modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Studienauftrag | 11/2016

Erneuerung Eisstadion, Vaillant Arena

CRYSTAL PALACE

Teilnahme

Pablo Horváth

Architektur

Walter Bieler AG IngenieurbĂĽro

Bauingenieurwesen

Davoser Ingenieure AG

Bauingenieurwesen

B3 | Engineering und Management am Bau

Brandschutzplanung

zoanni architektur bauberatung

Bauingenieurwesen

Erläuterungstext

Der Spenglercup hat die hölzerne Davoser Eishalle international bekannt gemacht. Beim Projekt Crystal Palace findet die gestalterische Kraft des Innenraums in der Auffächerung des Daches ihre äussere Entsprechung. Die Transformation macht die Eishalle zum leuchtenden, sportlichen Wahrzeichen von Davos.

Städtebauliche Einbindung und Volumetrie
In direkter Nachbarschaft zu Kurpark, Kirchner Museum, Sportzentrum und Sportanlagen wird die Eishalle Davos als eigenständiger Solitärbau erweitert, transformiert und aufgewertet. Der leuchtende Crystal Palace ist ein Magnet für die Fans und ein angemessener Rahmen für den HCD. Die neuen Mantelnutzungen für Meetings, Kongresse oder Restaurants stärken den Sport- und Kongressort Davos.
Durch die kompakte Erweiterung mittels der vier neuen Eckflügel beansprucht das Stadion nur minimal mehr Grundfläche als bisher. Damit können die energetischen Anforderungen eingehalten werden und der Aussenraum bleibt grosszügig. Im Norden, Richtung Kurpark, entsteht vor dem Haupteingang eine würdige Vorhalle. Ein zweiter Haupteingang befindet sich an der Südseite, welche organisatorisch analog dem Nord-trakt aufgebaut ist. Am östlichen Platz befinden sich – nahe dem Eingang zum Davoser Tourismus- und Sportzentrum – der neue Fanshop und die Ticketschalter.
Alle vier Eckflügel sind mit je einem grosszügigen Zugang und einem Lift separat erschlossen. Dies erlaubt eine vom Spielbetrieb unabhängige Nutzung.

Zuschaueranlagen
Nach der Zutrittskontrolle verteilen sich die 6870 Zuschauer innerhalb des Stadions über zwei Rundgänge auf Ebene 01 und 02. Auf ersterer befinden sich die Zugänge und die Cateringbereiche zu den drei Stehplatzsektoren und auf letzterer jene der Sitzplatzsektoren. 500 der geforderten 1800 Stehplätze für die Heimzuschauer werden nach Südwesten verlegt, wodurch die Stehplätze symmetrisch in der Halle verteilt sind und die Notausgänge der Osttribüne entlastet werden. Auf der Osttribüne verteilen sich am Eisfeld die Fans auf den Stehplätzen, in den oberen Rängen schafft ein leichter Aufbau aus Holz erhöhte, gute Sitzplätze.
Die West- und Nordtribünen können weitgehend belassen werden, nur einzelne punktuelle Eingriffe optimieren die Erschliessung und Entfluchtung. Die komplett neu erstellte Südtribüne schafft eine klare Struktur für den Spielbetrieb und mit der Empore kann das Sitzplatzangebot an bester Lage ausgebaut werden. Alle Sitzplätze entsprechen den empfohlenen Massen der SN für Zuschaueranlagen, lediglich bei der Tribüne Ost sind die Masse der Sitzplätze auf die Mindestanforderungen reduziert.

Mantelnutzung
In den neuen – in Struktur und Erschliessung von der Haupthalle unabhängigen – Eckflügeln entsteht je ein grosszügiges Fluchttreppenhaus. Auf der dritten Ebene bieten die Eckflügel hochwertige Räume für Mantelnutzungen. Diese sind dank separatem Eingang und eigenem Lift vom Spielbetrieb getrennt nutzbar, können aber beispielsweise beim Spenglercup auch als Lounges integriert.
Davos kann vom riesigen Potenzial des zusätzlichen Raumangebots ganzjährig wirtschaftlich profitieren und Mehreinnahmen generieren über Kongresse, Meetings, Präsentationen, Ausstellungen oder über die Gastronomie. Diese zusätzlichen ca. 900 m2 Nutzfläche werden durch individuellen Mieterausbau bespielt.
Ebenfalls denkbar ist eine Nutzung der Eckflügel als Gymnastikraum durch lokale Sportvereine. Auch der erweiterte Kraft- und Off-Ice-Trainingsraum im EG könnte von diesen mitgenutzt werden.

Cateringkonzept
Die Cateringbereiche werden unter den Tribünen Nord und Süd konzentriert, wobei das bewährte Prinzip der Nordtribüne auch in den Süden gespiegelt wird. Im Spielbetrieb können die Steh- und Sitzplatzbesucher voneinander getrennt bewirtschaftet werden, andernfalls sind alle Cateringzonen über die neuen Treppenanlagen und Umgänge verbunden und gemeinsam nutzbar. Die Gästefans haben wie bisher ihren eigenen Zugang zur Halle und auch eine eigene Cateringzone auf Ebene 01 unter der Nordtribüne.
Die Ver- und Entsorgung des Caterings Süd erfolgt über die zentrale Liftanlage, die während des Spielbetriebs von VIPs und Medien mitgenutzt wird. Das gewünschte neue Restaurant befindet sich in einem Eckflügelsaal und kann frei vom Spielbetrieb bewirtschaftet werden.

Tragstruktur
EckflĂĽgel
Die Dachkonstruktion aus Holz greift das Motiv des hölzernen Himmels der Eishalle auf, zudem empfiehlt sich auch aus Kostengründen eine Konstruktion aus Holz. Durch die statische Autonomie wird die Konstruktion der Haupthalle nicht belastet. Das Dach wird von einer Tragstruktur in Beton getragen, welche die Anforderungen der Statik und der Brandsicherheit gleichermassen gewährleisten kann. Die nötigen Pfahlfundationsarbeiten bei den Eckflügeln beeinträchtigen den Hallenbetrieb nur unwesentlich, da diese von aussen gut zugänglich sind.

TribĂĽne
Die Osttribüne wird als einfacher Holzbau auf die bestehende Tribüne aufgebockt. Für den Neubau der Südtribüne eignet sich die Holz-Beton-Verbundbauweise. Sie ist robust, schnell errichtet und weist hinsichtlich Dichtigkeit und Schalldämmung sehr gute Eigenschaften auf. Der Baugrund erfordert, dass zusätzliche Lasten über Pfähle abgetragen werden. Für die Ost- und Westtribünen sind bezüglich Tragfähigkeit lediglich punktuelle Anpassungen nötig, da keine zusätzlichen Einwirkungen auftreten.

Brandschutz
Das Projekt Crystal Palace legt das Augenmerk speziell auf die Entfluchtung bzw. Evakuierung des Eisstadions. Mittels den vier neuen EcktĂĽrmen und den beiden Treppenanlagen in der Nord- und SĂĽdtribĂĽhne wird die Entfluchtung des Stadions garantiert. Das Konzept Brandschutz zeigt detailliert auf, wie die PersonenflĂĽsse der einzelnen TribĂĽnen bzw. Sektoren verlaufen und welche massgeblichen Verbesserungen beim Bestand erzielt werden.
Die Entrauchung erfolgt über den neu aufgesetzten, im Innenraum unsichtbaren Dachreiter; die Dachuntersicht wird somit von störenden Lüftungsleitungen verschont.
Damit die Brandschutzvorschriften auch vis-à-vis vom Eisbahngebäude eingehalten werden, sieht das Projekt hier als Ersatzmassnahme eine Betonscheibe vor, die aussen mit Glas verblendet wird. Im Aussenraum können sich die Zuschauerströme ungehindert auflösen und der freie Zugang für die Feuerwehr ist gegeben.

Etappierung
Die Eckflügel können dank ihrer unabhängigen Konstruktion während dem fortlaufen¬den Spielbetrieb gebaut werden, alle weiteren Eingriffe sind problemlos etappierbar: Die schnellen und chirurgisch präzisen Umbauten der drei bestehenden Tribünen sind während einer Sommerpause realisierbar, sie folgen dem Instandsetzungsprinzip und werden mit dem gerade nötigen Aufwand ausgeführt, sodass der Betrieb in Zukunft einwandfrei funktioniert. Die neuen Fluchttreppenhäuser können als Zugang zur Halle genutzt werden, während die Südtribüne abgebrochen und neu errichtet wird.
Eine mögliche Ergänzung der Eistechnikanlagen kann in den bestehenden Technikräumen erfolgen. Alternativ könnte die Eistechnik in einen unterirdischen Raum zwischen Eisfeld, Trainingshalle und Stadion ausgelagert werden, wodurch unter der Osttribüne zusätzliche Nutzfläche und optional auch eine grosszügige Zufahrt für LKWs zur Eisfläche geschaffen würde.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser des Projektes „CRYSTAL PALACE“ lösen die gestellte Aufgabe mittels strategischer Erweiterungen in den Eckpartien der kreuzförmigen Anlage der Davoser Eishalle. Die heute offenen konkaven Aussenräume, die hauptsächlich als Schneedepot dienen, werden durch die vier Einbauten für die Erschliessung und die zusätzlich geforderten Räume genutzt, ohne dass der Perimeter der bebauten Anlage wesentlich erhöht werden müsste. Mit den um je eine Binderachse erweiterten Hauptdächern können alle zusätzlich benötigten Erschliessungsanlagen in dem neu definierten Volumen untergebracht werden. Durch die Anbauten wird ein völlig neues Aussenbild der Arena geschaffen. Inspiriert vom „Crystal Palace“ schlagen die Verfasser einen gläsern erscheinenden Baukörper vor. Oben auf der Kuppel wird dieses Expressive durch einen neuen Dachreiter (welcher der Entrauchung dient) noch überhöht dargestellt. Die Ansicht der Eishalle Davos wird durch diese Massnahme aber stark verändert und bildet in der äusseren Form nicht mehr das heute allseits bekannte Innenbild der hölzernen Kreuzkuppel ab.

Die Funktionalität ist in Bezug auf Entfluchtung und geforderte Hauptnutzungen wie Garderoben, Krafträume oder Flächen für Catering gut gelöst. Bei der Entfluchtung noch vorhandene kleinere Unzulänglichkeiten sind unproblematisch und wären heilbar. Die geforderten Zuschauerplätze werden ebenfalls erreicht. Problematisch hingegen ist das grosse Volumen, das diese Strategie erzeugt. Das führt dazu, dass der ohnehin schon enge Kostenrahmen arg strapaziert wurde. Sowohl in der Volumen- und Flächenberechnung als auch in der Elementkostenermittlung schneidet „Crystal Palace“ im Verhältnis zu den anderen Projektvorschlägen am ungünstigsten ab. Intensiv wurde diskutiert, ob der mit dem zusätzlichen Raumangebot und der bereinigten Erscheinung des Hauses geschaffene Gegenwert den Mehraufwand rechtfertigt. Die Jury gelangte zur Ansicht, dass dies nicht oder zumindest nur ansatzweise der Fall sei. Beispielsweise wurde der Mehrwert der mehrgeschossigen Glasfronten angesichts der Tatsache, dass sich dahinter grossmehrheitlich Treppenhäuser befinden, im Verhältnis zum Aufwand als ungenügend beurteilt. Im Gegensatz dazu wird die heute unbefriedigende Ansicht der Nordtribüne, obwohl durch das heruntergezogene Dach in das Volumen integriert, nicht wirklich geheilt.

Das neue Volumen generiert zusätzliche Nutzungen, die im Programm nicht verlangt waren. Dies sind namentlich Lounge- oder Restaurantbereiche in den obersten Geschossen der neuen Anbauten. Allerdings wird bezweifelt, ob diese Räume tatsächlich den erhofften Mehrwert bringen, da sie im Matchbetrieb keinen Spielfeldkontakt haben und ausserhalb dieser Zeiten erscheint der Betrieb dieser recht kleinteiligen und segmentierten Räume als aufwendig. Trotz dieser Mehrvolumina bleibt die Grösse der geschützten Flächen im Freiraum und speziell vor den Zugängen recht bescheiden.

Bei der Beurteilung der Baukosten fällt nicht nur das erwähnte Mehrvolumen ins Gewicht, es dürften auch auf technischer Ebene einige Kostentreiber enthalten sein – wie z.B. die riesigen Glasfassaden oder auch die notwendigen grossen inneren Brandabschlüsse im Bereich der Eckrisalite.

Insgesamt stellt „Crystal Palace“ einen sehr interessanten Beitrag dar, insbesondere was die Idee der vier neuen Gebäudeteile betrifft. Bei näherer Betrachtung erweist sich dieser „Befreiungsschlag“ allerdings doch als recht aufwendig und liegt auf der Ebene eines Mehrwertes an Nutzung nicht ganz dort, wo man es sich erhofft hätte.