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Offener Wettbewerb | 01/2024

Ersatzneubau Munotbrücke in Schaffhausen (CH)

Brücke mit Burggraben

Brücke mit Burggraben

4. Rang

Preisgeld: 2.000 CHF

Timbatec Holzbauingenieure

Tragwerksplanung

atelier soto . freiraum und landschaft GmbH

Landschaftsarchitektur

Winfried Schneider Produktdesign

Design

Erläuterungstext

Der Eingang

Der Ersatzneubau der Munotbrücke wirft die Frage nach einem gut auffindbaren Haupteingang des Munots auf, dem wichtigsten Wahrzeichen der Stadt Schaffhausen. Die Auffindbarkeit vom Bahnhof durch die Altstadt und die Unterstadt durch sind als solche nicht besonders gut signalisiert und könnten im Zuge der Beleuchtungsstudie von Atelier Dreher erweitert und mit einbezogen werden. Hieraus sollte klar werden, wo der Haupteingang des Munot ist und wie man dort hinkommt. Diese Verbesserung der Signaletik der Aufgänge von der Stadt aus hoch zum Munot können mit der Brücke nicht gelöst werden, könnten aber übergreifend mit dem Ersatz des Geländers an Munothaldenweg und Römerstieg mit einbezogen und verbessert werden.
Die momentane Situation der bestehenden Brücke in Ihrer Ausformulierung wird eher als funktionaler Hintereingang, als reine Infrastruktur wahrgenommen. Für das neue Konzept einer neuen Brücke sind folgende, räumliche Elemente für uns wichtig: Der Raum vor der Brücke, die Brücke selbst und das Geländer spielen dabei eine zentrale Rolle: Das Geländer mit Handlauf soll zukünftig von den beiden Eingängen in der Stadt aus hoch bis zum Haupteingang des neuen Munotstieges führen. Dieses läuft von beiden Seiten in zwei Bögen auf die Brücke bis zum Eingangstor des Munot und wird somit Leit- und räumliches Führungsobjekt für die Besucher*Innen und Einwohner der Stadt.


Munotplatz

Zum Auftakt des Eingangs wird der kleine Platz vor der Brücke räumlich mit einbezogen. Hier warten Besuchergruppen zu Rundfühhrungen oder man trifft sich hier, um zu Veranstaltungen am Abend zur Zinne auf die Dachterrasse des Munots zu gehen. Dieser Raum fungiert auch als kleiner Quartiersplatz für die Nachbarschaft, daher ist dies ein Ort des Ankommens, des Treffens und der Versammlung, der Munotplatz.

Wir schlagen hier optional zu der Brücke eine hochwertige Materialisierung aus Natursteinplatten dieses Platzes vor: Ein langlebiger, versickerungsfähiger Bodenbelag aus Naturstein, ähnlich wie im Unterdorf der kleine Eingangsplatz am Munotstieg. Die Fugen dazwischen sind offen, so dass Regenwasser versickern kann und die Verdunstung zur Kühlung der Stadt beiträgt. Der Platz soll sich somit vom herkömmlichen Asphalt des Trottoirs und der Strasse materiell unterscheiden.

Alternativ kann der hohe Kostenpunkt des Rückbaus der Brücke in einer Ausarbeitung insofern detaillierter geprüft werden, so dass die alte Brücke vor Ort zerschnitten wird und daraus die neuen Bodenplatten des Platzes zum Einsatz kommen. Eine Synergie wäre hier wünschenswert, um Ressourcen zu schonen und unnötige LKW-Fahrten z sparen. Im Sinne einer Weiternutzung von wertvollen Materialien.

Zusäzlich sind hier zwei grosse Bänke um die bestehenden Bäume sinnvoll, um den ankommenden Personen eine Sitzmöglichkeit zu geben, so dass auf andere Menschen gewartet werden kann. Ein Warteraum dazwischen, ein Eingangsraum der sich leicht in der Brücke fortsetzt. Die Beiden bestehenden Bäume auf diesem Platz unterstreichen die räumliche Eingangsgeste, wie zwei Säulen oder auch Eingangswächter. Dem Eingang wird somit die nötige Präsenz gegeben, die für dieses Monument nationaler Bedeutung angemessen erscheint.

Munotbrücke

Die Position der neuen Brücke wurde leicht, stärker in Richtung Platz gedreht, um sich somit stärker auf den Eingangs-Platz auszurichten und senkrecht auf den Munot-Eingang zu zulaufen. Die direkte Sichtbarkeit aus der Munotstrasse wird somit verbessert. Die Brücke öffnet sich leicht konisch zum Platz hin und macht so eine stärkere Willkommens-Geste zum Besucher hin als die Bestands-Brücke. Ein Wartungsfahrzeug hat zudem mehr Platz zum rangieren. Die Breite am Eingangstor des Munots ist minimal gehalten. Dadurch ergibt sich eine räumliche Dramaturgie vom Platz bis zum Eingang, bevor es ins Dunkle der Kasematte geht und man den Munot in seiner Massivität erleben kann.

Der leichte, vertikale Bogen der Brücke unterstützt die Linienführung des Geländers, die sich sehr elegant in die bestehenden Radien des Geländers einfügen und mit Ihnen verschmelzen. Ein ikonografisches und identitätsstiftendes Bild eine Brücke ist nach oben gewölbt, wie alte Steinbrücken oder Torbögen gebaut sind. Dies ist von der Seitenansicht der Brücke in der Visualisierung am Besten erkennbar. Die gerade, bestehende Beton-Brücke erscheint hiergegen doch etwas zu pragmatisch, fast plump.

Die Seitenansicht der Brücke, die Fahrbahn mit ca. 26cm Höhe, verschleift sich mit der bestehenden Kante der Stützmauer des Hirschgrabens zu einem grossen Bogen. Dieses Leitobjekt funktioniert ebenfalls sehr gut für blinde und sehbeeinträchtigte Personen, die entweder durch den Handlauf in den Munot geführt oder sich mit dem Blindenstock hier entlangtasten können.


Konstruktion & Materialien

Die Anordnung der Konstruktion unterhalb der Brücke hilft dem Geländer als Leitobjekt zur vollen, räumlichen Entfaltung. Die Unterkonstruktion der Brücke besteht aus einer Holzkonstruktion aus CLT-Mehrschicht-Sperrholz und einer abgespannten Konstruktion mit Böcken, Stahlrohren und Konsolen. Der Fahrbahnbelag aus ultrahochfestem, faserarmiertem Beton UHPC mit einer Dicke von 4cm als Tragschicht wird direkt auf die CLT-Mehrschichtplatte aufgegossen. Eine Deckschicht aus 2cm ultrahochfestem Beton mit Splitmatrix bildet die Nutzschicht darüber, die eine sehr dauerhafte, hochfeste Beanspruchung gewährleistet. Dieser Belag wird nach Aushärtung so hart wie Stahl, ist extrem fest und sehr langlebig. Dieser reisst nicht, auch bei Bauteilbewegungen der Holzkonstruktion darunter. Daher ist mit dieser Oberflächenversiegelung die Holzkonstruktion darunter sehr gut gegen direkte Bewittertung gesch¸tzt. Diese kann nach Abnutzung gesamthaft abgefräst und erneuert werden, so dass die gesamte Nutzungsdauer der Brücke wieder um einige Jahrzehnte verlängert werden kann. Vorgängig kann das Geländer einfach wieder abmontiert werden.


Licht als Führung

Zur eindeutigen Kennzeichnung des Eingangs kann über dem Eingang in der Schriftart des Munotvereins ein Schild angebracht werden, so dass der Eingang grösser erscheint und auch im Dunkeln besser und klarer auffindbar ist. Diese Schrift wird, so wie in der Studie von Atelier Dreher, von Hinten beleuchtet und f¸gt sich somit ins Gesamt-Beleuchtungskonzept des Munot ein. Die Leuchtkraft wäre nur minimal, um unnötige Reflexionen auf den Fledermauskorridor zu vermeiden. Auf dem Platz werden zwei zusätzliche Mastleuchten für die soziale Sicherheit aufgestellt.
Die Beleuchtung im Handlauf würde mit Ihrer Ausrichtung genau auf den Belag leuchten, so dass die Lichtverschmutzung in den Hirschgraben minimal ist und die Beleuchtung umweltschonend gehalten wird. Der Handlauf besteht aus einem Standard-Profil aus Chrom-Nickel-Stahl (CNS) und liegt angenehm in der Hand. Ein LED-Band darin entlanglaufend kann gut am unteren Schlitz ausgewechselt werden.
PHOSPHOROS, in der Antike ein Synonym für den Morgenstern, altgriechisch für Lichtbringer finden wir einen passenden Namen für das Projekt.

Die Ausformulierung des Geländers orientiert sich an traditionell geschmiedeten Stahlarbeiten, die eine jahrhunderte alte Tradition haben. Die um 45° verdrehten Staketen lehnen sich hier ganz einfach daran an. Am Abend wird dieses Geländer am Handlauf beleuchtet, so dass die visuelle Führung bis zum Eingang auch im Dunkeln, auch für Menschen mit eingeschränkter Sicht, funktioniert. Die Gestaltung des Geländers mit Handlauf wird also an der neuen Brücke vorgegeben, so dass beim späteren Ersatz des Geländers am Römerstieg und Munothaldenweg den Hang hinunter bis zur Stadt dieses durch das gleiche Geländer ersetzt werden kann.


Beurteilung durch das Preisgericht

Erfüllung Aufgabe
Der Projektbeitrag erfüllt die Aufgabenstellung gemäss Wettbewerbsprogramm. Die Holzbrücke wölbt sich über den Hirschgraben und schliesst zurückhaltend an dem Munot an. Durch einen hohen Vorfertigungsgrad und kleinstmöglichen Eingriffen am Munot wird die Bauzeit vor Ort kurzgehalten.

Gestalterische Qualität
Die bogenförmige Brücke spannt sich ansprechend und dynamisch über den Hirschgraben. Die Unterkonstruktion besteht aus Holz mit einer Seilunterspannung. Der Fahrbahnbelag aus UHPC-Beton (UHFB) ist extrem langlebig, gewährleistet eine hohe Beanspruchung und schützt die Holzkonstruktion. Die V-förmigen Tragböcke unter der Brücke spiegeln in ihrer Anordnung und Höhe den Brückenboden. Gesamthaft entsteht eine gelungene und überraschend feine Konstruktion. Auf der Grabenseite verlässt das Projekt den vorgegebenen Perimeter und denkt die Brückenantrittssituation als Platzform weiter. Die Ausweitung der Brücke zum neu gestalteten Vorplatz ist gestalterisch nachvollziehbar. Die Ausrundungen der Geländer beim Brückeneintritt lassen die Brücke als Fortführung der Strasse wirken, die sich zum Munot schiebt. Da der Munot historisch gesehen an dieser Stelle keinen Zugang hatte, erscheint der neu gestaltete Munotzugang durch die Inszenierung eines neuen Vorplatzes wie auch die Beschriftung des Munot oberhalb des Zugangstors als etwas überdimensioniert. Die Ausrundung der Form ist im Kontext mit der klar gehaltenen Wegführung entlang der Kontermauer nicht schlüssig.

Machbarkeit
Das Projekt ist sehr durchdacht und löst viele Aspekte im Hinblick auf die Bewilligungsfähigkeit und die technische Umsetzbarkeit. Die Lösung der Brückenentwässerung in Richtung Munot ist nicht ganz klar.

Nachhaltigkeit
Das überwiegende Konstruktionsmaterial Holz ist nachhaltig. Der Fahrbahnbelag aus UHPC-Beton (UHFB) ist langlebig und gewährleistet eine hohe Beanspruchung - der Einsatz ist hinsichtlich der geforderten Ecobau-Kompatiblität jedoch zu prüfen.

Gesamtwirkung
Der Baukörper überzeugt durch seinen dynamischen Ausdruck. Die sich nach oben wölbende Brücke und die Gegenwölbung der darunterliegenden Tragkonstruktion nehmen einerseits die Elemente des historischen Brückenbaus auf und zum anderen die am Munot bestehenden bogenförmigen Gurten.

Kosten
Der Kostenrahmen ist exkl. der Kosten für die Beleuchtung und die vorgeschlagene Platzgestaltung eingehalten. Die Plausibilität der Kosten kann nicht abschliessend beurteilt werden.

Fazit
Das Projekt überzeugt in seinem durchdachten und gestalterischen Brückenentwurf in Holz. Die ausweitende Geste auf die Grabenmauer erscheint etwas überdimensioniert.
Munotplatz

Munotplatz

Brücke bei Nacht

Brücke bei Nacht

Munotplatz mit Brücke

Munotplatz mit Brücke

Brücke im Schnitt

Brücke im Schnitt

Brücke in der Explosion

Brücke in der Explosion

Referenz Geländer

Referenz Geländer

Detailschnitt Auflager

Detailschnitt Auflager

Detailschnitt Quer

Detailschnitt Quer