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5. Rang 6 / 6

Offener Wettbewerb | 12/2023

Neubau Dreifachsporthalle Mittelschule Nidwalden in Stans (CH)

atelier ww Architekten SIA AG

atelier ww Architekten SIA AG

6. Rang / 6. Preis

Preisgeld: 10.000 EUR

atelier WW Architekten SIA AG

Architektur

Chaves Biedermann Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Im Projekt Lampion präsentiert sich die Dreifachsporthalle als eigenständiger und imposanter Bau, der selbstbewusst neben dem Kollegium St. Fidelis steht. In Kombination mit dem Kollegiumsbau wird ein ortsbauliches Ensemble geschaffen. Der dahinterliegende Hang wird durch den Zwischenraum der beiden Gebäude erlebbar. Der Raum zwischen alt und neu ist Landschaft und Architektur zugleich. Geschickt verbindet eine Landschaftstreppe mit Sitzkanten die hintere Geländeterrasse mit dem vorderen Kollegiumsplatz. Eine filigrane, transparente gedeckte Passerelle verbindet die beiden Gebäude im 1. Obergeschoss.

Die schiere Grösse und die Nähe des Projektvorschlages zum Kollegium definieren die Bedeutung des Bestandsbaus auf der terrassierten Geländekante von Stans neu. Es ist nicht mehr das Kollegium, das den östlichen Abschluss der markanten Bauten von Stans bildet, sondern die Dreifachsporthalle. Die historische Anlage wird in ihrem Setting neu interpretiert. Die Verfasser unterstreichen gewollt den selbstbewussten, etwas monumentalen Habitus des neuen Gebäudes durch den zweigeschossigen, kräftigen Sockel und den als Leuchtkörper gestalteten gläsernen Oberbau. Gesteigert wird dies zudem durch das skulptural ausgebildete Erdgeschoss auf der Zugangsebene.

Es stellt sich die Frage, inwiefern die neue Dreifachhalle in Bezug auf ihre Funktion dieser grossen ortsbaulichen Bedeutung gerecht werden kann. Einerseits handelt es sich bei der Dreifachsporthalle nicht um einen Mehrzweckraum oder eine Aula, die einem ehrgeizigen Anspruch als zentraler Versammlungsort gerecht werden und diese Bedeutung einfordern würden. Andererseits rechtfertigt die vorgeschlagene Raumdisposition im Erdgeschoss, mit Fitness- und Gymnastikraum sowie der Schreinerei, nicht die auf Platzniveau vorgeschlagene skulpturale Geste. Insbesondere der Zugangsbereich müsste prominenter platziert und gestaltet werden, um diesen Ansprüchen gerecht zu werden.

Ansonsten zeichnet sich der Entwurf mit einer kompakten Grundrissdisposition aus, welche gut funktionierende Nutzungsabläufe und attraktiv angeordnete Räume bietet. Vor allem die Schnittlösung überzeugt. Im Erdgeschoss werden neben den erwähnten Gymnastikräumen sämtliche kleinteiligen Räume wie Umkleidekabinen und Toilettenanlagen platziert. Im oberen Gebäudeteil erstreckt sich die Dreifachsporthalle über die gesamte Gebäudetiefe. Die Sporthalle wird im unteren Drittel räumlich gefasst und findet im oberen Bereich einen transparenten, leicht und elegant wirkenden Abschluss. Die Zuschauergalerie wird hangseitig präzise auf die Höhe der Hangkante gesetzt und schafft einen schönen Bezug zum Hang. Gleichzeitig ermöglicht sie den Besucherinnen und Besuchern gegen Norden einen Panoramablick auf den Talboden von Stans. Die attraktive Anbindung zum Bestandsbau über eine filigran gestaltete Passerelle im 1. Obergeschoss auf Hallenbodenniveau ist volumetrisch diskret und betrieblich funktional überzeugend.

Die Projektverfasser schlagen vor, dass im Falle einer Erweiterung ein zusätzliches Vollgeschoss auf dem Sporthallenbau realisiert werden kann. Eine solche Volumenerweiterung ist jedoch nicht mit den denkmalpflegerischen Schutzzielen zu vereinbaren.

Der architektonische Ausdruck des Gebäudes entwickelt sich aus seiner Konstruktion. Der zweckmässige Einsatz von Stahlbeton in erdberührten Bereichen auf Sockelniveau, kombiniert mit einer vom Terrain abgesetzten Holz-Tragkonstruktion, ist konstruktiv schlüssig umgesetzt. Die Absicht, sich in der Farbgebung des Sockels am Bestand anzulehnen, wird kritisch hinterfragt. Gleichzeitig scheint die transluzente Hülle des Obergeschosses ortsfremd. Auch wird der hohe Verglasungsanteil der Dreifachsporthalle kritisch diskutiert, insbesondere hinsichtlich des sommerlichen Wärmeschutzes und der Blendwirkung beim Sportbetrieb.

Der Dringlichkeit, den Ressourcenaufwand für Erstellung und Betrieb von Gebäuden zu minimieren, kommt das Projekt nicht nach. Abgesehen vom minimalen Eingriff in das Terrain und dem Holzhallenbau wird die Lastabtragung an der Nordfassade zu einem grösseren Kraftakt. Die transparente Fassade ist nicht nur in deren Erstellung energieintensiv, sondern führt auch im Betrieb zu einem ganzjährig hohen Energiehaushalt. Das akribisch ausgearbeitete Haustechnikkonzept reagiert auf die Notwendigkeit der Kühlung mittels Wärmepumpe / Kältemaschine und verzichtet daher auf den vorhandenen Anschluss an die Fernwärme. Das Lüftungskonzept folgt nicht den physikalischen Grundsätzen und führt so zu einem wenig effizienten Betrieb und steigert die vorhandenen Komfortrisiken entlang den Fassaden noch mehr. Das Projekt müsste für eine erfolgreiche Zertifizierung betreffend Energieeffizienz und Komfort überarbeitet werden.

Das kompakte Volumen, der zurückhaltende Eingriff in die Topografie sowie moderate Erdbewegungen und Aushubarbeiten würden auf ein wirtschaftlich zu erstellendes Bauwerk schliessen. Die gläserne Fassade und die aufwendige Gebäudetechnik lassen die Kosten jedoch ansteigen.

Der Beitrag schlägt ein Freiraumkonzept vor, das gekonnt eine Raumabfolge mit unterschiedlichen Qualitäten und abwechslungsreichem Nutzungsangebot präsentiert. Beschattete und entsiegelte Pausenplätze, aufgewerteter Retentionsgarten mit Sitzkanten und diverse Spiel- und Sportausstattungen bieten verschiedene Aufenthaltsqualitäten an. Die Erschliessungs- und Parkierungsflächen überzeugen durch ihre klare und effiziente Anordnung. Der Stämpbach wird nicht nur offengelegt, sondern auch erlebbar gemacht – sei es beim Bauwerk der Eindolung, wo beschattete Sitzkanten den Weitblick über den Stanserboden erlauben, oder bei einer Bachbett-Aufweitung am Waldrand. Im rückwärtigen Bereich der neuen Sporthalle bietet eine sorgfältige topografische Einbettung eine weitere Aufenthaltsqualität an, indem ein direkter Bezug der innenliegenden Galerie zu den aussenliegenden Sitzkanten am Stämpbach angeboten wird.

Durch die starke Entsiegelung und Begrünung entsteht eine grosse Aufwertung auf klimatischer und ökologischer Ebene. Ein Mehrwert an Biodiversität ist nicht nur durch die gelungene Offenlegung des Baches gegeben, auch all die neuen Grünflächen leisten einen zusätzlichen Beitrag.

Die Freiraumgestaltung überzeugt durch ihre sehr sorgfältige und umfassende Ausarbeitung. Das Gesamtkonzept sieht eine stark bespielte Raumstruktur mit einem hohen Nutzungsangebot vor. Die organisch gehaltene Formensprache wirkt im historischen Kontext jedoch sehr ortsfremd. Dieser Kritikpunkt schmälert jedoch nur begrenzt diesen hochwertigen gedachten und ausgearbeiteten Beitrag zum Freiraum.

Abschliessend betrachtet handelt es sich beim Projekt Lampion um einen wertvollen Beitrag, der in sehr sorgfältiger Weise untersucht, inwiefern ein eigenständiges, nicht in den Untergrund greifendes Volumen ein Gebäudeensemble mit den Bestandsbauten schaffen kann. Der historische Hauptbau St. Fidelis erfährt durch die selbstbewusste Platzierung der Dreifachsporthalle eine ortsbauliche Uminterpretation. Es stellt sich die Frage, ob die geplante Sporthalle eine derart hohe ortsbauliche Bedeutung besitzt, um diese Umdeutung zu rechtfertigen. Hier bestehen berechtigte Zweifel.
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