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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2021

Kultur- und Bildungsforum „Gerhart Hauptmann“ in Erkner

Außenperspektive

Außenperspektive

2. Preis

Preisgeld: 8.250 EUR

WANDEL LORCH GÖTZE WACH

Architektur

Erläuterungstext

Hauptmannforum
Der Neubau des Hauptmannforums stärkt den Freiraum der Villa Lassen und arbeitet seine Qualitäten heraus. Die sanft geschwungene Form reiht die Hauptfunktionen des Forums gleich einer Perlenkette auf. Als Vorbild des geschwungenen Neubaus steht die historische Forumstypologie, deren Kern immer das Fassen des öffentlichen Raums mit besonders relevanten kulturellen Funktionen ist: So orientieren sich Veranstaltungssaal, Bibliothek, Café und Museum sowie Infozentrum allesamt zum Garten der Anlage und zu den Besuchern des Forums mit größtmöglicher Offenheit und Zugänglichkeit. Alle primären und öffentlichen Funktionen werden erdgeschossig erschlossen. Der Übergang zwischen Innen- und Außenraum verschmilzt in der umgehenden Kolonnade, sodass ein durchgehender Raumfluss entsteht.

Eine Bühne der Kultur
Der gegenwärtig weithin offene und ungefasste Außenraum der Anlage wird durch schützende Hainbuchenhecken gefasst und so durch wenige präzise Eingriffe zu einem anziehenden Hortus der Kultur. Durch diese Organisation lassen sich viele starke synergetische Effekte herstellen: Infrastrukturelle Aufdopplungen werden vermieden, durch eine zentrale Besucherankunft die Verwaltungsflächen reduziert und das Forum kann mit optimalen Personaleinsatz betrieben werden. Der Veranstaltungssaal kann zum Garten hin geöffnet werden und bei Sommerveranstaltungen seine Bühne im Bereich der Kolonnade zum Garten orientieren und so selbst als Ganzes zur Bühne werden. Das Café bedient sowohl Passanten als auch Veranstaltungs-, Bibliotheks- oder Museumsgäste — sommers im Garten, winters im fließenden, hellen Inneren des Forums.

Synergien
Durch die Nutzung des symmetriebrechenden Ostannexes der Villa als Übergangsraum und Erschließungsspange wahren wir die Integrität der Villa als höchst schützenswertes geschichtliches Denkmal und inszenieren gleichsam den Übergang aus dem modernen und kontemporären Raumgefüge des Forum Neubaus in die Wohnräume der Familie Hauptmann. Die entstehende Fuge in der Außenansicht unterstreicht das respektvolle Verhältnis zwischen Alt und Neu. Zwar wird mit dem Entwurf insgesamt ein eigenständiger, neuer Komplex geschaffen, doch zugleich bildet der Neubau der historischen Villa Lassen eine angemessene Wirkungsbühne, unterstreicht ihre Bedeutung, statt sie zu überdecken oder gar zu verstecken. Das extensiv begrünte Dach temperiert den Neubau unter Mithilfe der thermischen Speicherkraft des gebogenen Rückens. Zusätzlich können auf der Dachfläche umfangreiche solare Gewinne generiert werden. Als reversible und flexible Konstruktion geplant, sieht sich der Entwurf des Hauptmannforums mit dem Ziel einer neuen Nachhaltigkeit kontemporärer Kulturbauten. Mit seinen präzisen, bewussten Gesten und respektvollen Eingriffen schafft das Hauptmannforum eine neue und überregional lesbare Anlaufstelle für Kultur in Erkner.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebauliche und architektonische Qualität
Der Neubau fasst den Garten durch einen eingeschossigen pavillonartigen Anbau, der bogenförmig den südöstlichen Teil des Grundstücks umschließt, wodurch ein attraktiver, parkartiger Außenraum entsteht. Der Neubau ist zum straßenseitigen Garten vollständig geöffnet und grenzt sich durch eine geschlossene Rückseite zur Nachbarschaft stark ab. Durch die Eingeschossigkeit, klare Fassadengliederung und Angemessenheit ordnet sich der Entwurf städtebaulich „unaufgeregt“ gegenüber der Villa Lassen unter. Durch einen vorgelagerten, stützengegliederten Gang entsteht ein vermittelnder Übergang zwischen Außen- und Innenraum. Der historische Anbau bleibt in seiner Kubatur erhalten und bildet eine selbstverständliche Zäsur zwischen Alt- und Neubau.
Umsetzung des Raumprogramms
Das Eingangsfoyer ist im mittleren Segment des Neubaus an zentraler Stelle gelegen, westlich davon erreicht man über die Cafeteria die Ausstellungsbereiche. Nach Nordosten schließen sich die Bibliothek und der Veranstaltungsbereich an. Die dienenden Räume sind über eine Treppe vom Foyer in das Untergeschoss zu erreichen. Der Grundriss zeichnet sich durch eine klare Gliederung und eine effiziente Flächenausnutzung aus. Die Hauptnutzflächen haben durch den engen Bezug zum Außenraum eine hohe Qualität. Die Barrierefreiheit ist durch einen gleichberechtigten Zugang für alle gut gelöst. Der Neubau liegt ebenerdig und die Villa ist über einen Aufzug neben der Treppe erschlossen. Hervorzuheben ist, dass der Entwurf mit nur einem Aufzug auskommt. Die Bibliothek als Durchgangsbereich zum Veranstaltungsbereich wird kritisch gesehen: um eine optimale Nutzbarkeit zu gewährleisten, wird eine Zonierung erforderlich sein. Für eine gewünschte Doppelnutzung des Veranstaltungsbereichs als Sonderausstellungsfläche liegt der Bereich zu weit abgekoppelt. Problematisch ist, dass das Sommertheater keine eindeutige Verortung gefunden hat. Eine Nachbesserung der erkannten Defizite erscheint aber möglich.
Umgang mit der denkmalgeschützten Bausubstanz
Die historische Villa bleibt bis auf den Einbau eines Aufzugs weitgehend unangetastet. Die neu erforderliche Treppe wird denkmalverträglich in den Anbau integriert. Der Entwurf zeichnet sich durch geringe Eingriffe in die Originalsubstanz aus.
Berücksichtigung der Nachhaltigkeit/Wirtschaftlichkeit
Nachhaltigkeitsaspekte werden durch eine gute Gebäudeorientierung und einen relativ geringen Flächenverbrauch berücksichtigt. Eine wirtschaftliche Errichtung des Neubaus erscheint möglich. Die besondere Qualität des Entwurfs ist neben der einladenden Geste die hohe Denkmalverträglichkeit, die Eleganz und Flächeneffizienz. Der Entwurf bereichert den Innenstadtbereich durch ein harmonisches Ensemble.
Grundriss EG

Grundriss EG

Schnitt

Schnitt

Innenperspektive

Innenperspektive