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Offener Wettbewerb | 01/2018

Entwicklungsbereich Nellingen-West

Lageplan 1: 1000

Lageplan 1: 1000

3. Preis

Preisgeld: 25.000 EUR

g2o GmbH

Architektur

Mundsinger + Hans I freie Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Planungsbüro StadtVerkehr Bernd Schönfuß

Verkehrsplanung

Erläuterungstext

Präambel
Der historische Ortskern von Nellingen datiert zurück auf das 12. Jahrhundert und ist noch heute im Südwesten der Stadt spürbar, geprägt von der Kirche St.Blasius mit ihrem schönen Turm. Gegenwärtig findet man das öffentliche Leben auf der Hindenburgstraße statt. Hier gibt es mehrere Nahversorger, und die Lage ist mittig im vom orthogonalen Muster geprägten Grundriss des Stadtteils Nellingen. Die Hindenburgstraße übernimmt so die Funktion eines römischen Decumanus, einer Hauptachse der Stadt in Ost-West Richtung. Von der Hindenburgstraße kommend wird das Planungsgebiet primär erschlossen. Sieht man den „Nellinger Markt“ im Osten als Startpunkt, endet die Hindenburgstraße bisher westlich „im Leeren“, die Kreuzbrunnenstraße ist bisher, die Fortsetzung durch die Felder bis zum Scharnhauser Park.

Konzept
Gemäß Präambel sehen die Entwurfsverfasser die Entwurfsaufgabe als sinnvoll, dem Stadtteil Nellingen einen westlichen Abschluss zu geben. Der Entwurf versucht, die gewachsene Struktur und Vielfalt des Ortsteils Nellingens aufzunehmen und in einen gut strukturierten, robusten Rahmen weiter zu entwickeln. Es soll explizit kein „Wohndonut“ entstehen, sondern einfach nach Westen wachsen, mir der Fortsetzung einer Mischung aus Wohnen und Nahversorgung. Gemäß der Aufgabenstellung wurden Ideen für die Erschließungsplanung, die Freiraumplanung und städtebauliche Typologien entwickelt, um ein buntes Stück Stadt im Grünen zu generieren. Es gibt die Chance gesehen, den Charakter des Stadtteils im Grünen zu stärken und zukunftsfähig zu machen, um die Klimaschutzziele Deutschlands zu erreichen. Buntes, attraktives Leben entsteht dort, wo eine Vielzahl städtischer Funktionen verdichtet werden. Die Verfasser schlagen 4 prägende Parameter für das Konzept vor:

1. Anker - Vom Markt zum Markt
Die Haupterschließung, verkehrstechnisch und stadträumlich, erfolgt in der Fortsetzung vom westlichen Ende der Hindenburgstraße. Hier ist der Anker, der die Erweiterung mit dem Gefüge verbindet: ein großer Platz. Dieser wird ein Ort für Gemeinschaft, Identität und Funktion. Markt, Veranstaltungen, Gastronomie und Einzelhandel beleben den Platz und lassen Ihn zu einem attraktiven Ort werden. Anknüpfend an vorhandene Studien für eine Entwicklung der Hindenburgstraße zum Boulevard, ist dieser Platz als eine „shared surface“ barrierefrei konzipiert. Im nördlichen Teil befinden sich öffentliche Einrichtungen: Gastronomie, Cafés, Ärztehaus, usw. und ein multifunktionelles Gebäude, welches z.B. eine Bauernmarkthalle, Dienstleistungen oder ein Kino aufnehmen kann. Hinter der öffentlichen Gebäude befindet sich der „share point“, Anlaufstelle für car- und bike-sharing. Direkt am Platz gibt eine neue Bushaltestelle. Der südliche Teil des Ankers ist eine große Grünfläche und wird mit dem großen Baumdach gestaltet, welches die Bepflanzung der Hindenburgstraße fortführt. Ebenfalls sind hier großzügige Retentionsflächen angelegt. Dieser grüne Bereich ist auch Pufferzone zu den bestehenden Reihenhäusern.

2. Grünes Band
Das westlich vom Platz liegende, von Nord nach Süd verlaufende grüne Band mit mehrgeschossigen Punkthäusern, definiert die neue westliche Stadtkante. Im Prinzip eine Streuobstwiese, ca. 30m breit, geprägt von unterschiedlichsten Obst- und Laubbäumen. Das grüne Band übernimmt Funktionen: Es ist eine „grüne Lunge“ für die neuen und bisherigen Bewohner von Nellingen. Es ist gut an die bestehende Siedlung mit durchgehenden Ost/West Durchwegungen angebunden. Das Band verbindet alle Bauabschnitte und Phasen und kann sukzessive entwickelt und kultiviert werden. Die Gebäude auf dem Band sollten von einzelnen Architekten gestaltet werden. Der Feldweg auf der Gebietsgrenze übernimmt die Funktion eines Spazier- und Fahrradweges. Kleinere Spielplätze, ein Fitnessparcours und ein großer Spielplatz im nördlichen Teil beleben das Band. Der Ausblick auf die Felder nach Westen ist Erholung pur.

3. Höfe
Sekundäre Stadträume im Inneren der entwickelten Baufelder bilden mehrere kleine Plätze, im südlichen Gebiet gibt es einen sog. Quartiersplatz. Definiert durch die Namen der Baumarten, die sie enthalten, werden sie durch Form, Funktion, Vegetation und umgehende Bebauung unverkennbar. Sie laden alle Bewohner und Besucher des Blocks, des Quartiers und der Gemeinde zum Aufenthalt, Spielen und Treffen ein. Sie erfüllen die Funktion der Durchmischung der Bewohner.

4. Flexibilität
Mit einem vielfältigen Angebot an unterschiedlichen Wohnformen wird eine robuste Stadtentwicklung für alle Alters- und Gesellschaftsgruppen erzeugt. Mit Angeboten und Freiraum für alle, entsteht eine bunte Stadt. Der nördliche Teil (BA 1) ist mit höherer Dichte überplant als der Südliche (BA2). Im nördlichen Teil sind momentan Mehrfamilienhäuser konzipiert, es ist aber möglich, einzelne Mehrfamilienhäuser mit Reihenhäusern zu ersetzen und auch so die Dichten auf dem nördlichen und südlichen Gebiet auszugleichen. Die momentan erdachten Gebäude für den BA1 sind, auch wegen ihrer Nähe zur Stadtbahn, sehr flexibel. Innerhalb der Gebäude sind mehrere Wohnformen möglich, vom geförderten Wohnen, großzügigere Familienwohnungen bis hin zu Wohngruppen und Apartments. Diese flexible Nutzung wird sowohl entlang der Rinnenbachstraße als auch in der Fortsetzung der Hauptachse vorgeschlagen. Grundlage für die Anordnung der Gebäude im Gebiet sind kontrollierbare Baufelder auf welchen unterschiedlichen Typologien als Einheiten für die Entwicklung denkbar sind.

Verkehr und Erschließung, Mobilitätskonzept
Äußere Erschließung: Die gezeichnete Umlegung der Kreuzbrunnenstraße und die daraus folgende Lösung mit Kreisverkehren erachten die Entwurfsverfasser mit der Gestaltung eines neuen Platzes am Ende der Hindenburgstraße als sinnvolle Lösung, den bisherigen heterogenen Westrand Nellingens deutlich zu verbessern. Für die Innere Erschließung wurden die Vorgaben aus der Auslobung umgesetzt.

An zentralen Punkten im Gebietes werden innovative Mobilitätsangebote installiert. Dazu wird eine Mobilitätszentrale eingerichtet, an der den Bewohnerinnen und Bewohnern verschiedene Mobilitätsmittel zur Verfügung gestellt werden. Car-Sharing (z.B. Stadtmobil), Fahrradverleihsystem im Rahmen des interkommunalen Fahrradverleihsystems der Region Stuttgart mit Pedelecs und Lastenrädern, E-Roller. Am Kreisverkehr ist eine Bushaltestelle vorgesehen, so dass auch eine optimale Anbindung an den ÖPNV besteht.

„shared space“ (geteilter Raum)
Der zentrale Platz wird als Mischfläche gestaltet, so dass der Straßenraum allen Verkehrsteilnehmern gleichberechtigt zur Verfügung gestellt wird und so die Verkehrssicherheit und vor allem die Gebiets- und Aufenthaltsqualität aufgewertet wird. Die funktionalen Anforderungen rücken so in den Hintergrund und es ergibt sich mehr Platz für alle Nutzer des öffentlichen Raumes. Durch die bewußte Aufhebung der Autozentrierung wird der Bereich für Leben bzw. Aufenthalt gegenüber der Funktion als Verkehrsachse gestärkt. Es entsteht mehr Aufenthaltsqualität, mehr Kommunikation zwischen den Verkehrsteilnehmern und mehr Verkehrsfläche für Fußgänger und Radfahrer.

Es wurden, gemäß Auslobung, ausreichend Stellplätze geschaffen (1,2 Stellplätze pro WE). Im nördlichen Gebiet im Wesentlichen mit Tiefgaragen, im südlichen Gebiet mit einer ausreichenden Menge an oberirdischen Parkplätzen. Unter allen Punkthäusern des Westrands werden Tiefgaragen vorgeschlagen. Ebenerdige erreichbare Fahrrad- und Kinderwagenräume sind ebenfalls geplant (und gezeichnet).




Wirtschaftlichkeit
Das effiziente Erschließungskonzept ist der Grundstein für eine wirtschaftliche Entwicklung. Die Bauabschnitte und Baufelder erlauben eine sukzessive Entwicklung des Gebiets. Auch eine Reaktion und Anpassung an den Markt ist jederzeit möglich. Die Baufelder ermöglichen die Entwicklung von kompakten Gebäudetypen. Mögliche Verdichtung und Erhöhung der Geschossigkeiten sind weitere Faktoren, Gebäude selbst & modernes Wohnen, wirtschaftlich zu entwickeln. Die Schaffung von kostengünstigem Wohnraum innerhalb des Gefüges wird gewünscht.

Energieversorgung
Das neu erschlossene Gebiet wird mit Nahwärme / einem BHKW versorgt. Solarkollektoren und PV auf Flachdächern und Speicher können einen wesentlichen Beitrag zur Strom und Energieversorgung beitragen.

Ökologie, Oberflächenentwässerung , Klima
Im Sinne der „grünen Stadt auf dem Land“ soll das Thema mit großzügigen Pflanzungen im öffentlichen Raum kultiviert werden. Nahrung wird vermehrt lokal produziert und verkauft. Die Nähe zur landwirtschaftlichen Produktion „um die Ecke“ gibt das her. Die Oberflächenentwässerung wird als Chance gesehen, wohltuende Freiräume in die Freiraumplanung in den Stadtteil einzufügen. Retentionsflächen und Rigolen an sinnvollen Stellen ermöglichen die sichtbare kontrollierte Versickerung des anfallenden Oberflächenwassers. Die Verwendung des Oberflächenwassers für Pflanzzonen sorgt für Klimaverbesserung. Nutzbare, begrünte Flachdächer im gesamten Quartier sorgen für Ausgleich und Verdunstung des anfallenden Oberflächenwassers und zur klimatischen Verbesserung. Im öffentlichen Raum sollen, wo möglich, wassergebundene Beläge verwendet werden. Die Versiegelung des neuen Gebiets soll so gering wie möglich gehalten werden, verdichtete Wohnformen tragen zu diesem Ziel bei.

Lärm
Städtebaulich reagiert der Entwurf mit einer relativ geschlossenen Bauweise entlang der neuen Rinnenbach- und Kreuzbrunnenstraße. Be- und Entlüftung in den Gebäuden selbst ist heutzutage für energieeffiziente Gebäude unumgänglich. Hochwertige Fassaden und Fenster tragen zur Lösung des Lärmthemas durch Verkehr bei. Die Verwendung von modernen Belägen und reichhaltigen Pflanzungen tragen zum Komfort der neuen Bewohner und zur Attraktivität des Quartiers bei. Die neue Geschwindigkeit der Fahrzeuge auf der Rinnenbachstraße von 40km/h trägt zur Beruhigung des Verkehrs am Ortseingang und zur Attraktivität des Bereichs bei.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf arbeitet mit einer einfach erfaßbaren räumlichen Struktur. Über die verlängerte Hindenburgstraße wird ein zentraler öffentlicher Raum abgeleitet, der bis zum westlichen Landschaftraum verbindet. Nördlich und südlich entwickeln sich die einzelnen Quartiere. Der Abschluß zur Landschaft wird durch eine Reihung Punkthäuser formuliert. In der Konsequenz bleibt die nordwestliche Fläche unbebaut, was eine wohltuende Klarheit ermöglicht.

Im Norden werden die Baufelder direkt von der Rinnenbachstraße erschlossen, daher sind die Baufelder nach Osten durch die Notwendigkeit des Schallschutzes folgerichtig baulich geschlossen. Insgesamt bilden sich aber wenig prägnante Raumsituationen, die Differenzierung in der Geschossigkeit wirkt teilweise unmotiviert und die gewünschte Durchmischung der Wohntypologien und Bevölkerungsgruppen ist nicht durchgängig gegeben. Der direkte Anschluss an den Bestand des Häuserweges ohne auf diesen zu reagieren ist unverständlich.

Die Ausbildung des Ortsrandes in der textlich formulierten Offenheit und Öffentlichkeit drückt sich räumlich im Plan nicht aus, wie auch die anderen öffentlichen Freiräume nur ansatzweise ausformuliert sind.

Die Wirkung des Platzes als Platzraum wird durch die ost-west-Zonierung und Dimension in Platzfläche, Erschließung und Grünfläche geschwächt. Eine Markthalle an dieser Stelle ist nicht notwendig.

Die Lage des Kindergartens am südlichen Rand ist ungünstig.

Der Entwurf ist insgesamt logisch und schlüssig aufgebaut. Eine überzeugende Kraft und Spannung insbesondere im zentralen Bereich wird vermisst.

Das Thema Mobilität wird im begleitenden Text eher am Rande behandelt, die im Plan erkennbaren Ansätze werden nicht erläutert oder mit Zahlen belegt. Die Erschließung ist jedoch insgesamt gut durchdacht und harmoniert mit den in der Auslobung formulierten Zielen:
• Der private Kfz-Verkehr ist in Tiefgaragen untergebracht und damit weniger gut erreichbar als der ebenerdig geplante Zugang zu CarSharing und Fahrrädern
• Ebenerdige Stellplätze im öffentlichen Straßenraum sind so angeordnet, dass diese im Falle einer überwiegenden Nutzung durch die Bewohner auch mit Restriktionen belegt werden können und damit wirklich den Besuchern zur Verfügung stehen.
• Ein CarSharing -Angebot in der Mitte des Quartiers ist vorgesehen.
Schnitt Quartiersplatz

Schnitt Quartiersplatz

Vogelperspektive Süd-West

Vogelperspektive Süd-West

Vogelperspektive Ost

Vogelperspektive Ost

Skizze Quartiersplatz

Skizze Quartiersplatz