Einstufiger Projektwettbewerb mit offener Präqualifikation | 12/2021
Wohnüberbauung Göbli in Baar (CH)
©Graber Pulver Architekten
3. Preis
Preisgeld: 14.000 CHF
Architektur
Landschaftsarchitektur
Bauingenieurwesen
Energieplanung
Bauingenieurwesen
Landschaftsarchitektur
Beurteilung durch das Preisgericht
Städtebau
Städtebaulich überzeugt der Projektvorschlag durch seine schlüssige Interpretation des Bebauungsplans. Die Setzung wird dabei als «tanzendes Raumgefüge» gelesen, die sich vom Bestand abhebt und sich dennoch angemessen in den Ort einschreibt. Die Reliefbildung der Fassaden stabilisiert die geknickten Bauvolumen und verortet diese angemessen im Kontext. Die Fassaden werden dabei eingangsseitig mit den offengestalteten Erschliessungen vertikal rhythmisiert, gegenüberliegend kommen die auskragenden Balkone zu liegen. Zur lärmbelasteten Quartierstrasse hin werden die Balkonschichten grosszügiger gefasst, was das Potential schafft, die Wohnungen zusätzlich vor Immissionen zu schützen.
Freiraum
Ein lockeres Gerüst aus Bäumen und Baumgruppen gesellt sich zu den Wohnbauten, vermitteln zwischen ihnen und bildet den räumlichen und atmosphärischen Rahmen der Anlage. Feldahorn, Hainbuchen sowie Wildkirschen bilden die Grundstruktur. Eigenständige und teils kuriose Kompositionen wie Lärchen, Pappeln und Zaubernuss oder Föhren, Holunder und Sanddorn prägen die Höfe. Darin eingebettet sind die zahlreichen Nutzungen wie Plätze, Spielbereiche oder Grillstellen. Bunt blühende Hochstaudenfluren schaffen einen räumlichen und atmosphärischen Puffer zwischen den kollektiv und den privat genutzten Räumen. Grossflächiger Blumenrasen bietet viel Raum für Spiel und Bewegung. Die Durchwegung und Erschliessung der Wohnbauten erfolgen durch ein engmaschiges Wegenetz, welches sich in seiner Form an den Geometrien der Wohnbauten orientiert. Ein legitimer, aber etwas spannungsloser Ansatz. Aussagen zum Thema Ökologie und Regenwasser gibt es keine. Nebst der sorgfältigen und detaillierten Planung überzeugt das Projekt aber vor allem durch seinen eigenständigen Ansatz, der dem Areal eine starke Identität verleiht.
Architektur
Die sechs Häuser sollen in Holzbauweise erstellt werden. Die Gebäude werden mit grünschimmernden, mattierten PV-Gläsern gefasst. Die Autoren referenzieren dabei auf Félix Vallottons Farbvariationen und suchen den Dialog mit dem umgebenden Grünraum. Umlaufende Gurtgesimse gliedern die Bauten, vertikale Fensterbänder überlagern diese in spannungsvoller Weise. Die architektonische Sprache überzeugt und ist dem Ort angemessen entwickelt worden.
Funktionalität
Die aussenliegenden Erschliessungsräume werden hingegen in den drei Welten als attraktiver Aussenraum unterschiedlich interpretiert. Sie dienen als grosse kollektive Gartenloggia, oder als Gartenzimmer mit unterschiedlichem Öffentlichkeitsgrad. Die Idee der doppelt bespielbaren Aussenräume ist verlockend; zu prüfen wäre, inwiefern diese mit den Brandschutzvorschriften kompatibel sind. Insgesamt sind 184 Wohnungen vorgesehen, welche in den sechs Bauten als Zwei-, Drei-und Vierspänner organisiert sind. Die Wohnungen sind zellenartig strukturiert und ermöglichen grundsätzlich eine gute Belichtung. Nachteilig erscheint, dass bei diversen Grundrisstypen die Erschliessungssituationen in den Wohnungen immer wieder zu lange Wege führen, wie auch Probleme mit der Möblierbarkeit entstehen. Dies scheint der Preis für das mehrspännige Erschliessungsprinzip zu sein.
Nachhaltigkeit
Dem Projektvorschlag wird insgesamt eine gute Wirtschaftlichkeit bescheinigt. Der Entwurf überzeugt weiter durch eine innovative Gebäudetechnik und eine CO2-arme Materialisierung. Ein besonderer Schwerpunkt wird aber auch auf die gesellschaftliche Nachhaltigkeit gelegt. Immer wieder werden unterschiedlich aneigenbare Orte geschaffen, die soziale Kontakte fördern, um einer Bewohnerschaft mit hoher Diversität gerecht zu werden.
Gesamtwürdigung
Es ist den Verfassern gelungen, einen architektonisch der Nachhaltigkeit verpflichteten, hochwertigen Projektvorschlag zu entwickeln. Innovative Lösungsansätze wie die Gartenloggia, welche die Baukörper spannungsvoll rhythmisiert, verbinden räumliche und soziale Anliegen auf interessante Weise. Die Wohnungsgrundrisse sind insgesamt solide entwickelt worden, vermögen aber vor allem in Bezug auf die Möblierbarkeit und Effizienz noch nicht zu überzeugen.