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Award / Auszeichnung | 09/2013

Architekturpreis der Stadt Leipzig 2013

Blick über den Bahnsteig

Blick über den Bahnsteig

S-Bahnhof Wilhelm-Leuschner-Platz

DE-04109 Leipzig, Wilhelm-Leuschner-Platz

Architekturpreis der Stadt Leipzig 2013

Max Dudler GmbH

Architektur

DEGES Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH

Bauherren

PICHLER Ingenieure GmbH

Tragwerksplanung

WINTER Beratende Ingenieure für Gebäudetechnik

TGA-Fachplanung

Graner Ingenieure GmbH

TGA-Fachplanung

Brandschutz Consult Ingenieurgesellschaft mbH Leipzig

Brandschutzplanung

Licht Kunst Licht AG

Lichtplanung

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Verkehr

  • Projektgröße:

    5.678m² (geschätzt)

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Fertigstellung: 01/2013

Projektbeschreibung

Die im Schnitt rechtwinkelige, in Längsrichtung leicht gekrümmte Bahnsteighalle befindet sich in 20 Metern Tiefe. Wände und Decke der langgestreckten, stützenfreien Halle sind mit großformatigen, hinterleuchteten Glasbaustein-Fertigelementen bekleidet, die in ein Gitterwerk aus Sichtbetonfertigteilen eingesetzt sind. Die Halle erstrahlt auf diese Weise hell und weiträumig. Durch die extreme Wiederholung ein und desselben Motivs erscheint sie für den Reisenden in ihrer realen Dimension kaum greifbar. Lediglich der Boden des Inselbahnsteigs, welcher aus hellem, fugenlosem Ortterrazzo ausgeführt wurde, bildet einen ruhigen Kontrapunkt zum scheinbar endlosen Raster der Wände. Alle notwendigen Möblierungen des Bahnhofs sind wie geometrische Betonskulpturen auf dem Bahnsteig angeordnet, wobei alle Funktionsbereiche, die Sitzgelegenheiten, Fahrplanaushänge und Fahrkartenautomaten gewissermaßen subtraktiv aus den kubischen Betonkörpern herausgearbeitet sind.

Die tragende Konstruktion der Bahnsteighalle aus Stahlbeton-Fertigteilen ist hinter der Glasstein Verkleidung nicht sichtbar. Die Wandelemente der Glasbausteinhülle sind an einer Stahlunterkonstruktion an der Tunnelwand rückverankert. Die Deckenelemente sind von der Rohbaukonstruktion abgehängt.

Fahrgäste betreten die Station über die mit festen Treppen, Rolltreppen und Fahrstühlen ausgestatteten Zugänge an den nördlich und südlich gelegenen Stationsköpfen. Die Gestaltung der beiden Zugänge steht architektonisch in einem bewusst gesetzten Kontrast zur filigranen, transparent anmutenden Bahnsteighalle. Sobald sie unter die Platzoberfläche taucht ist die Treppenanlage und ihre innere Hülle vollständig aus Sichtbeton errichtet. Die minimalistische, fast rohe Gestaltung verstärkt den Eindruck, man bewege sich in das Innere der Erde hinab, gleich einem in den Fels geschlagenen Gang. Wie aus einem Guss fügen sich die Treppen mit dem Bahnsteig zu einem langen Band. In Anlehnung an die Bahnsteighalle sind die oberirdischen Zugangsbauten ebenfalls mit Glasbausteinen gestaltet. Durch eine Beleuchtung bei Dunkelheit, sollen sie zur Belebung des Platzes beitragen.

Wilhelm Leuschner war ein sozialdemokratischer Politiker und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus. Der ehemalige Königsplatz in Leipzig wurde ihm zu Ehren 1945 in Wilhelm-Leuschner-Platz umbenannt. Im Jahr 2013 erhielt der Platz den Namen „Platz der Friedlichen Revolution“ aufgrund seiner Bedeutung während der deutschen Wiedervereinigung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Station Wilhelm-Leuschner-Platz ist Teil der neuen S-Bahnverbindung zum Leipziger Hauptbahnhof. Das Projekt zählt zu den größten innerstädtischen Infrastrukturmaßnahmen Europas. Der langgestreckte Raum der Haltestelle verbindet den Wilhelm-Leuschner-Platz unterirdisch mit der Leipziger Innenstadt, die ebenerdig durch die Ringstraße voneinander getrennt sind.

Die beiden Zugangsbauwerke sind zurückhaltende einfache Kuben aus Beton und Glasbausteinen, die jeweils an den Enden des Bahnsteigs über einläufige Treppenanlagen zu erreichen sind. Nachts setzen die leuchtenden Bauwerke auf dem Platz qualitätvolle gestalterische Akzente. Für15 Meter hohen stützenfreien Raum in der eigenen Abwärtsbewegung wahrnimmt. Mit jedem Schritt zum Bahnsteig hinab öffnet sich die Halle mehr und mehr und gewinnt an Größe und Erhabenheit. Die Klarheit der Kubatur und der Erschließung wird verstärkt durch die Stringenz des Materialkonzepts. Das Decken und Wände umfassende tragende Gitterwerk aus hellem Sichtbeton ist mit hinterleuchteten Glasbausteinen ausgefacht, die dem Raum eine tageslichtartige Helligkeit geben. Aus dem homogenen Terrazzoboden des Bahnsteigs sind die Einbauten, wie Sitzgelegenheiten und Fahrkartenautomaten, subtraktiv herausgearbeitet. Sie wirken wie Skulpturen, die über den Bahnsteig verteilt technische Einbauten dominieren, und so dem Raum eine gestalterische Geschlossenheit geben.

Die weiträumige Halle wird bestimmt durch ihre funktionale Reduktion und Klarheit verbunden mit einer den Reisenden berührenden Gestaltqualität. Der besondere Eindruck der für eine S-Bahn-Station ungewöhnlich großen Halle wird durch die gedämpfte Lichtstimmung und durch die leichte Krümmung des Raumes noch gesteigert. Das Spiel zwischen Nah- und Fernwirkung der kleinteiligen Glasbausteinelemente gibt dem Bauwerk zudem seinen menschlichen Maßstab. Dem Architekten ist es gelungen, durch die Kubatur, die Materialität und die Lichtführung diesem Verkehrsbauwerk einen nahezu sakralen Charakter zu verleihen. Eine Kathedrale für den öffentlichen Nahverkehr, ein zukunftsweisendes Bauwerk für eine der zentralen Aufgaben im urbanen Kontext einer Großstadt.
Gesamtansicht Bahnsteighalle

Gesamtansicht Bahnsteighalle

Detail Bahnsteig

Detail Bahnsteig

Blick auf den Treppenaufgang

Blick auf den Treppenaufgang

Grundris Bahnsteigebene

Grundris Bahnsteigebene

Grundriss Zugangsebene

Grundriss Zugangsebene

Längsschnitt

Längsschnitt