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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2023

Neubau Wache West und Stadtarchiv in Zürich-Aussersihl (CH)

BELVEDERE

3. Rang / 3. Preis

Preisgeld: 30.000 CHF

Christ & Gantenbein

Architektur

OFFICE KGDVS Kersten Geers David Van Severen

Architektur

Perita AG

Projektsteuerung

Dr. Lüchinger + Meyer Bauingenieure AG

Tragwerksplanung

mosbach paysagistes

Landschaftsarchitektur

BAKUS Bauphysik & Akustik GmbH

Bauphysik, Akustikplanung

eicher+pauli

TGA-Fachplanung

baur planung

Innenarchitektur, sonstige Fachplanung

TEAMverkehr

Verkehrsplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebaulich charakterisiert sich der Projektvorschlag durch seine eigenständige Setzung, die ihn als markanten neuen Baustein im Gesamtareal in Erscheinung treten lässt. Über einen massiv formulierten, ausladenden Sockel, der die Wache beherbergt, entwickelt sich zurückversetzt dazu das Archiv in einer klar formulierten Scheibe. Die Typologie erscheint logisch, den Funktionen entsprechend entwickelt. Insgesamt wirkt der Baukörper aber auch noch etwas zu sperrig im Areal. Er ist fast etwas zu lang geraten und ist stirnseitig in Richtung Schlachthof etwas zu dominant. Weiter stellt sich die Frage nach der Ausrichtung der Scheibe bezüglich des Areals und dem Strassenraum.

Architektonisch lebt der Projektvorschlag von dem – wie es die Verfassenden nennen – «Potential des Widerspruches von luftiger Industriehalle und monumentalem Gemeinschaftsbau». Der Projektvorschlag versucht, aus dieser Programmierung eine präzise architektonischtypologische Form zu entwickeln. Die Halle der Wache wird dabei mit Backsteinen gefasst, der Hochbau mit einer gläsernen PV-Fassade formuliert. Der Hochbau scheint sich durch die reduktiv ausgeführte Fassadengestaltung himmelwärts zu entmaterialisieren. Die unterschiedlichen Nutzungen erhalten durch diese Materialisierung ihren eigenen Ausdruck. Allerdings wirkt der Sockel zu referenziell dem Bestand zugewandt, der gläserne Hochbau noch etwas seltsam entkoppelt, stärker bindende Elemente im Sockel und Hochbau wären wünschenswert.

Der kompakte Baukörper lässt Raum für grosszügige Freiflächen, die allerdings zum grossen Teil als Rangieroder Erschliessungsflächen der Wache dienen. Diese Belagsflächen werden mit Bohrungen punktiert, in denen sich Spontanvegetation ansiedeln soll. Auch ist in diesem Bereich eine Pergola mit Kletterpflanzen vorgesehen.

Offen bleibt allerdings, wo die vorgesehenen Pflanzen ihren Wurzelraum haben werden. Eine umlaufende, mit Gehölzen und extensiver Bodenbegrünung bepflanzte Gartenterrasse bietet im dritten Obergeschoss einen begehbaren Freiraum mit stadtökologischem Mehrwert. Das PV-Dach bietet mit seiner niedrigen, extensiven Begrünung zwar Raum für die Stadtnatur, nutzt das Dach aber nicht in der gewünschten, intensiven Weise. An der Hohlstrasse nimmt die Gestaltung der Vorzone richtigerweise das Thema der Ruderalflächen auf. Ungelöst ist die Situation beim Haupteingang, wo eine wenig einladende, beengte Situation entsteht und der Durchgang die beiden Ruderalflächen voneinander trennt.

Bezüglich der Nutzung erweist sich die vorgeschlagene Stapelung der Nutzungen als vorteilhaft. Die Wache wie auch das Untergeschoss funktionieren betrieblich durch die einfache und kompakte Ausgestaltung der Grundrisse sehr gut. Es ist ein sinnvolles und stringentes Verkehrskonzept entwickelt worden, auch das Betriebskonzept der SRZ funktioniert hervorragend. Die Erschliessung und die Vorzonen sind übersichtlich und grosszügig angeordnet. Im Sockelbereich bliebe zu prüfen, ob der Lastabtrag einfach und direkter gelöst werden könnte.

Das Archiv funktioniert im Magazinbereich aufgrund der grossen Spannweiten ebenfalls gut. Weniger zu überzeugen vermag die Adressbildung, da der Eingang noch zu versteckt wirkt. Der Empfang und die Ausstellung befinden sich im dritten Obergeschoss und profitieren von der allseitigen Terrassensituation. Der Lesesaal im dritten Obergeschoss könnte allerdings übersichtlicher sein, die Büros funktionieren im Openspace-Konzept gut, bei den Einzelbürodispositionen wirken die Wege eher lang und beengend.

BELVEDERE weist eine gute Kompaktheit, eine klare Gebäudestruktur und grosszügige Flächen für PV-Anlagen auf. Der von den Verfassenden angedachte Pragmatismus hilft in diesem Sinne, ein effizientes Gebäude zu entwickeln. Wirtschaftlich befindet sich der Beitrag im Vergleich mit den anderen Projekten der engeren Wahl im Mittelfeld. Es ist den Verfassenden gelungen, ein markantes Gebäude zu entwickeln, das allerdings im Kontext durch seine schiere Länge etwas sperrig wirkt und sich städtebaulich zu wenig einbindet. Auch die Fassadenmaterialisierung hat noch Abstimmungspotenzial: Sockel und Hochbau sind gestalterisch nicht wirklich gut ausbalanciert. Funktional überzeugt das Projekt über weite Strecken; vor allem die Wache ist sehr gut organisiert.