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Award / Auszeichnung | 09/2018

Beispielhaftes Bauen Landkreis Esslingen 2012-2018

Evangelische Kirche Harthausen, Sanierung/Umbau

DE-70794 Filderstadt-Harthausen, Harthäuser Hauptstraße 2

Auszeichnung

fischer architektur

Architektur

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Sakralbauten

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Fertigstellung: 01/2017

Projektbeschreibung

"Das behutsame aber selbstbewusste Einfügen neuer Elemente, orientiert am historischen Kirchengrundriss, bringt einen erheblichen Mehrwert für die Gemeinde"
Oliver Fischer, Fischer Architektur, Stuttgart

Mehr Transparenz
Zuvor war der Kirchenraum vom Foyer abgeschottet, jetzt geht eine Blickachse von draußen bis zum Altar. Die Gemeinde öffnet sich in mehrfacher Hinsicht.
In Der Evangelischen Kirche Filderstadt-Harthausen ist das neue Foyer zum Mittler zwischen Kirchenraum und Außenwelt geworden: Ein heller, offener Raum ist an die Stelle dunkler Enge getreten und steht auch im übertragenen Sinne für eine offene Gemeinde. Der Architekt Oliver Fischer hatte bei der Entwurfsplanung auf zweierlei Rücksicht zu nehmen: Ein fixes Budget von 200 000 Euro und den zum Teil denkmalgeschützten Bestand des Gotteshauses. Als bewährten Partner holte es für Innenausbauarbeiten die Schreinerei Klocker aus Hirrlingen mit ins Boot.

Zwei eingestellte Raumkörper beinhalten links des Eingangs die Küche, zum Kirchenraum Schränke für technische Anlagen, rechts Treppen zu Empore und Keller sowie eine Toilette. Sichtbarer Hauptwerkstoff ist Dreischichtplatte in Weißtanne mit keilgezinkter Decklage, die auch an den neuen Unterdecken der Emporen sowie Altar und Heizkörperverkleidungen zum Einsatz kommt. Für den Blick vom Altar sowie in Richtung Altar ist die ursprüngliche Symmetrie der Kirche wiederhergestellt worden, nachdem sie in den 1980er Jahren empfindlich gestört wurde: die Orgel wurde aus ihrer zentralen Position auf der Empore seitlich neben den Altar gesetzt und im Zuge dessen auch der ehemals beidseitige Zugang zur Empore einseitig ausgebildet. Daran war zwar in der aktuellen Ausbaustufe nichts mehr zu ändern, doch flankieren nun die Boxen in Weißtanne symmetrisch die Festverglasungen und die verglasten Pendeltüren. Die Bestandspfeiler sind foyerseitig verkleidet und vom Altar aus laufen sie sichtbar vom Boden bis zur Decke durch. Geschickt integrieren die Boxen verschiedene Raumnutzungen und Stauraumangebote, ohne dass die wahrgenommene Ordnung davon beeinträchtigt würde. Dazu trägt auch die egalisierende Wirkung der Weißtanne in ihrem keilgezinkten "Rapport" bei, der belebte und changierende Flächen in größtmöglicher Ruhe ermöglicht. Schattenfugen gliedern die Flächen und gleichen Toleranzen der krummen Wände aus.

"Schnittstellen ohne Brüche"
Eine Herausforderung bei baulichen Veränderungen im denkmalgeschützten Bestand ist, die Ablesbarkeit des Neuen zu gewährleisten und es gleichzeitig ohne Brüche in den Kontext einzufügen. Das scheint hier in beispielhafter Weise ohne Zugeständnisse an die Funktion gelungen. Eine überzeugende Schnittstelle ist der Übergang der Bodenbeläge: Eiche Stabparkett unter den Bänken und Muschelkalk auf dem Gang begegnen dem neuem, farblich subtil abgestimmten Terrazzobeton, der das Foyer über die Pendeltüren in den Kirchenraum hinein erweitert. Die Unterdecken der Emporen mit integrierten Downlights fügen sich in großer Selbstverständlichkeit in den Bestand ein und scheinen über die besondere Materialität der Weißtanne den Muschelkalk zu spiegeln.
Pünktlich zum 500. Reformationsjubiläum konnte sich die Kirchengemeinde am 31.Oktober 2017 auch äußerlich erneuern. Wenn das kein gutes Zeichen ist!

Symmetrisch praktisch
Symmetrisch in den Grundriss eingestellte Kuben in Weißtanne Dreischichtplatte flankieren zwei, an die zentrale Pendeltüre anschließende, festverglaste Felder. Das Foyer integriert links die Teeküche, den Elektroverteiler und Stauraum für Gesangbücher, rechts den Aufgang zur Empore sowie den Kellereingang und den Zugang zur Toilette.

Transparenz und Tapete
Die vom Schreiner gefertigten Türen im neuen Foyer könnten gegensätzlicher nicht sein: ihre Aufgabe gemäß maximal offen oder abschirmend geschlossen. Ausführung jeweils in Weißtanne massiv und Dreischichtplatte mit anschließender Festverglasung und Wandverkleidung.

Maximal aufgeklart
In Fortsetzung der raumbildenden Ausbauten in Weißtanne sind auch die Korpusfronten der Teeküche aus diesem Material gefertigt. Sie schlagen jeweils über und integrieren so eine beschlaglose Griffllösung. In diese reduzierte Handschrift fügt sich auch die Arbeitsfläche aus dem Quarzwerkstoff Silestone ein. Die wandseitig vorspringende Nischenrückwand ist dem Elektroverteiler auf der Rückseite des raumbildenden Kubus geschuldet.

Monolith und Möbel
Aus Dreischichtplatte ist der schlichte Altarkubus monolithisch auf Gehrung gearbeitet. Eine aufliegende dünne Glasplatte schützt die Oberfläche vor Wasser von Blumenvasen und dem Wachs der Kerzenleuchter. In die Front ist ein Klettband zur Befestigung wechselnder Antependien eingelegt, die im als Schrank ausgebildeten Inneren des Kubus vor Staub und Licht geschützt abgelegt werden können.

Beurteilung durch das Preisgericht

Behutsam, fast zurückhaltend sind neue Elemente eingefügt, ohne Form und Geste der 175 Jahre alten Kirche zu verfremden. Sie orientieren sich am ursprünglichen Kirchengrundriss. Trotzdem entsteht ein neuer, heller und einladender Charakter, der gerade dem heutigen Anspruch an eine offene Kirche sowie an ein lebendiges Gemeindeleben, eben auch in einem sehr alten Haus, wunderbar gerecht wird.