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Offener Wettbewerb | 01/2022

Neubau Volksschule Goumoëns in Bern (CH)

tapis volant

5. Preis

Preisgeld: 25.000 CHF

Wolfgang Rossbauer

Architektur

kathrinsimmen Architekten ETH SIA

Architektur

Lorenz Eugster Landschaftsarchitektur und Städtebau GmbH

Landschaftsarchitektur

Timbatec Holzbauingenieure

Bauingenieurwesen

Aicher, De Martin, Zweng AG

TGA-Fachplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

tapis volant


Das Projektteam positioniert das neue Schulhaus in der Mitte des Perimeters und generiert so zwei unabhängige Teilbereiche, mit unterschiedlichen räumlichen und funktionalen Qualitäten. Zum einen ist dies die räumliche Mitte der Schulanlage, mit deren Aussenräumen und Sportfeldern, zum andern die Gumere-Matte, welche, umsäumt von baumbestandenen Hügeln, unangetastet bleibt. 

Der längliche Schulbau, welcher sich allseitig über Aussentreppenanlagen mit der Umgebung verzahnt, besetzt beinahe die ganze Perimetertiefe. Dadurch entsteht eine zu starke räumliche Trennung der Aussenanlagen, welche im Widerspruch zu möglichen Synergien und Nutzungsüberlagerungen von Schule und Quartier steht. Auch der gegen Osten angelagerte Spielbereich der Basisstufe kommt allzu sehr unter Druck. 


Die enge Verknüpfung von Schule und Aussenraum stellt hingegen eine wesentliche Qualität des Projektvorschlages dar. In der konkreten Umsetzung schafft es der Entwurf jedoch nicht, die freiräumlichen Potenziale auszuschöpfen. Dies liegt an der unentschiedenen Setzung des Gebäudes und der Programmierung des Erdgeschosses, welche das Regelgeschoss bis auf den Boden bringt, ohne auf die Übergänge zum Aussenraum zu reagieren und daraus Mehrwerte zu generieren. Insbesondere die Abstandsflächen zum Platz, die deshalb notwendig werden, sind wenig nachvollziehbar und nehmen dem Entwurf seine Kraft. Ein grosszügiger öffentlicher Spielplatz, der den heutigen Drachenspielplatz ersetzen kann, fehlt.


Die neuen Turnhallen und die Mittagsbetreuung werden in einem Volumen zusammengefasst und werden auf dem Fussabdruck der bestehenden Beachvolleyballhalle positioniert. Zusammen mit dem Schulgebäude bilden sie ein spannendes, räumlich wirksames Ensemble. Im Erdgeschoss werden die Betreuungsräume der Tagesschule, der Mittagstisch und die Garderoben situiert, im 1. Obergeschoss kommen die neuen Sporthallen zu liegen. Dabei wird der bestehende Stahlbau wiederverwendet, gedämmt und mit einer neuen Hülle versehen, was hinsichtlich der Nachhaltigkeit einen spannenden Entwurfsansatz darstellt. Da doch wesentliche Anpassungen zwingend wären und die geforderte Hallengrösse nicht auf plausible Art umgesetzt werden kann, wird die vorgeschlagene Strategie kritisch beurteilt.


Entlang des Bahntrassees werden der Allwetterplatz und die Rollsportanlage platziert. Zusammen mit den Sporthallen und der Mittagsbetreuung entstehen im Aussenraum interessante Synergien.

Das Rasenspielfeld befindet sich auf der Gumere-Matte mit wenig Bezug zum Sportbereich, was betrieblich als nicht optimal beurteilt wird.


Das Schulgebäude wird auf vier Geschossen organisiert, wobei diese über eine laubenartige, im Bereich der Treppenanlagen raumgreifende, äussere Erschliessung verbunden werden. Im Erdgeschoss befinden sich mehrheitlich die Unterrichtsräume der Basisstufen mit direktem Bezug zum Aussenraum, was sehr positiv beurteilt wird. Die tiefen Schulgeschosse sind in einer wabenartigen Struktur organisiert. Der Zugang zu den Klassenzimmern führt direkt von aussen über eine Garderobe in den Unterrichtsraum. Jeweils vier Klassenzimmer teilen sich auf zwei Seiten zwei Gruppenräume und zwei etwas gar kleine Lichthöfe. Dieses Layout ist interessant und lässt vielfältige Unterrichtsmöglichkeiten zu. Die innere Durchwegung stellt einen spannenden Entwurfsansatz dar, dies geht allerdings zulasten der Nutzbarkeit der Räume. Kritisch beurteilt wird die Belichtung der Klassenzimmer, insbesondere in den unteren Geschossen und hinter den ausladenden Treppenanlagen. Zudem ist die Möblierbarkeit der Zimmer aufgrund der Raumgeometrie und der vielen Türen ungenügend, insbesondere dann, wenn aus feuerpolizeilichen Gründen zusätzlich direkte Zugänge aus der Mittelzone in die Klassenräume nötig würden. Ein Zentrum für die Schule entsteht bei dieser Anordnung nicht.


Die Platzierung der Jugendräume in einem separaten Gebäude bei der Turnhalle im hinteren Teil der Schulanlage tragen dem Bedürfnis nach Abgeschirmtheit gegenüber der Schule Rechnung. Die Lage der Jugendräume, des Allwetterplatzes und der Rollsportanlage kann für die Bewohnenden auf der anderen Seite der Geleise zu erhöhten Lärmimmissionen führen. Die Mehrzweckräume sind so angelegt, dass eine eigenständige Nutzung durch das Quartier ermöglicht wird.


Die Dach- und Geschossdecken werden in Brettsperrholzplatten als Scheibe ausgeführt und auf «low-tech»- Stützen aus Massivholz (Widerspruch zu «high-tech»- Technologie) abgestützt. Das orthogonale Raster führt mit der «diagonalen Schichtung» zu ungünstigen Lagerbedingungen der Platte. Eine mögliche Reduktion der Spannweiten und die Verbesserung der vertikalen Lastabtragung über weiche, verformbare Kapitelle wird nicht plausibilisiert, und die dazu erforderlichen Anschlüsse werden nicht gezeigt. Trotz Durchlaufwirkung, günstig wirkender Auskragungen und zweiachsiger Tragwirkung von Brettsperrholz erscheinen die Plattenstärken sehr schlank. Die horizontale Lastabtragung ist gut gelöst. Das durchlaufende Tragwerk ist im Bereich der Laubengänge nicht vor Witterung geschützt, und die Anwendung von Brettsperrholz in Feuchteklasse 2 wird als eher kritisch beurteilt.


Der gestalterische Ausdruck des Schulgebäudes wird im Wesentlichen von der Laubengangerschliessung und der dunklen Holzfassade geprägt. Diese verleihen dem Gebäude einen stimmungsvollen Charakter, sodass sich der Baukörper harmonisch in den baumbestandenen Kontext einzubetten vermag. Mit der Blechverkleidung der Sporthallen orientieren sich die Verfassenden am Bestand und an der Lage entlang des Gleisfeldes, was durchaus nachvollziehbar erscheint.


Der Projektvorschlag weist viele spannende Entwurfsansätze auf: Insbesondere der Umgang mit der bestehenden Sporthalle, und der Wiederverwendbarkeit von Materialien, stellt vor dem Hintergrund einer ressourcenschonenden Baukultur einen interessanten Beitrag dar. Die spannungsvolle Verzahnung von Umgebung und Schule über die aussenliegende Erschliessung vermag die funktionalen Defizite der Klassenräume allerdings nicht wettzumachen.