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Award / Auszeichnung | 11/2015

Staatspreis Baukultur Baden-Württemberg 2016

Neugestaltung Schlossplatz

DE-73033 Göppingen

Nominierung Kategorie "Öffentliche Räume und Freiräume"

Cheret Bozic Architekten

Architektur

Stadtverwaltung Göppingen

Bauherren

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Landschaft und Freiraum

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Fertigstellung: 01/2014

Projektbeschreibung

Die Entwicklungsgeschichte des heutigen Schlossplatzes reicht bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts zurück. Herzog Christoph von Württemberg ließ das Schloss als schlicht gehaltene Vierflügelanlage durch seinen Landbaumeister Aberlin Tretsch 1557 bis 1568 erbauen. Das Schloss gehört zusammen mit der benachbarten Stadtkirche (1618 bis 1619, Heinrich Schickhardt) und dem Marstallgebäude zu den wenigen Gebäuden, die den „großen Stadtbrand“ von 1782 überstanden haben.
Beim Wiederaufbau nach dem Brand wurde der bis dahin mittelalterliche Stadtgrundriss in frühklassizistischer Ausprägung neu geordnet. Der bis dahin eher amorphe Umraum um das Schloss erhielt dadurch platzartig definierte Raumkanten.
Nicht nur wegen der Stadtgeschichte, sondern auch wegen der Lage in der heutigen Stadtstruktur kommt dem Schlossplatz eine zentrale Bedeutung zu. In seiner Funktion als Stadteingang in die historische Innenstadt von Nordwesten bildet er ebenso den Auftakt der Platzfolge entlang der Pfarrstraße nach Osten wie auch als Baustein in der Reihe der mittelalterlichen Restbebauung nach Süden.

Der seit dem 19. Jahrhundert von einer Doppelreihe Kastanien bestandene Platz wurde zuletzt als Parkplatz benutzt und vom Fahrverkehr durchkreuzt. Als urbaner Stadtraum bis hinein in den Zustand aller Oberflächen befand er sich in einem bemitleidenswerten Zustand.

Die Neugestaltung des Schlossplatzes war in städtebaulicher und gestalterischer Hinsicht eine wichtige Ergänzung zu den bisher umgesetzten Maßnahmen in der „Neuen Mitte“ Göppingens. Er ergänzt das zusammenhängende Raumgefüge öffentlicher Räume und Plätze vom Schlossplatz über den Marktplatz bis zum Bahnhofsplatz und liegt im Geltungsbereich des Sanierungsgebiets „Neuordnung Bahnhofsumfeld“, gefördert im Rahmen des Sanierungsprogramms „Stadtumbau West“

Im Zuge einer Mehrfachbeauftragung wurden Entwurfsvorschläge für die Neugestaltung des Platzbereichs erarbeitet. Die prämierte Arbeit des Architekturbüros Cheret und Bozic aus Stuttgart wurde der weiteren Planung zugrunde gelegt.

Das Ziel der Neugestaltung war es, den historischen Schlossplatz als urbanen Stadtraum durch eine Reihe von ineinandergreifenden Maßnahmen wieder erlebbar werden zu lassen. Zunächst wurde der Platz vom Durchgangsverkehr und auch weitgehend vom ruhenden Verkehr befreit. Die bestehende Topografie war der Anlass für verschiedene Interventionen, die in der Summe eine Reihe ebener Flächen erzeugen, die den Platzraum reliefartig in unterschiedlich nutzbare Teilbereiche gliedert. Dadurch ergeben sich auch eine Ausdifferenzierung zwischen Weg- und Orträume. Zusätzlich wurde als räumliche Setzung ein Baumgeviert aus Kastanien gepflanzt. Dadurch gliedert sich die Gesamtfläche als „Platz und Piazetta“ in zwei unterschiedlich große Freibereiche. Seit der Neugestaltung wird das Eckgebäude Pfarrstraße gastronomisch genutzt und betreibt seither unter dem Baumgeviert eine den Platzraum belebende Außenbewirtung.
Der gesamte Schlossplatz ist einheitlich und richtungslos (Passeèpflaster) gepflastert. Für den Platzbereich vor dem Marstall wurde eine neuer Brunnen entworfen. Die bereits bestehende Brunnenplastik von Prof. Nuss wurde dabei integriert. Sie steht als freie Plastik in der neuen Brunnenanlage, die als „Seerosenteich“ ausgebildet ist.
Das historische Schlossportal erhielt mit einem vorgelagerten Podest die angemessene Fassung.

Die unmittelbaren Anlieger waren am Gestaltungsprozess beteiligt. Die Bürgerinnen und Bürger wurden durch Bürgerversammlungen wie dem Innenstadtforum und durch Workshops in den Entwicklungsprozess eingebunden, so auch durch eine Veranstaltung in der direkt am Schlossplatz gelegenen Stadtkirche. Mit einem Projekt namens „Stadtoasen“ gab es eine „kreative Generalprobe“ in Form einer öffentlichen Veranstaltung zur Belebung des öffentlichen Raums.

Die Innovationen des Projekts liegen dem Ergebnis der Mehrfachbeauftragung, der intensiven Bürger- und Anliegerbeteiligung.
Ernsthafte Konflikte bestanden nicht. Der Entfall von ca. 40 Stellplätzen wurde anfangs von den Anliegern kritisch gesehen. Die Problematik konnte jedoch durch ein entsprechendes Angebot im näheren Umfeld entschärft werden.
Weitere Diskussionen entstanden wegen der notwendigen Zufahrt zum Innenhof des Schosses und die Zufahrt zur Seniorenwohnanlage. Beide Nutzeranforderungen konnten im Konsens gelöst werden.

Die Vorgehensweise beim Planungsprozess über die Durchführung eines Wettbewerbs, die beispielhafte Beteiligung der Anlieger und der Bürger und Bürgerinnen im Zuge des Innenstadtforums, die enge Einbeziehung der Denkmalpflege, die Ausrichtung der Stadtoasen als innovatives Instrument im Planungsprozess, die Belebung des Platzes mit einer neuen Gastronomie, die Befreiung des Platzes vom Durchgangsverkehr und damit die Rückgabe des Platzes an die Bürgerinnen und Bürger machen das Projekt zu einem vorbildlichen öffentlichen Bauprojekt.
Das gesamte Projekt wurde innerhalb des gesetzten Zeitrahmens und innerhalb des gesetzten Budgets realisiert.

Schon heute, fast unmittelbar nach der Fertigstellung, gilt der Schlossplatz als „der schönste Platz Göppingens“ und erfährt in der Bevölkerung eine hohe Wertschätzung als ein Stück gelungener Stadtreparatur.