeschossigen Einstelhalle in Massivbauweise mit grossem Stützenraster und starker Deckenplatte. Die Holz-Skelettbauweise folgt einem strengen und effizienten Raster mit wirtschaftlichen Spannweiten. Auf der Seite der Laubengänge und Logen ist ein vom Haupttragwerk getrenntes Tragwerk mit Stützen vorgesehen. Das Tragwerkkonzept weisst gewisse Unregelmässigkeiten auf. So entspricht das Stützenraster der Aussenstützen nicht dem inneren Raster und erfordert zusätzliche Bauteile, was aber das Tragwerk wiederum spannend macht. Geschossdecken aus Brettstapel auf Träger in BSH und entsprechende Schichtfolgen erfüllen die Anforderung an Tragsicherheit und Gebrauchstauglichkeit. Aussteifende Wandscheiben in Längs- und in Querrichtung garantieren die Stabilisierung. Vertikale Fluchtwege sind beim Punktbau innen, bei den Laubengängen beidseitig angeordnet sowie eine zusätzliche Aussentreppe vorgesehen. Die Ausführung der Laubengänge, Loggien und übereinander angeordneten Licht- und Luftschächten erfordern ein sorgfältig ausgearbeitetes Brandschutzkonzept und Deckensysteme. Auf der Rückseite durchdringen die Unterzüge die Gebäudehülle, was eine sorgfältige Ausführung erfordert. Der konstruktive Holzschutz der Anschlüsse und Bauteile im Bereich der Laubengänge wäre zu verbessern.

Das Projekt hat einen vergleichsweise grossen Footprint und ein grosses unterirdisches Volumen. Die Ökobilanz ist deshalb nur durchschnittlich – trotz ökologisch ausgelegter Konstruktionen. Die umlaufenden Laubengänge / Balkone führen zu sehr tiefen Grundrisse. In einzelnen Zonen ist die Tageslichtzufuhr unzureichend. Eine erfolgreiche SNBS-Zertifizierung ist dadurch in Frage gestellt.

Der klare und eindrĂĽcklich ausgearbeitete Entwurf fĂĽhrte im Preisgericht zu anregenden Diskussionen. Am Ende unterlag der Pragmatismus der fehlenden Verortung.