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Offener Wettbewerb | 04/2023

Sanierung und Erweiterung Schulanlage Kandermatte - Thierachern

3. Rang / 3. Preis

Preisgeld: 15.000 CHF

1899 Architekten AG

Architektur

extrā Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

IndermĂŒhle Bauingenieure

Tragwerksplanung

H + K Planungs AG

TGA-Fachplanung

Indievisual AG

Visualisierung

Beurteilung durch das Preisgericht

StÀdtebau
Das Projekt baut auf der bestehenden Bausubstanz auf und bezieht sie ein. Durch gezielte örtliche Anbauten und die Aufstockung der beiden Schultrakte um ein Geschoss wird der benötigte Schulraum generiert, wobei der Charakter des Ensembles erhalten bleibt. Die Schultrakte erscheinen als dreigeschossige Baukörper mit Flachdach, welche in der GrundflĂ€che aus zwei sich ĂŒberlagernden Rechtecken bestehen. Der eingeschossige GebĂ€udesockel wird an den beiden Enden massvoll erweitert. Die daraus generierte Fassadenabwicklung ermöglicht eine gute natĂŒrliche Belichtung der Erschliessungszone.

Freiraum
Das Team baut auf dem Bestand auf. Der heutige Velounterstand wird mit einem Nebenbau ersetzt. So bleibt der Freiraum nach Nord- West gefasst und öffnet sich zum Dorf und zum Bach hin. Der Bezug vom Pausenhof zu den Sportfeldern sowie die vorhandenen Proportionen der FreirĂ€ume bleibt erhalten. Das SchulgelĂ€nde wird hauptsĂ€chlich vom Bach her betreten. Hier sind die VeloabstellplĂ€tze organisiert. Der Höhenunterschied wird ĂŒber das fliessende GelĂ€nde gelöst. Es fehlt eine rĂ€umliche Zonierung zwischen dem Veloparking und den PausenflĂ€chen. Die ZugĂ€nge in die GebĂ€ude bleiben erhalten. FĂŒr die Basisstufe besteht die Möglichkeit die Klassenzimmer ĂŒber einen Gartenzugang oder den Haupteingang zu erreichen. Die Wege ermöglichen die SchĂŒlerströme zu entflechten. Zwei Basisstufen sind im SĂŒden und eine im Westen angeordnet. Dies fĂŒhrt zu unterschiedlichen QualitĂ€ten und BezĂŒgen im Aussenraum. WĂ€hrend die Klassen im SĂŒden von gut proportionierten und einem angemessenen Bezug von Innen profitieren, kann der Sichtbezug im Westen nicht gewĂ€hrleistet werden. FĂŒr die öffentlichen- und Vereinsnutzungen werden zwei ZugĂ€nge im Norden – nahe den ParkplĂ€tzen – angeboten. Davon profitiert die Bibliothek, die Tagesschule und die Turnhalle. Im Norden werden der Tagesschule möblierte Spielbereiche zugewiesen, welche auf kleinere Kinder mit Bewegungsdrang ausgelegt sind.
Durch die Lage und die schmale Ausdehnung ist die AttraktivitĂ€t dieser AussenrĂ€ume bescheiden. Im Osten wird das Untergeschoss dank einer grosszĂŒgigen Abgrabung belichtet. Es entsteht ein Lichthof mit hohen Mauern.

Das Team erhĂ€lt viele der bestehenden BĂ€ume. Es entsteht eine stark durchgrĂŒnte Schulanlage. Die Umgebungsgestaltung ist sichtbar vom Bestreben nach Entsiegelung geprĂ€gt. Die HartflĂ€chen des Pausenhofes werden auf die BewegungsflĂ€chen reduziert. Die GrĂŒnflĂ€chen sind mit schattenspendenden BĂ€umen bestĂŒckt. Die FlĂ€chen sind zurĂŒckhaltend möbliert. Raumgreifende Bewegungsspiele, welche HartflĂ€chen benötigen, verlagern sich auf die SportflĂ€chen. Der Hof erscheint attraktiv fĂŒr ruhigere PausenaktivitĂ€ten. Ein Entscheid, welcher fĂŒr die umliegenden Klassenzimmer Vorteile bieten kann. Bei schlechtem Wetter wird der Pausenraum jedoch auf die HartflĂ€chen reduziert. Das Team weisst einen Anteil von nicht versiegelten FlĂ€chen von etwa 50 Prozent nach. Bestehende und zusĂ€tzlich gepflanzte BĂ€ume beschatten den Pausenhof grosszĂŒgig. Damit wird das Mikroklima und auch die AufenthaltsqualitĂ€t des Pausenraums deutlich verbessert. Das Projekt zeichnet sich durch den sorgsamen Umgang mit den bestehenden BĂ€umen aus. Diese werden mit einheimischen StrĂ€uchern und BĂ€umen ergĂ€nzt um die BiodiversitĂ€t um das Areal zu erhöhen.

Es entsteht ein starkes Bild einer grĂŒnen Schulanlage in der Landschaft. Inwieweit der maximale Anspruch auf Entsiegelung sich mit dem hohen Nutzungsdruck der Schule und dem BedĂŒrfnis nach Bewegung bei jeder Witterung miteinander in Einklang stehen, ist zu untersuchen.

RĂ€umliches Konzept und strukturelle Eingriffe / Organisation
Die zwei gleichwertigen EingĂ€nge mit ĂŒberdachtem Aussenbereich werden belassen. Die Basisstufe wird im Erdgeschoss nach SĂŒden und Westen orientiert, in direkter Verbindung zu grosszĂŒgigen Aussenspielbereichen. Ihre Organisation ist zweckmĂ€ssig, jedoch werden innenrĂ€umliche QualitĂ€ten bei der neuen Basisstufe, insbesondere bei der dritten Einheit, vermisst. Die Positionierung der Tagesschule auf der Nordseite wird kontrovers diskutiert, da ein direkter Bezug zum Pausenplatz wĂŒnschenswert erscheint. Der unabhĂ€ngige, sekundĂ€re Zugang direkt vom Schulweg hingegen wird begrĂŒsst, insbesondere weil die an der Nordostecke platzierte Bibliothek davon profitiert.

Zum Thema des - durch die erforderte hindernisfreie ZugĂ€nglichkeit - in der Raumhöhe reduzierten Singsaal liefert das Projekt mit dem Anheben des Daches eine ĂŒberzeugende Lösung. Es resultiert eine angemessene Raumhöhe und der seitliche Versprung kann zur Verbesserung der Belichtung genutzt werden. Leider wird der Erschliessungssituation des attraktiveren Singsaals zu wenig Beachtung geschenkt.

Die beiden Schulzimmertrakte werden in der GrundflĂ€che dem bisherigen Raster von 2.40m folgend erweitert und um je ein Geschoss aufgestockt. Damit bilden je vier Schulzimmer und zwei GruppenrĂ€ume einen Cluster, womit den schulischen Anforderungen gut Rechnung getragen wird. Die Grundrissorganisation weist bezĂŒglich architektonischer QualitĂ€t jedoch einige MĂ€ngel auf. Insbesondere die freigespielten Raumboxen in Form des IV-WCs und Lifts generieren unglĂŒckliche Raumsituationen. Zudem sind die zweigeschossigen Lichthöfe zu hinterfragen, zumal sich mit dem vorliegenden Grundrisskonzept ĂŒber die Fassaden eine gute Belichtungssituation ergibt.

Nutzbare Höfe in Form von erweiterten Abgrabungen sollen die Tageslichtsituation der WerkrÀume aufwerten. Die vorgeschlagenen Massnahmen werden in Punkto VerhÀltnismÀssigkeit in Frage gestellt. Die ZÀsur wirkt in der Umgebung grob, ohne die rÀumliche QualitÀt der RÀume relevant aufzuwerten.

Architektonischer Ausdruck
Als Fassadenkleid sollen unbehandelte Fichtenholzschindeln den Bau prĂ€gen. Damit wird ein Bogen zu den identitĂ€tsstiftenden GebĂ€uden in diesem lĂ€ndlichen Umfeld gespannt. FĂŒr die Ausstellmarkisen wird ein Farbkonzept basierend auf den vier Jahreszeiten vorgeschlagen. Acht Farbnuancen sollen das Fassadenbild sinnbildlich fĂŒr Vielfalt und Lebendigkeit prĂ€gen. Ein ebenso lebendiges Farbkonzept wird auch im Inneren angestrebt, wobei die dargelegten GestaltungsgrundsĂ€tze etwas ĂŒberladen erscheinen.

Konstruktion und Nachhaltigkeit
Die Konstruktionen bauen auf dem Bestand auf und werden im Bereich der Aufstockung in adaptierter Bauweise in Holz weitergefĂŒhrt. Die VordĂ€cher bilden einen wirksamen Schutz der Schindelfassaden. Fragezeichen bestehen beim DĂ€mmkonzept und den vorhandenen WĂ€rmeberĂŒcken. Kritisch gesehen wird auch, dass beim vorliegenden Projekt keine Aussage dazu gemacht wird, wie die technischen Installationen auf dem Dach in die Architektur integriert werden können. Die Projektverfasser beabsichtigen dem Thema «reuse» auch im Kleinen, mit dem Wiederverwenden von SchranktĂŒren oder WC-SchĂŒsseln, gerecht zu werden.

Tragwerk
Der Projektentwurf berĂŒcksichtigt insgesamt gut die Tragstruktur im Bestand. Tiefer gehende bauliche Massnahmen am Bestand sind im Bereich der Volumenerweiterungen beim Trakt A und B und im Bereich des Singsaals beim Zwischenbau notwendig, da vermutlich der Ersatz wirtschaftlicher als die Umsetzung der notwendigen Anpassungs- und ErtĂŒchtigungsmassnahmen ist. Die Volumenerweiterungen und die Aufstockungen werden in Holzbauweise realisiert. Die AusfĂŒhrung in Holzbauweise und die damit verbundene Lastreduktion (geringe Eigenlast der Tragstruktur) erweist sich fĂŒr die bestehende Vertikalstruktur, die Horizontalstabilisierung und die Fundation in jedem Fall als statisch gĂŒnstig.

Haustechnik
Wesentliche Aspekte des Technikkonzepts sind nicht in die ArchitekturplĂ€ne eingeflossen (dezentrale LĂŒftungsgerĂ€te und natĂŒrliche NachtauskĂŒhlung ĂŒber Lichthöfe, 
). Der thermischen Speichermasse in den RĂ€umen wurde nicht ausreichend Beachtung geschenkt. Die sowohl innen wie aussen vorgesehene thermische DĂ€mmung erscheint sehr aufwĂ€ndig und das textlich erwĂ€hnte Technikkonzept eher komplex.

Etappierung
Der Vorschlag zur Etappierung wurde in vier Phasen gegliedert. Die Idee, den GerÀteschopf als erstes zu bauen und als Schulraumprovisorium zu nutzen, wird hinterfragt.

Wirtschaftlichkeit
Durch die Idee mit L-förmigen Volumenerweiterung der bestehenden Trakte A und B wurde zwar ein Mehrwert an HauptnutzflÀche geschaffen. Auf der Kostenseite jedoch wirken sich diese umfangreiche Erweiterungen negativ aus. Zudem sollen die WC Anlage in Trakt B verschoben werden. Die VertikalitÀt der Installationen ist auch nicht gegeben. Durch beides entstehen zusÀtzliche Kosten im Vergleich zu den anderen Projekten. Der Eingriff bei der Sporthalle ist umfangreich.

Fazit
Die Projektverfasser schĂ€len mit Ihrer Analyse die StĂ€rken und SchwĂ€chen der vorgefundenen Schulanlage heraus. Positiv bewertet werden die strukturellen QualitĂ€ten und die daraus ablesbare Fassadengliederung aber auch die grosszĂŒgigen Aussenanlagen. Durch gezielte Eingriffe im Erdgeschoss und der angemessenen Erweiterung und Aufstockung der bestehenden Schulzimmertrakte gelingt es, die Schulanlage aufzufrischen und zu erweitern. Die erwĂ€hnten Defizite bei der Grundrissgestaltung sind jedoch nicht einfach zu beheben und gewichten darum schwer. Gesamthaft weist das Projekt Vivaldi ĂŒberdurchschnittlich grosse FlĂ€chen und eine grosse Kubatur auf, was sich auf die zu erwartenden Baukosten negativ auswirkt.