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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2020

Erneuerung und Erweiterung des Verwaltungszentrums VBS in Bern (CH)

4. Rang / 4. Preis

Preisgeld: 30.000 CHF

Durisch + Nolli Architetti

Architektur

Caretta+Weidmann Baumanagement AG

Projektsteuerung

Hager Partner AG

Landschaftsarchitektur

INGENI

Bauingenieurwesen

PZM Polke, Ziege, von Moos AG

TGA-Fachplanung

Rebsamen Elektroplan AG

TGA-Fachplanung

Uniola AG

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt Heimat schlägt ein städtebaulich prägnantes Volumen für das Verwaltungszentrum VBS vor, das Bezug nimmt auf die Grossmassstäblichkeit der vor sechzig Jahren abgebrochenen Anlage auf dem Beundenfeld. Ein viergeschossiger Neubau begleitet die Allee der Papiermühlestrasse mit einer über hundert Meter langen Fassade und definiert auf der Achse der alten Kaserne einen offenen, begehbaren Stadtraum. Eine zweckmässige Überdachung als Erinnerung an vergangene Kasernenbauten signalisiert den Eingangsbereich: Die pragmatische, filigrane Konstruktion ordnet sich dem Neubau unter und entflechtet die Zugänge und die Zufahrten.

Die elementare Anordnung des Volumens im Stadtraum bildet ein würdiges Gegenüber zur alten Kaserne und definiert auf plausible Art die Fussgängerverbindung zwischen Papiermühle- und Mingerstrasse. Der Versuch, den grosszügigen Raum zwischen den zwei Strassen durch eine Überdachung zu beleben und zu zonieren steht in Konflikt mit der Nutzung als Fahrradparkplatz und Zufahrt zur Tiefgarage. Die Länge der Fassade an der Papiermühlestrasse stimmt nicht mit dem Massstab der umliegenden Bauten überein. Der klar und konsequent umzäunte Perimeter wird fast vollkommen vom neuen Volumen besetzt, so dass als Aussenraum nur ein schmaler Streifen als Rundweg übrig bleibt.

Das Projekt strahlt eine klare architektonische Absicht aus: ein sowohl zum Stadtraum hin offener als auch, wo nötig, introvertierter und repräsentativer Verwaltungsbau. Eine offene Bogenstruktur deutet im Erdgeschoss die öffentliche Bestimmung des Gebäudes an und macht diese auf raffinierte Art erlebbar. In den oberen Geschossen können die vielfältigen Büroeinheiten um mehrere Höfe flexibel organisiert werden. Im Schnitt werden die Organisationseinheiten auf elegante Art mit Oblichtsälen gekrönt. Diese architektonischen Grundgedanken werden von baulichen Interpretationen der Idee der «Heimat» ergänzt: Das offene Erdgeschoss referenziert die Laubentypologie der Berner Altstadt und seine Deckenuntersicht nimmt figurative Themen der Schweizer Architektur aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf. Die Fassadenelemente aus eingefärbten Betonelementen übernehmen die Farbe des lokalen Sandsteins. Diese Vielfalt an Referenzen bezieht sich auf kollektive Erinnerungen und soll die Identität des VBS stärken. In der Gesamtbetrachtung erscheinen die Referenzen jedoch etwas additiv gestaltet und weniger stark als das Grundkonzept. Der faszinierenden architektonischen und typologischen Idee des offenen Lauben- Erdgeschosses wird mit der Belegung durch nichtöffentliche Nutzungen widersprochen. Der Fassadenausdruck der oberen Geschosse moduliert die Einsichten in die Büros, schafft aber keine kongruente Antwort zum Innenraum wie auch in Bezug auf das offene Erdgeschoss. Die Integration von Solarpaneelen in den Betonelementen der Fassade steht in Konflikt mit der gesuchten steinigen Wirkung. Die Multispace- und Projektraummodule finden in der vorgeschlagenen Hoftypologie auf den oberen Geschossen eine stringente Organisation. Die Lage und Gestaltung der Organisationseinheiten im vierten Geschoss überzeugen und liefern einen interessanten Beitrag zur Aufgabe. Die mittige Haupterschliessung in den Obergeschossen ermöglicht zwar eine klare Orientierung, der fehlende Bezug zu den Höfen und die Vielzahl an ge-schlossenen Gängen und künstlich belichteten Foyers können aber zu unübersichtlichen bis labyrinthischen Situationen führen. Die öffentliche und monumental anmutende Hallenlandschaft im Erdgeschoss verspricht Übersichtlichkeit, stimmt aber nicht ganz mit dem Öffentlichkeitsgrad der Nutzung überein.

Dank der kompakten Volumetrie wird eine effiziente Gebäudehüllfläche realisiert. Das überdurchschnittlich grosse Volumen führt zu höheren Kosten gegenüber anderen Beiträgen. Die konsequente Systemtrennung wirkt nachhaltig bezüglich der Lebenszykluskosten der Bauteile. Die Sicherheitsanforderungen können eingehalten werden.

Das statische Konzept folgt der räumlichen Struktur des Gebäudes: massive Ortbetonwände für die «Lauben» im Erdgeschoss, vorfabrizierte Holzhybriddecken für die Bürogeschosse und Holzkonstruktionen für die Organisationseinheiten. Der Einsatz von Holz für Verbunddeckensysteme und bei den Organisationseinheiten ist konstruktiv stringent. Die Haustechnik wird architektonisch konsequent in den Erschliessungsflächen verteilt und zwischen den Rippendecken integriert. Die Gebäudekonzeption mit Höfen und mittiger Erschliessung ermöglicht eine sehr plausible Etappierbarkeit in der horizontalen Achse.

Der Vorschlag von sechs themenbezogenen Innenhöfen, die ikonische Schweizer Landschaftsbilder nachbilden, führen zu kontrastreichen Atmosphären in den angrenzenden Innenräumen. Diese sind intelligent mit den Sicherheits- und Erschliessungsfunktionen verflochten. Die Bewirtschaftung des anfallenden Regenwassers erfolgt durch die Schaffung mehrerer Infiltrationsmulden rund um das Gebäude, die durch Relief und Topografie, verbunden mit einer abwechslungsreichen Vegetation zur Papiermühlestrasse hin einen interessanten Übergang entstehen lässt. Die vorgeschlagene Baumstruktur bietet im Vergleich zur imposanten Grösse des Gebäudes nur ein schüchternes Statement, das dem Massstabssprung nicht gerecht wird. Eine grosszügigere Bepflanzung hätte den Dialog zwischen Fassaden und den Aussenbereichen des Gebäudes ins Gleichgewicht bringen können.

Den Verfassern gelingt es, eine überraschende Vision für ein selbstbewusstes und gleichzeitig offenes Verwaltungszentrum für die Gegenwart zu vermitteln.

Das Projekt Heimat beruht auf einer klaren städtebaulichen, typologischen und konstruktiven Logik. Die architektonisch neu interpretierte Umsetzung schweizerischer Architekturreferenzen aus dem 20. Jahrhundert überzeugt. Aufgrund der thematischen Dichte gelingt es den Verfassern jedoch nicht ganz, die vorgeschlagene Architektur kongruent mit der betrieblichen Organisation des Entwurfs zu lösen; Referenzen, Massstäblichkeit und Nutzungen stehen teilweise im Widerspruch. Eine Reduktion der architektonischen Themen wäre der Stringenz des Entwurfs wohl zuträglich gewesen.