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Projektwettbewerb | 11/2020

Neubau der Schulanlage Saatlen in Zürich-Schwamendingen (CH)

Der neue KiTa-Pausenhof

Der neue KiTa-Pausenhof

3. Rang / 3. Preis

wild bär heule Architekten AG

Architektur

horisberger wagen architekten gmbh

Architektur

Andreas Geser Landschaftsarchitekten AG

Landschaftsarchitektur

Takt Baumanagement AG

Projektsteuerung

Waldhauser + Hermann AG

TGA-Fachplanung

BAKUS Bauphysik & Akustik GmbH

Bauphysik

Timbatec Holzbauingenieure

Bauingenieurwesen, Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Die Schule als topographisches Stadtmöbel

Die prägnante, städtebauliche Setzung im Parkraum gepaart mit der Zusammenführung mehrerer Schuleinheiten mit Betreuungs- und Sportinfrastruktur sowie einer Musikschule in einem topographisch angelegten, urbanen Langhaus beschreiben auch für die Überarbeitung unseres Projektbeitrages Convivium die entwerferischen Hauptintentionen.
Alle Nutzungen werden in einem einzigen Baukörper versammelt und gemäss ihren betrieblichen Anforderungen unabhängig organisiert, gegliedert und erschlossen. Die horizontale wie vertikale Erschliessungsstruktur lässt jedoch eine direkte Vernetzung und Verbindung aller Nutzungseinheiten im Sinne eines offenen und dialogischen Hauses zu.
Der grosszügige öffentliche Gebäudedurchgang als witterungsgeschützte Pausenhalle, die nutzungsspezifischen Hauptzugänge, begrünte Atrien und Lichthöfe, begeh- und bespielbare Hofterrassen durchdringen den Baukörper. Das differenzierte Aussen- und Innenraumgeflecht erzeugt eine reiche und stimmungsvolle Schulwelt und verbindet das Schulhaus mit seiner vielseitigen Durchlässigkeit auf selbstverständliche Art und Weise mit den umliegenden Quartieren.

Freiraum
In der Auseinandersetzung mit der vorgefundenen Situation zeigt sich die Bedeutung des Grünzugs Schörli-Saatlen, der sich zu einem Rahmen um die Schulanlage ausweitet. Mit präzise angeordneten Neube¬pflanzungen von Einzelbäumen und Baumgruppen, dem bewussten Schaffen und Erhalten von raumgreifenden Wiesenflächen, sowie einem Fortführen der vorgefundenen Wegeführung wird die Situation den neuen Ansprüchen angepasst. Mit nur wenigen Wegeverbindungen wird eine Beziehung zwischen Neubau der Schulanlage und dem unmittelbaren Quartier geschaffen, ohne zu stark in die vorgefundene Substanz einzugreifen.
Dieses behutsame Eingreifen im Randbereich bedarf einer kompakten Anordnung der Nutzungsfelder im Innern der Anlage. Punktuelles Auf¬weiten des Wegenetzes bietet Aufenthalts- und Bewegungsräume, die zugleich die Zugänge zu den verschiedenen Schuleinheiten räumlich hervorheben. Mit wegebegleitenden Sitzbankgruppen, mittig angeordneten Trinkbrunnen und eingangsnahen Parkflächen für Fahrräder wird ein Bezug zu vertrauten Bildern historischer Schulhöfe und Pausenplätze geschaffen. Ein begrenztes Repertoire an Elementen teilt den jeweiligen Schuleinheiten verschiedenartige individuelle Pausenhöfe zu, so dass sich die Kinder mit ihrem Schulhof identifizieren können und sich deren Einheiten aus der gesamten Schulanlage herauslöst. Zusammen mit den Innenhöfen im Neubau bildet sich ein kindgerechtes Schulumfeld.
Die beschriebene Anlage bildet nicht nur Raum für die unterschiedlichen Schulstufen, sondern ist bedingt durch die gezielte Auswahl verschiedener einheimischer Gehölze, auch ein wertvolles Habitat für die etablierte Pflanzen- und Tierwelt.

Tragwerk
Die Geschosse des Schulhauses unter Terrain werden in Stahlbeton und jene über dem Terrain werden weitgehend in Holzbauweise erstellt. Die Aussteifung erfolgt über die verschiedenen Treppenhauskerne aus Stahlbeton.
Die vertikale Lastabtragung erfolgt über 6 Stützenreihen, welche in Gebäudelängsrichtung angeordnet sind. Die massiven Holzstützen sind in einem regelmässigen Raster angeordnet und tragen die quer zum Gebäude spannenden Unterzüge aus Brettschichtholz. Die eigentlichen Geschossdecken aus Massivholzelementen sind zwischen die Unterzüge eingehängt.
Bei den Längsfassaden werden die oberen auskragenden Geschosse mit den Trägern im EG abgefangen und deren Last auf die innenliegende Stützenreihe abgegeben. Bei der Situation der grossen Treppenanlagen, welche jedoch nur vom EG ins erste OG führen, werden die auskragenden Träger ein Geschoss höher platziert. Für den Durchgangsbereich werden die darüberliegenden Geschosse mit in den Tragachsen platzierten Fachwerken und Trägern überspannt. Dadurch kann der gesamte Durchgang freigespielt werden. Über der Dreifachturnhalle spannen anstelle der Unterzüge grössere vorgespannte Holzträger über die gesamte Turnhallenbreite und stützen die oberen Schulhausgeschoss. In einer nächsten Phase ist zu prüfen, ob in Gebäudelängsrichtung die differenziellen Verformungen zwischen Turnhalle und normaler Decke zu minimieren sind, indem in der Fassade über der Turnhalle ein eingebautes Fachwerk/ Hängewerk die Funktion eines last- und verformungsverteilenden Überzugs erhält.

Brandschutz
Im Gebäude werden die offenen Treppenanlagen als Brandabschnitte auch über mehrere Geschosse bis max. 3`600 m2 zusammengefasst. Da zusätzlich keine offenen Gallerien über alle Geschosse vorhanden sind, gibt es keine Einstufung als Atrium und somit keine erhöhten Brandschutzmassnahmen.
Die Fluchtweglängen bis zum vertikalen Fluchtweg werden mit maximal 35 m von allen Räumen eingehalten. Sicherheitsbeleuchtete Rettungszeichen und eine Sicherheitsbeleuchtung werden in der Tiefgarage angebracht. Eine Sicherheitsbeleuchtung ist auch in den vertikalen Fluchtwegen verbaut. Nicht sicherheitsbeleuchtete Rettungszeichen werden im ganzen Schulhaus angebracht. In der Tiefgarage ist eine maschinelle Entrauchung vorgesehen.
Im Turnhallenbereich ist eine Belegung von >300 Personen für Sportanlässe gewünscht. Dadurch wird eine Brandmeldeanlage mit Rauch- und Wärmeabzug erforderlich. Aufgrund der Anlagengrösse mit vielen Treppenanlagen empfiehlt es sich, die Brandmeldeanlage gleich über das ganze Gebäude vorzusehen und diese mit einer EVAK Anlage zu ergänzen.

Energie & Nachhaltigkeit
Die Erreichung der energetischen Ziele des Minergie-P-ECO-Standards wird mit einem Low-Tech Konzept realisiert, welches auf die Nutzung und auf die architektonische Qualität des Gebäudes abgestimmt ist. Das Low-Tech Konzept stellt zudem eine ideale Grundlage für tiefe Lebenszykluskosten bei gleichzeitig tiefem Energieverbrauch (inkl. Berücksichtigung der grauen Energie) dar. Der Anteil von Beton wird durch den Holzbau soweit minimiert und wo nötig wird Recyclingbeton verwendet. Eine Verbindung von Primär- und Sekundärstrukturen wird konsequent vermieden.

Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe
Laut Wettbewerbsprogramm wird die Form der Energieversorgung in einem nächsten Schritt ausgearbeitet. Im Untergeschoss ist für die Wärmeerzeugung ein Raum angeordnet, welcher eine autonome Lösung aufnehmen kann. Die Wärmeabgabe erfolgt durch eine Niedertemperatur-Fussbodenheizung. Das Niedertemperatursystem ist zugleich offen für jegliche Form von Wärmeerzeugung und im Falle von Erdwärmenutzung (Erdsoden-WP) könnte mit diesem System im Sommer sanft gekühlt werden.

Lüftung
Für die klassischen Schulgeschosse (2.-4. OG) ist eine natürliche Lüftung über effiziente, wettergeschützte Lüftungsflügel (ca. 4% der Bodenfläche) vorgesehen. Diese können zudem im Sommer für die Nachtauskühlung genutzt werden. In Kombination mit dem aussenliegenden Sonnenschutz sowie einem ausladenden Vordach ist der sommerliche Wärmeschutz auf einfache Art und Weise gewährleistet. Im Winter werden die Schulzimmer, während den Pausen stossbelüftet und in der Übergangszeit und im Sommer können die Lüftungsflügel zur Spaltlüftung eingesetzt werden. Dieses Konzept ermöglicht tiefe Investitionskosten und in der Folge tiefere Betriebs- und Unterhaltskosten als bei einer mechanischen Lüftung. In den Geschossen UG bis 1.OG mit den verschiedenen Nutzungen sorgen mechanische Lüftungsanlagen für den notwendigen Luftaustausch. Die Zentralen sind nutzungsnah im Untergeschoss so angeordnet, dass die Wege der Lufterschliessung möglichst kurz und effizient sind.

Option mechanische Lüftung Schulzimmer
Optional könnten die Schulzimmer der Geschosse 2.OG bis 4.OG mechanisch be- und entlüftet werden. Die Zentralen würden sich dazu ebenfalls im UG befinden. Die Schachterschliessung für die Obergeschosse würde im Erschliessungsbereich der überhohen (5m) Erdgeschosses erfolgen. In den Geschossen würden die Schulzimmer horizontal über die Erschliessungszonen erschlossen werden. Je Schulzimmer würde die Luft mittels CO2 Fühler bedarfsgerecht geregelt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfassenden entwickeln das Projekt in Reaktion auf die Kritikpunkte konsequent weiter. Der Baukörper versteht sich weiterhin als hölzernes Stadtmöbel, das alle Nutzungen in einem Gebäude versammelt. Als kräftige Intervention im Stadtkörper Schwamendingens trennt er zwar die Tramstrasse vom Grünraum, schlägt jedoch zur Saatlenanlage und zum neu entstehenden Dreispitz eine räumlich adäquate Geste vor. Der bestehende Freiraum wird in seiner ganzen Dimension aufgespannt. Der überarbeitete Baukörper zeigt sich kompakter. Die Gebäudelänge wird um 18 Meter reduziert, was dem Anstoss zur Schörlistrasse sehr zugute kommt. Auf der Westseite entsteht so ein räumlich ähnlicher Anschluss wie zur Saatlenanlage, was zu einer adäquaten Integration ins Quartier führt.
Es zeigt sich allerdings auch, dass das Festhalten an einem einzigen Durchstich den räumlichen Bezug zwischen Tramstrasse und der weiten Fläche der Aussenanlagen erschwert. Das Preisgericht vermisst zusätzliche räumliche Verbindungen und Blickbeziehungen, die Baumgruppe im Südosten verstellt die Sichtverbindung vom Durchgang in den Grünraum. Dass die Zufahrt zur SKB genau in der Achse des Durchstichs liegt, schwächt die fussläufige Vernetzung. Zusätzliche Eingänge sollen zur gewünschten Entflechtung der Wegführung beitragen. Diese grundsätzlich korrekte Reaktion schwächt allerdings die Relevanz des einzigen Durchstichs, der nunmehr lediglich die Sport- und Kindergartennutzungen erschliesst. Das Erdgeschoss ist ansonsten schlüssig organisiert, leider verfügen weder die Küche der Sekundarschule noch der grosse Sing- und Mehrzwecksaal über Tageslicht. Im 1. Obergeschoss sind nun alle Unterrichtsräume nach aussen gelegt. In diesem Geschoss – vom Verfasserteam «Brückengeschoss» genannt – finden sich neben dem Kindergarten und den Räumen für das MKZ sämtliche Fachzimmer, die übergreifenden Infrastrukturen für alle Schulstufen und die Aussenbereiche des Kindergartens. Die Zahl der Verbindungstreppen zum ebenerdigen Grünraum wurde richtigerweise erhöht. Über vier Höfe und Halbhöfe wird Tageslicht in das Brückengeschoss gebracht, allerdings bleiben die Tageslichtverhältnisse für das Werken sowie für die Team- und Verpflegungsbereiche der SKB prekär. Die Zugänge zu den Fachbereichen der Primarschule über Stichgänge und Sackgassen sind nicht zweckmässig. Die Reduktion der Gebäudelänge führt in den darüberliegenden Klassenzimmergeschossen zu grösseren Raumtiefen, jedoch auch zu einer Verkleinerung der Verkehrsflächen sowie zu einer Verschmälerung der Durchgangsbreiten im Bereich der Treppenaufgänge, was in der vorgeschlagenen Form im Betrieb zu erheblichen Problemen führen würde. Gegenüber der Gebrauchstauglichkeit der Kindergartenaussenräume im 1. Obergeschoss bleibt das Preisgericht skeptisch; Die Absenz ebenerdiger Spielmöglichkeiten ist eine verpasste Chance fürs Quartier. Parkierung und Zufahrt zur SKB sowie die Platzierung der Laufbahn schöpfen das Potential für die Gestaltung der Freiräume und die Einbindung des Grünzugs Saatlen nicht aus. Der CO2-intensive Betonanteil ist im überarbeiteten Projekt auf die Bereiche des Untergeschosses und der Aussteifung reduziert. Die offenen Fragen im statischen System sind geklärt. Die ökonomischen Kennziffern liegen im Projektvergleich allerdings weiterhin weit über dem Durchschnitt. Die grösseren Fassadenflächen und die hohen Terrassenanteile wirken sich negativ auf die Wirtschaftlichkeit und Ökologie aus, was die Nachhaltigkeitsbilanz der Konstruktion teilweise relativiert.
CONVIVIUM leistet einen wichtigen Beitrag zum Lösungsspektrum dieses anspruchsvollen Wettbewerbs. Mit konzeptioneller Stringenz wird das Programm in einem einzigen Baukörper zusammengeführt. Obwohl alle aus dieser Konzeption entstehenden Fragen behutsam und mit architektonischem Gespür angegangen werden, zeigen sie sich in der Überarbeitung noch klarer. Trotz der grössten Fassadenfläche erhalten gewisse Räume zu wenig Tageslicht. Die räumliche Organisation der drei Schulen befriedigt nicht überall, die im Vergleich zu den Konkurrenzprojekten wesentlich höheren Erstellungs- und Betriebskosten wiegen schwer, die allgemein zugängliche Freifläche wird durch den grossen Fussabdruck erheblich reduziert. CONVIVIUM hat das Preisgericht herausgefordert und intensive, auch kontroverse Diskussionen ausgelöst. Es bleibt ein interessanter Beitrag, der auf hohem Niveau entwickelt wurde und eine spannende Interpretation der Aufgabe darstellt.
Das Schulgebäude

Das Schulgebäude

Die Eingangssituation

Die Eingangssituation

Das Schulgebäude

Das Schulgebäude

Schnitt Durchgang

Schnitt Durchgang

Situationsplan

Situationsplan

Erdgeschossgrundriss

Erdgeschossgrundriss

Grundriss 1. Obergeschoss

Grundriss 1. Obergeschoss

Grundriss 4. Obergeschoss

Grundriss 4. Obergeschoss