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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2022

Verwaltungsstandort Biberbrugg - Ausbau Polizei und Verwaltungsgebäude (CH)

Visualisierung

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4. Rang / 4. Preis

Preisgeld: 20.000 CHF

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Beurteilung durch das Preisgericht

Die Komposition des neuen PJZ Biberbrugg aus drei unterschiedlichen Baukörpern – würfelförmiges Bürogebäude in Holzbauweise, flächiges Logistikgebäude mit Sheddach sowie bestehender Sicherheitsstützpunkt Biberbrugg in Sichtbeton - führt zu einem heterogenen, eher zufällig wirkenden Gesamtbild. Das offene Parkhaus vis-à-vis spricht eine weitere Architektursprache. Jede der drei Neubauten hat eine in sich begründete Logik in Konstruktion, Nutzung und Erscheinungsbild, zusammen mit dem Bestandsbau vermögen sie aber kein stimmiges Ensemble zu bilden.

Die auf quadratischem Grundriss in die Höhe entwickelte Volumetrie des achtgeschossigen Bürogebäudes setzt im positiven Sinne eine städtebauliche Marke am stark durch Verkehrsbauten geprägten Standort Biberbrugg: Das wichtige Verwaltungszentrum erhält einen adäquaten Auftritt.

Die Höhe und unmittelbare Nähe des 3-geschossigen Zwischenbaus mit Sheddach zum bestehenden Sicherheitsstützpunkt ist auf allen Geschossen problematisch für die angrenzenden Büroflächen des Bestandsbaus im 2. und 3. Obergeschoss. Die aus Sicht des Beurteilungsgremiums zwingende Reduktion um mindestens ein Geschoss in Kombination mit einer flacheren Dachkonstruktion würde zum Verlust optimal belichteter und funktional richtig situierter Flächen führen. Diese müssten im Bürogebäude kompensiert werden, entweder durch Erhöhung der Geschosszahl oder Vergrösserung der Geschossfläche.

Tragwerkskonzept und Materialisierung der Neubauten sind je logisch entwickelt und in sich stimmig und nachvollziehbar. Das Bürogebäude lässt durch die Anordnung der zwei zentralen, über alle Geschosse führenden massiven Vertikalkerne, die ringförmig umlaufenden Erschliessungskorridore und die frei einteilbaren, gut belichteten Büroflächen entlang der Aussenfassaden eine hohe Nutzungsflexibilität erwarten. Durch die knappe Fläche pro Geschoss müssen jedoch verschiedene Abteilungen und Ämter teilweise ungünstig auf mehrere Geschosse verteilt werden. In den Untergeschossen, insbesondere der Tiefgarage, entstehen durch den quadratischen Fussabdruck ungünstige Flächen.

Für die Neubauten werden unterschiedliche, auf die jeweiligen Tragwerke und Nutzungen abgestimmte Fassadenlösungen vorgeschlagen, die durch ihre Unterschiedlichkeit zum heterogenen Gesamtbild beitragen. Die vorgeschlagene Hybridbauweise des Bürogebäudes berücksichtigt das Anliegen nach erneuerbaren Baustoffen: Sichtbeton in den Kernzonen und Holz in den Bürobereichen sind die dominierenden Elemente. Die Fassaden als Holzrahmen-Elemente führen diesen Ansatz weiter. Die Effizienz der Beschattung des Bürogebäudes bzw. der grossen Glasflächen mittels der vorgeschlagenen Brise Soleil müsste sicher vertiefter geprüft werden. Die nichttragenden Trennwände im Bürobereich lassen unterschiedliche Grundrissdispositionen zu. Die sichtbare Führung der Haustechnikinstallationen im Deckenbereich unterstreicht den nachhaltigen Ansatz.

Im Zwischenbau schafft die vorgeschlagene Sheddach-Lösung für das 2. Obergeschoss optimal belichtete Flächen auf die ganze Gebäudetiefe, führt aber durch die bauliche Nähe zum Bestandsbau wie oben geschildert zu einer deutlichen Verschlechterung der nordseitig orientierten Büroräume im bestehenden Sicherheitsstützpunkt. Im Erd- und 1. Obergeschoss entstehen durch die grosse Gebäudetiefe und die Teilung durch die 2-geschossigen Anlieferungsgaragen und trotz der eingeschnittenen Lichthöfe eher schlecht nutzbare Restbereiche und Räume ohne Tageslicht. Die Wegführung im 2. Obergeschoss zwischen Gefängnis / Staatsanwaltschaft und dem Einvernahmezentrum im 1. Obergeschoss des Bürogebäudes ist kompliziert.

Der Haupteingang zum PJZ führt in die grosszügige, 3-geschossige zentrale Eingangshalle mit seitlich angeordneten Erschliessungskernen, über die alle Bereiche mit direktem Publikumsverkehr erreichbar sind. Das offene, voll verglaste Erdgeschoss mit Hauptempfang, ringförmig angeordneten Sitzungsräumen und das gegen Süden geplante Restaurant mit Terrasse zum Flussufer bilden einen attraktiven «öffentlichen» Bereich. Der Personalzugang ist wie gefordert horizontal und vertikal separat geführt. Der Zwischenbau wird gegenüber der Strasse dominiert von grossflächigen Toren oder Öffnungen für die verschiedenen Anlieferungen, eine unattraktive Situation, im speziellen für den Zugang zum heutigen Sicherheitsstützpunkt, der zusätzlich durch die Überdachung und die neue, vorgestellte Fluchttreppe an Grosszügigkeit und Sichtbarkeit verliert. Der geringe Abstand der Gebäudefront zur Strasse, gleichzeitig Kundenvorfahrt, ist durch die Überlagerung mit dem Manövrierraum für grosse Fahrzeuge in die Anlieferungskojen eher problematisch.

Aus Sicht der Kantonspolizei (KAPO) ist das Projekt im Bürogebäude gut umsetzbar. Spezialräume wie Führungsräume, Einsatztraining oder Kriminaltechnik weisen bereits einen guten Stand auf. Die Trennung der Personenflüsse lässt sich ebenfalls gut umsetzen. Anordnung und Anzahl der Rapporträume müsste noch angepasst und einzelne Dienste neu platziert werden, um die Sicherheit noch zu erhöhen. Die Grösse der Parkplätze in der Einstellhalle für Dienstfahrzeuge ist zu klein, eine Verbreiterung auf die geforderte Grösse ist im vorgeschlagenen Grundriss schwierig und führte zu einer empfindlichen Reduktion der Platzzahl. In der separat angeordneten, mit einem Fahrzeugaufzug erschlossenen Tiefgarage des KDT sind die Platzverhältnisse knapp.

Die Lage des Amtes für Migration (AFM) mit gut organisiertem Empfang und Kundenschaltern im 2. Obergeschoss des Bürogebäudes ist unter Inkaufnahme häufiger vertikaler Personenflüsse möglich. Die Abteilung Ausländerwesen hat im Projekt noch zu wenig Fläche, und ist – bedingt durch die gewählte Gebäudeform - auf zwei Etagen angeordnet, was trotz interner Treppenverbindung zu Erschwernissen im täglichen, intensiven Betrieb führt.

Aus Sicht des Amtes für Justizvollzug (AJV) schöpft das Projekt die vorhandenen Möglichkeiten aus und verbindet das bestehende Gebäude gut mit dem Neubau. Durch den abgeschrägten Raumverlauf wirkt die Anordnung der Abteilungen jedoch einschränkend und eine Abgrenzung zu anderen Amtsstellen ist nicht eindeutig ersichtlich. Die Zuführung ins Einvernahmezentrum birgt aufgrund fehlender Wartezone bzw. Schleusenplanung ein Sicherheitsrisiko. Die Entflechtung der Gefängniszufahrt von betriebsfremden Fahrzeugen wurde nicht umgesetzt und die zwei neuen Hafträume werden über die Gefängnisschleuse erschlossen, ein zusätzliches Sicherheitsrisiko.

Das neue Gebäude zeichnet sich durch eine subtile Situierung in die Örtlichkeit und einen kleinen Fussabdruck aus, was die Gestaltung einer attraktiven Umgebung vereinfacht und ermöglicht. Ein Gefüge von ausgedehnten Grünflächen und Freiräumen, in welche Erschliessung oder Anlieferung in selbstverständlicher Weise integriert sind, umrahmen das neu PJZ. Insbesondere der Bereich des alten Bahnhofs wird Teil des Flussraums der Alp, ökologische Ausgleichsfläche aber auch attraktiver Aufenthaltsort mit Rückzugsmöglichkeiten für die Mitarbeitende. Auch die Gartenterrasse des Restaurants, als Teil des Gebäudes, nimmt durch seine Situierung Bezug zum umliegenden Naturraum. Die Bepflanzung sowie die Aspekte der Biodiversität sind detailliert beschrieben und gekonnt angedacht.

Das sehr kompakte Gebäude mit eher hohem Glasanteil führt zu einem eher tiefen Wärmebedarf, aber eher hohem Kältebedarf. Wärme und Kälte werden effizient und nachhaltig mit einer Erdsonden-Wärmepumpe gedeckt, welche auch den Bestand versorgt. Wärme- und Kälteabgabe erfolgen in den Hauptnutzungen durch relativ aufwändige Deckensegel. Es wird – ausser im Fassadenschnitt - keine weitere Aussage zur Eigenstromproduktion (Photovoltaik) gemacht. Das Projekt bewegt sich bezüglich Kosten und Kennwerten im Mittelfeld der eingereichten Vorschläge und lässt durch die kompakte Gebäudeform gute Betriebskosten erwarten.

Die städtebauliche Setzung der drei Volumen ist interessant und bildet einen ortsbaulich wertvollen Orientierungspunkt, schaffen sich aber in der Verbindung zum Bestandsbau Nachteile, welche noch nicht gelöst sind. Eine mögliche Klärung könnte die Erhöhung und gesteigerte Akzentuierung des Hochbaus und gleichzeitige tiefere Ausbildung des Zwischenbaus sein. Dabei müsste allerdings die Verträglichkeit eines Hochhauses mit den Schutzzielen des BLN-Gebietes geprüft werden.

Das grosse Volumen des Parkhauses wirkt durch die unterschiedlichen Elemente – Fassadenelemente und losgelöste Überdachung – unruhig.
Grundriss-EG

Grundriss-EG

Nordwest-Ansicht

Nordwest-Ansicht

Längsschnitt

Längsschnitt

Modell

Modell